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Ehre sei Gott in der Höhe

 
     
 
Wir halten es nicht länger für hinnehmbar, in der Öffentlichkeit beschimpft zu werden“, rief Kardinal Friedrich Wetter den wartenden Journalisten zu. Der Erzbischof von München und Freising war gerade von einem Treffen von Vertretern der katholischen, protestantischen und griechisch-orthodoxen Kirchen, der jüdische
n Gemeinden und dem Islamexperten und Muslim Harry H. Behr gekommen, zu dem sie der bayerische Ministerpräsident Stoiber eingeladen hatte.

Der CSU-Chef sammelt Bataillone, um den Strafrechtsparagraphen 166, der bislang religiöse Bekenntnisse vor Verunglimpfung schützen soll, spürbar zu verschärfen. Der sei „völlig stumpf und wirkungslos, weil er eine Bestrafung nur dann vorsieht, wenn der öffentliche Frieden bedroht ist und Aufruhr droht“, beklagt Stoiber. In der Tat sieht der geltende Gesetzestext eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe erst vor, wenn jemand „öffentlich oder durch das Verbreiten von Schriften den Inhalt des religiösen Bekenntnisses anderer in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören“. Die gleiche Einschränkung gilt nach Absatz zwei des selben Paragraphen für eine Person, die „öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften eine im Inland bestehende Kirche oder andere Religionsgesellschaft oder Weltanschauungsvereinigung, ihre Einrichtungen oder Gebräuche … beschimpft“.

Aus der Einschränkung auf „friedenstörende“ Beschimpfungen könnten militante Gruppen ihren Vorteil ziehen, während zurückhaltende Religionsgemeinschaften benachteiligt sind. Wie ließe sich die akute Friedensstörung besser „beweisen“ als durch inszenierte gewalttätige Demonstrationen der mutmaßlich Beschimpften? Gemeinschaften, denen es aus religiösen Gründen fern liegt, öffentliche Unruhen anzuzetteln, haben unter diesen Umständen weit weniger Chancen, daß Beschimpfungen gegen sie rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

So weit mögen vor allem Christen dem bayerischen Ministerpräsidenten folgen. Sie mußten mit ansehen, wie nach den gewaltsamen Protesten gegen die Mohammed-Karikaturen plötzlich in Kreisen über die „Grenzen der Kritik“ und den „Respekt vor der Religion“ lebhaft diskutiert wurde, die zuvor jeden Spott über das Christentum und seine Institutionen unter den Schutz der Meinungsfreiheit gestellt sehen wollten. Die jede Selbstverteidigung von seiten der Kirche als „Fundamentalismus“ geißelten und damit in einen Zusammenhang mit dem islamistischen Terror setzten. Soll es den Christen etwa zum juristischen Nachteil gereichen, daß sie einen „Dschihad“, einen „heiligen Krieg“ selbst nicht führen wollen und es daher ablehnen, öffentlich Flaggen zu verbrennen oder Schlimmeres zu tun? Bedenklich jedoch, daß Edmund Stoiber ausgerechnet die Mohammed-Karikaturen anführt, um den mangelnden Schutz der Religion dingfest zu machen. An ihnen habe man sehen können, so der CSU-Chef, was passiere, wenn jemand auf den religiösen Gefühlen anderer herumtrampeln könne, ohne mit Konsequenzen rechnen zu müssen.

Der Islam zieht die Grenzen des religiös Tolerierbaren für sich äußerst eng. Vieles, was in abendländischen Gesellschaften selbstverständlich ist und auch von gläubigen Christen problemlos akzeptiert wird, gilt strengen Moslems bereits als „Beleidigung“ ihres Glaubens. Solche Strenggläubigen werden nicht zögern, einen verschärften Paragraphen 166 für ihre Zwecke zu nutzen.

Stoiber, die christlichen Kirchen und die jüdische Gemeinde sollten sich vorsehen, daß sie mit ihrer Initiative kein Eigentor landen. Eine etwaige Neufassung des Paragraphen 166 muß diese Gefahr von vornherein bannen.
 
     
     
 
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