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Dona und Willy werden ein Paar

 
     
 
Daß Prinzessin Auguste Viktoria von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg, im Familienkreis "Dona" genannt, und Prinz Wilhelm, der spätere Kaiser und König Wilhelm II., ein Ehepaar wurden, lag nicht zuletzt an Queen Victoria. Die sogenannte Großmutter Europas war mit beiden verwandt. Wilhelm war der Sohn ihrer Tochter Victoria und damit ihr Enkel. Und Auguste Viktoria war die Enkelin ihrer älteren Halbschwester Feodora. Queen Victoria entstammte der Ehe zwischen ihrem Vorgänger auf dem britischen Thron, König Georg III., und dessen Frau Prinzessin Viktoria von Sachsen-Coburg. Diese sächsische Prinzessin war allerdings vor ihrer Heirat mit Queen Victorias Vater bereits mit dem Fürsten zu Leiningen verheiratet gewesen, und aus dieser Ehe war Queen Victorias Halbschwester Feodora hervorgegangen, Auguste Viktorias Großmutter.

Im Jahre 1868 waren sich die 1858 geborene schleswig-holsteinische
Prinzessin und der einige Monate jüngere preußische Prinz als Gäste der Queen auf deren deutschem Sommersitz im thüringischen Reinhardsbrunn begegnet. Am Hof der Queen gab es dann ein Wiedersehen. Zu Begegnungen bedurfte es jedoch nicht der britischen Herrscherin, denn Auguste Viktorias und Wilhelms Eltern waren befreundet. Immerhin waren Wilhelms Eltern Auguste Viktorias Taufpaten und ihren zweiten Namen hatte Auguste Viktoria von Wilhelms Mutter Victoria. Die Freundschaft der Paare wurzelte in der Freundschaft der Männer. Die beiden Friedrichs hatten gemeinsam in Bonn studiert und beim 1. Garderegiment zu Fuß in Potsdam gedient. Der liberale Preuße schätzte an seinem schleswig-holsteinischen Freund und Namensvetter, daß dieser "so vernünftig und freidenkend" sei. Angesichts dieser Freundschaft und Seelenverwandtschaft lag der Gedanke nahe, die verwandtschaftlichen Bande mittels der nächsten Generation enger zu knüpfen. Dabei war anfänglich noch unklar, ob zu Prinz Wilhelm nun Auguste Viktoria oder deren lebhaftere und vom Alter her eigentlich besser zu ihm passende wenige Jahre jüngere Schwester Karoline Mathilde die geeignetere Partnerin war.

Wilhelm entschied sich für die Ältere. Er formulierte es wie folgt: "Im April 1879 begab ich mich nach Görlitz zur Auerhahnjagd und nutzte die Gelegenheit, um die herzogliche Familie in dem unweit gelegenen Primkenau aufzusuchen ... Bei diesem Besuch wurde mein lange im stillen gehegter Wunsch in mir zum festen Entschluß." Als er daraufhin Auguste Viktoria einen Heiratsantrag machte, nahm sie überglücklich an.

Auch die Eltern waren mit der Wahl ihrer Kinder zufrieden, aber das reichte noch nicht. Wilhelm I. war nicht nur Kaiser und König, sondern auch Chef des Hauses Preußen. Wilhelm I. war zwar wie sein Sohn ebenfalls Taufpate Auguste Viktorias und von seiner Gattin Augusta hatte die Schleswig-Holsteinerin ihren ersten Namen bekommen, doch gab es politische Erwägungen, die den Kaiser und seinen Kanzler reserviert reagieren ließen. Auguste Viktoria schien keine "brillante Partie" zu sein. Sie war in vergleichsweise bescheidenen Verhältnissen aufgewachsen, denn ihr Vater war nämlich ein Herzog ohne Herzogtum, ein Fürst im Exil.

Bis 1864 waren dafür die Dänen verantwortlich gewesen, welche die Familie des Landes verwiesen hatten, um unter Bruch der Erbfolgeregelung die Elbherzogtümer selber zu regieren. Doch nach der Niederlage gegen die Preußen und Österreicher im Deutsch-Dänischen Krieg hatten sie die Herzogtümer Schleswig und Holstein an die Sieger abtreten müssen. Daß es zwei Jahre später zum Bruderkrieg zwischen den Siegern kam, lag zumindest vordergründig auch an der Uneinigkeit über die Behandlung der Kriegsbeute. Während Österreich Schleswig-Holstein in die Selbständigkeit entlassen wollte mit Auguste Viktorias Vater als regierendem Herzog, wollte Preußen, in conreto Wilhelms I. Ministerpräsident Otto von Bismarck, die Annexion als preußische Provinz. Preußen gewann den Krieg und Friedrich war damit nach einem kurzen Stelldichein in Kiel wieder Herzog im Exil. Preußen hatte versucht, ihn mit Geld zum freiwilligen Thronverzicht zu bewegen, doch dieser hatte brüsk abgelehnt. Er sei nicht gewillt, einer Regelung zuzustimmen, die nicht auch die Interessen der Herzogtümer selbst einbeziehe, lautete seine Begründung. Mehr wert als die ihm offenbarten Millionen sei ihm die Überzeugung der Schleswig-Holsteiner, daß sein Haus bis zuletzt treu und ohne Selbstsucht zum Lande und dessen Recht gestanden habe.

Verständlicherweise hatte die preußische Staatsspitze Probleme mit der Vorstellung, die Ehe des zukünftigen Königs Wilhelm mit der Tochter eines Mannes gutzuheißen, der die territoriale Integrität Preußens in Frage stellt. So sah Friedrich sich abermals genötigt, zur Frage seiner Ansprüche gegen Preußen Stellung zu nehmen. Diesmal fiel seine Stellungnahme konzilianter aus. Erleichtert wurde ihm dieses dadurch, daß die Schleswig-Holsteiner angefangen hatten, sich mit der preußischen Herrschaft zu arrangieren und deren Vorteile zu erkennen. Er schrieb an den preußischen Kronprinz: "Würde Schleswig-Holstein wie vor 16 Jahren unter fremder Herrschaft stehen und nicht im Laufe der Ereignisse an Preußen und dadurch an Deutschland gekommen sein, so würde nichts mich abhalten, mit allen erlaubten Mitteln die Losreißung desselben vom Auslande und die Vereinigung desselben mit Deutschland zu erstreben. Das Land gehört aber jetzt völkerrechtlich anerkannt und in fester Verbindung zum deutschen Reiche, und die Macht seiner Majestät des Kaisers und Königs sichert diese Zusammengehörigkeit. Was ich darüber hinaus erstrebte, habe ich immer dem nationalen Gedanken untergeordnet. Um so weniger würde ich in Zukunft, wo uns, wie wir hoffen, noch ein innigeres Familienband als bisher verknüpfen wird, es vor meinem Gewissen rechtfertigen können, das damals nicht Erreichte unter Gefährdung des Wohles und der Ruhe Preußens und des Deutschen Reiches und in Gegnerschaft zu demselben zu erstreben."

Diesen Verweis auf übergeordnete Erwägungen darf man Friedrich wohl abnehmen. Zum einen ist es typisch liberal, die Interessen der Nation über jene der Dynastien zu stellen - sein Freund Kronprinz Friedrich ist dafür das beste Beispiel. Zum anderen hatte der Schleswig-Holsteiner auch schon früher in vergleichbarer Weise Prioritäten gesetzt, als von seiner Stellungnahme noch nicht das Eheglück seiner Tochter abhing. So hatte er am Deutsch-Französischen Krieg auf Seiten Preußens teilgenommen mit der Begründung: "Der Kampf um das gebrochene Recht hat zu schweigen, solange die Heimat vom Feinde bedroht ist."

Friedrichs erklärter Verzicht auf eine Gegnerschaft genügte Bismarck. "Es ist der freudige Schlußakt eines konfliktreichen Dramas", lautete sein Kommentar. Der Kaiser gab seine Einwilligung zur Ehe.

Im Februar 1880 fand in aller Stille die Verlobung statt. Die Verlobte schreibt einer Freundin von einer "großen Freude", denn sie sei "wirklich glücklich"; und die Mutter des Verlobten schreibt ihrer eigenen Mutter: "Willy hat sehr rührende Briefe (in seinem eigenen merkwürdigen Stil) über sein großes Glück geschrieben."

Am 2. Juni 1880 wurde die offizielle Verlobung bekanntgegeben. Gefeiert wurde auf Schloß Babelsberg. Letzte Reserven in Preußen gegen die Ehe räumte Auguste Viktoria selber aus. Man muß kein Monarchist sein, um zu konstatieren, daß die Prinzessin sehr gewinnend wirkte. Das war beim Volk nicht anders als bei dessen Herrscher. So schrieb Wilhelm I. seiner Schwester Alexandrine: "Nach dem Vorhergegangenen bin ich nicht bezahlt, für sie eingenommen zu sein. Daher freut es mich sagen zu müssen, daß sie nach allen Richtungen meine Erwartungen übertrifft; sie ... würde in der Gesellschaft als eine sehr hübsche Erscheinung auffallen; schlank, blond, sehr angenehmer Ausdruck, natürlich und doch würdige Haltung ohne Steifheit, freundlich gegen jedermann."

Auguste Viktorias Einzug nach Berlin vor 125 Jahren erwies sich förmlich als glamouröser Triumphzug. "Ich mußte viel an Dich, liebste Mama, und an die Tage meiner Ankunft in Berlin denken. Es wird Viktoria sehr viel leichter gemacht als mir", schreibt die Kronprinzessin Victoria ihrer gleichnamigen Mutter auf dem englischen Thron. In der Tat war es weder dieser späteren Kaiserin fremdländischer Herkunft noch der intellektuellen Kaiserin Augusta je vergönnt, sich einer solchen Beliebtheit zu erfreuen, wie es die letzte Kaiserin tun sollte, die ihrer beider Namen trug.

Am Abend des 27. Februar 1881 wurde in der Neuen Galerie des Schlosses die standesamtliche Trauung durch den Minister des königlichen Hauses vollzogen. Anschließend ging es durch die Bildergalerie zur Schloßkapelle, wo Oberhofprediger Rudolf Kögel die kirchliche Trauung vornahm. Als der Geistliche den Segen sprach und die Ringe gewechselt wurden, verkündeten 36 Salutschüsse der Hauptstadt die Eheschließung. Es folgte nun eine Reihe von Feierlichkeiten, die erst am 1. März mit einem Quadrillenball ihr Ende fand. Es folgten aus der Hochzeit sich ergebende protokollarische Verpflichtungen wie Besuche und Empfänge in Potsdam und Berlin, die sich über die nächsten beiden Tage hinzogen.

Entsprechend dem preußischen Ideal der Pflichterfüllung trat Wilhelm anschließend, sprich am Morgen des 4. März 1881, wieder zum Dienst bei seiner Einheit an. Es war Auguste Viktoria, die hier für die nächste Generation eine Humanisierung durchsetzte. Sie verkürzte das Hochzeitszeremoniell und führte Flitterwochen im Jagdschloß Hubertusstock in der Schorfheide ein.

Trauung des späteren Kaiserpaares in der Kapelle des Berliner Schlosses
 
     
     
 
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