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EU-Räson

 
     
 
Erika Steinbach, die seit kurzem an der Spitze des BDV steht, scheint offenbar zu schaffen, was ihrem Vorgänger verwehrt blieb: Sie tritt mit konstruktiven Vorschlägen für die Belange der Vertriebenen und damit aller Deutschen an die Öffentlichkeit. Ihre nunmehr erhobene Forderung, von den Vertreiberstaaten Polen und Tschechei vor ihrem Beitritt zur EU auch die rechtliche Räson dieses Bündnisses zu billigen, fand ein nachhaltig
es Echo. Stefan Gellner sprach mit der BdV-Präsidentin:

Frau Steinbach, Sie haben im Vorfeld des 49. Pfingsttreffens der Sudetendeutschen die deutsch-tschechische Versöhnungserklärung als eine "unglaubliche Torheit" bezeichnet. Welche Gründe haben Sie für dieses Urteil?

Es war abzusehen, daß die Erklärung unterschiedlich interpretiert werden würde. So ist es auch gekommen. Die Tschechen ziehen einen Schlußstrich. Die Bundesregierung sieht die Vermögensfragen weiter als "offen" an. So ist unter dem Titel "Versöhnung" etwas geschaffen worden, was Streit auslösen muß. Trotzdem versuchen die Sudetendeutschen konstruktiv an der partnerschaftlichen Umsetzung mitzuwirken.

Aus der Feststellung, daß die Tschechen "unter deutscher Herrschaft fast nicht gelitten hätten", haben Sie abgeleitet, daß es falsch sei, wenn der "Zukunftsfonds" vor allem tschechischen NS-Opfern zugute komme. Außenminister Kinkel hat unterdessen ausgeschlossen, daß mit den Mitteln des "Zukunftsfonds" neben tschechischen NS-Opfern auch deutschen Vertreibungsopfern geholfen wird. Wie beurteilen Sie die Haltung des Bundesaußenministers in dieser Frage?

Es gibt keine Unterscheidung zwischen "guten" und "bösen" Opfern. Menschenrechte sind unteilbar. Also müssen Menschen, denen schlimmes Unrecht widerfahren ist, seien es nun Tschechen oder Deutsche, entschädigt werden. Der Satz, daß Tschechen "unter deutscher Herrschaft fast nicht gelitten hätten", ist ohne den Zusammenhang, in den er gestellt war, nicht vollständig. Ich habe einen Vergleich mit Polen gezogen. Opfer der NS-Herrschaft hat es natürlich auch in der Tschechoslowakei gegeben.

Was sagen Sie zu der Rede des bayerischen Ministerpräsidenten Stoiber auf dem 49. Sudetendeutschen Pfingsttreffen und zur Reaktion des Bundesaußenministers Kinkel auf die Rede Stoibers?

Der bayerische Ministerpräsident Stoiber hat sich engagiert auf die Seite der Sudetendeutschen gestellt und Defizite in der deutschen Außenpolitik sehr pointiert angemahnt. Die Meinung des Bundesaußenministers dazu teile ich überhaupt nicht. Ich freue mich, daß die Vertriebenen in dem bayerischen Ministerpräsidenten einen Verbündeten haben.

Der innenpolitische Sprecher der F.D.P.-Bundestagsfraktion, Stadler, hat Ihnen vorgeworfen, daß Sie "die deutsche Außenpolitik desavouieren und den europäischen Einigungsprozeß verzögern". Wie stehen Sie zu diesen Vorwürfen?

Die EU als Wertegemeinschaft wird Schaden nehmen, wenn es eine Erweiterung ohne Wenn und Aber, wie es der Bundesaußenminister möchte, geben sollte. Es ist unbedingt erforderlich, daß die Beitrittskandidaten die Menschen- und Minderheitenrechte zuvor umsetzen. Dazu zählt die Heilung des Vertriebenenunrechtes.

Sehen Sie überhaupt konkrete Möglichkeiten, daß Polen und Tschechen das Unrecht, das sie den Vertriebenen angetan haben, anerkennen bzw. Entschädigungen anbieten? Ist der Entschließungsantrag des Bundestages zum EU-Beitritt Polens und Tschechiens vom 29. Mai 1998, in dem davon die Rede ist, daß im Dialog mit den osteuropäischen Nachbarstaaten die legitimen Interessen der Heimatvertriebenen auch weiterhin beachtet werden, mehr als nur ein Lippenbekenntnis?

Daß es die Möglichkeit gibt, das Unrecht an Deutschen zu heilen, machen Estland, Litauen, Rumänien und Ungarn deutlich. Dazu bedarf es nur des guten Willens. Wer glaubt, daß der Entschließungsantrag des Bundestages vorrangig nur für Menschen anderer Nationalitäten gelte, den werde ich immer wieder an den Pranger stellen. Auch für deutsche Opfer gelten die Menschenrechte.

 

 
     
     
 
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