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Die USA profilierte sich als Feuerwehr: Nur ein wenig Petersilie?

 
     
 
Wenn "über Nacht" eine Krise ausbricht, muß entweder ein Konflikt-Potential bisher übersehen worden sein, oder es gab einen Mutwillensakt - der nicht unbedingt vom Täter ausgeheckt worden sein muß. Die heute überaus einseitige Anwendung des Völkerrechts lädt jedenfalls zu handstreichartigen Aktionen ein. Doch je skurriler der Konflikt, desto eher stellt sich auch die Frage "Cui bono?": Wem nützt es, oder wer könnte sich Vorteile erhofft haben? Und warum gerade jetzt?

In Kommentaren zum spanisch-marokkanischen Konflikt werden natürlich drei "echte" Problemkreise genannt: Marokkanische Ansprüche auf die spanischen Besitzungen Ceuta und Melilla, die Zukunft der von Marokko völkerrechtswidrig okkupierten und besiedelten ehemals spanischen Kolonie Westsahara und schließlich die marokkanische Unfähigkeit oder Unwilligkeit bei Abwehr illegale
r Menschenströme nach Europa. Doch welche Vorteile hätten aus dieser dilettantischen Besetzung eines unbewohnbaren Eilands durch eine Handvoll marokkanischer Soldaten resultieren sollen? Vor der marokkanischen Küste gibt es außerdem andere spanische Inselchen, die viel weiter von Spanien entfernt sind!

Noch kurioser wird es durch den Umstand, daß König Mohammed VI. über eine solide militärische Ausbildung verfügt. Nach den sonstwo üblichen Maßstäben wäre Marokko sogar eine Militär-Diktatur, trotz der konstitutionellen Verbrämung, aber Menschenrechte sind eben relativ, sobald man mit den USA verbündet ist. Obendrein hat Marokko unter allen arabischen Staaten eindeutig die besten Beziehungen zu Israel - nicht nur, weil es am weitesten weg vom Schuß ist oder wegen der engen Kontakte zwischen im Lande verbliebenen und nach Israel ausgewanderten Juden, sondern auch wegen der Spannungen mit seinen muslimischen Nachbarn Algerien und Mauretanien. Ursachen, Wirkungen und Wechselwirkungen sind hier schwer auseinanderzuhalten.

Daß sich die zu Lebzeiten von Francisco Franco ausgezeichneten spanisch-marokkanischen Beziehungen seither drastisch verschlechterten, ist nicht zuletzt der antifaschistischen Geschichtsklitterung zuzuschreiben: Diese "Vergangenheitsbewältigung" betrifft nämlich sogar die "Reconquista", die Rückeroberung besetzter christlicher Gebiete, und leistet damit dem neuerlichen Ansturm aus dem Süden ideologische Schützenhilfe. Erstmals wurde das deutlich, als bei den Jubiläumsfeiern vor zehn Jahren die Ereignisse von 1492 - die Entdeckung Amerikas und die Eroberung von Granada - in "Neuinterpretierung" und die Zeiten der Fremdherrschaft einschließlich der Rolle der Juden in seltsamer Verklärung serviert wurden.

Es ist zwar richtig, daß die islamischen Eroberer antikes Wissen und alte Techniken, etwa Bewässerung, wiederbelebten und ausbauten. Doch wer sagt, daß dies nicht auch christliche Herrscher getan hätten, wenn man sie in Frieden gelassen hätte? Es ist richtig, daß es während der Fremdherrschaft auch Perioden kultureller Hochblüte gab. Doch wenn man in einer romanischen Kathedrale steht, weiß man, daß sich Kultur nicht nur am ProKopf-Verbrauch von Badewasser ermessen läßt.

Es ist richtig, daß bei der Reconquista nicht nur Religion, sondern auch niedere Instinkte mitspielten. Doch dasselbe galt für die maurische Eroberung acht Jahrhunderte davor. Und wenn - um heutige Terminologie zu gebrauchen - die besiegten Okkupanten (Araber und Berber) sowie deren Kollaborateure (Juden) vor die Alternative gestellt wurden, zu konvertieren oder auszuwandern, dann war das wohl humaner als die Vertreibungen unserer Epoche.

Ceuta ist seit 1471 in christlicher Hand und Melilla seit 1496. Die Reconquista wurde nur deshalb nicht auf das ganze einst vollständig christianisierte Nordafrika ausgedehnt, weil das neuentdeckte Amerika interessanter war. Immerhin unternahm Kaiser Karl V. 1535 einen - auf prachtvollen Tapisserien glorifizierten, tatsächlich aber wenig erfolgreichen - Afrika-Feldzug.

Der Petersilien-Streit ist jetzt zwar oberflächlich "gelöst", und die USA konnten sich als Feuerwehr profilieren. Besonderer Löscheifer stimmt jedoch besonders nachdenklich: Denn Konflikte zwischen Spanien und Marokko sind zwangsläufig auch solche zwischen EU und Arabischer Liga. Cui bono? In weiterer Folge sind sie sogar Konflikte zwischen Christen und Muslimen - was aber primär die christlichen Minderheiten trifft. (Unter islamischen Fundamentalisten tummeln sich ungleich mehr V-Leute als selbst in der NPD!)

Angesichts der krampfhaften Bemühungen von George Bush um eine neue Golfkriegs-Allianz dürfen wir vor allem eine Tatsache nicht ignorieren: Die 800.000 altorientalischen Christen im Irak sehnen sich am allerwenigsten nach einer "christlichen" Intervention zum Sturz von Saddam Hussein, denn sie würden dabei mit Sicherheit - und am allermeisten - verliere
 
     
     
 
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