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Einer der etwas Gefährliches macht

 
     
 
Der bis vor kurzem an der Kieler Universität tätige Historiker Prof. Dr. Michael Salewski, der sich zunächst als Marinehistoriker einen Namen gemacht hatte, später aber auch über andere Themen der Zeitgeschichte publizierte, hat 2004 ein Buch mit dem Titel „Deutschland und der Zweite Weltkrieg“ veröffentlicht. Natürlich gelangt er zu dem Schluß, daß am Ausbruch des Krieges allein Deutschland die Schuld getragen habe, doch hatte man bei dem Autor auch nichts anderes erwartet. Bei der Lektüre stößt man schon nach wenigen Seiten auf eine zunächst rätselhafte Bemerkung, die aber ein Licht wirft auf die heute im Schwange befindliche Geschichtspolitik
. Salewski stellt Überlegungen über die Ursachen des Krieges an und befaßt sich auch mit dem Anteil der Persönlichkeit Adolf Hitlers. „Rührt die Faszination, die Hitler bis heute ausstrahlt, nicht eben auch aus dieser einzigartigen destruktiven Fähigkeit, über die dieser Mann offensichtlich verfügte? … Oder philosophisch gefragt: Kann es einen dialektischen Zusammenhang zwischen dem Bösen und dem Guten geben? Es liegt auf der Hand, wie gefährlich solche Gedankengänge sind, wie nahe solche Reflexionen an einen Abgrund geraten, wie rasch man sich plötzlich im Lager des Rechtsradikalismus wiederfinden kann.“ Und nach diesem Satz liest man den Verweis auf eine Anmerkung, die da lautet: „Typisch das (keineswegs rechtsradikale) Buch von Schultze-Rhonhof, Gerd: 1939: Der Krieg der viele Väter hatte, München 2003“.

Für was ist das Buch „typisch“, das „nicht rechtsradikal“ ist? Mit dem Vorwurf des Rechtsradikalismus wollte Salewski offenbar den Verfasser, den Generalmajor der Bundeswehr a. D. Gerd Schultze-Rhonhof, treffen. Aber wie belegt er die Diffamierung?

Rechts, rechtsradikal oder rechtsextrem ist eine Totschlagvokabel. Zwar wird in der inzwischen überbordenden Zahl von Veröffentlichungen des Verfassungsschutzes gelegentlich unterschieden zwischen rechts, rechtsradikal und rechtsextrem, doch geschieht das im Alltag nicht. Die Begriffe werden zusammengerührt, und für alle gilt der „Kampf gegen rechts“ als Ausdruck politischer Korrektheit.

Nun ist ein Mann wie Schultze-Rhonhof für einen dem Zeitgeist verpflichteten Historiker unbequem. Von ihm wurde vor drei Jahren ein überaus bemerkenswertes Buch über die Frage veröffentlicht, wie es zum Kriegsausbruch 1939 kam. Seine Antwort wird schon aus dem Titel deutlich: „1939: Der Krieg der viele Väter hatte.“ Er weist nach, daß die Regierungen aller wichtigen Mächte Anteil hatten: die polnische wie die französische, die britische wie die sowjetische, die US-amerikanische und natürlich auch die deutsche. Damit wird die holzschnittartige und inzwischen immer mehr langweilende, aber fest zementierte Behauptung beamteter Historiker erschüttert, Deutschland und allein Deutschland habe den Zweiten Weltkrieg herbeigeführt. Jahr für Jahr erscheint eine Neuauflage. Schultze-Rhonhof ist als Redner nicht nur in Deutschland begehrt. Offenbar besteht bei einer wachsenden Zahl von Bürgern das Bedürfnis, sich nicht länger mit den verordneten Deutungen der Zeitgeschichte zufriedenzugeben.

Aber die offizielle und überwiegend von beamteten Historikern vertretene Geschichtsschreibung schweigt das Buch tot. Und auch Salewski befaßt sich nicht mit Schultze-Rhonhofs Aussagen. Statt dessen diffamiert er den Autor und beschuldigt ihn des Rechtsradikalismus, obgleich der pensionierte General sich bislang noch nie in rechtsextremistischem Sinne geäußert hat, etwa indem er sich gegen die Gewaltenteilung, die Rechtsstaatlichkeit, den Pluralismus, die Repräsentativverfassung, die Freiheitssphäre des Bürgers gewandt hätte oder was ansonsten in der Extremismusforschung als Kennzeichen des Rechtsextremismus aufgeführt wird. Er verkehrt auch nicht in rechtsradikalen Kreisen. Er ist lediglich nach langen und gründlichen Recherchen zu dem Schluß gekommen, daß die Behauptung falsch ist, Deutschland allein habe den Zweiten Weltkrieg ausgelöst. Das Buch und die Reaktion darauf bestätigen, was der Bundesverfassungsrichter Udo Die Fabio in einem „Spiegel“-Interview gesagt hat: „Wer über die deutsche Geschichte zwischen 1933 und 1945 auch nur geringfügig anders reden will, als wir es uns angewöhnt haben, der macht etwas Gefährliches. Und trotzdem muß es möglich sein, obwohl es wie eine Operation am offenen Herzen erscheint.“
 
     
     
 
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