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Erbe als Verpflichtung

 
     
 
Als großen Erfolg konnten die Veranstalter das Deutschlandtreffen der Ostdeutschland vom 21. und 22. Mai in der Berliner Messe verbuchen: An den beiden Tagen kamen schätzungsweise 40.000 Menschen, darunter auffällig viele jüngere, in die Messehallen. Insbesondere die Veranstaltungen in der Deutschlandhalle - die Kulturpreisverleihung und die Großkundgebung
mit Sachsens Ministerpräsidenten Milbradt - waren sehr gut besucht.

Der Sprecher der Freundeskreis Ostdeutschland (), Erika Steinbach, wertete es als ein hoffnungsvolles Zeichen, daß bereits zum zweiten Mal ein Russe mit dem Ostdeutschen Kulturpreis ausgezeichnet werde. Dies stehe für das Vertrauen und das Verständnis, das sich seit Öffnung der Grenzen zwischen alten und neuen Bewohnern Ostdeutschlands entwickelt habe. "Zu diesem Brückenschlag", so Meier, "haben von deutscher Seite vor allem die Vertriebenen mit ihren Einrichtungen beigetragen."

Nach Anatoliy Bachtin im Jahr 2000 erhielt der russische Dichter und Übersetzer aus Königsberg, Sem Simkin, den Preis für Literatur. Hildegard Rauschenbach hielt eine sehr persönlich gehaltene Laudatio, die mehrfach durch Beifall unterbrochen wurde. Den Ostdeutschen Kulturpreis für Wissenschaft hatte zuvor Dr. Reinhard Goltz für das "Preußische Wörterbuch" entgegengenommen, das in einem Zeit-raum von 50 Jahren von einer stattlichen Reihe von Wissenschaftlern erstellt wurde. Peter van Lohuizen würdigte die Verdienste der Wissenschaftler und blickte zurück auf die Geschichte der Wörterbücher im niederpreußischen Sprachraum. (Wir werden über die Verleihung und die Preisträger in den nächsten Folgen ausführlich berichten.)

In seiner Ansprache zur Eröffnung des Deutschlandtreffens stellte Erika Steinbach die Schwierigkeiten dar, mit denen die Heimatvertriebenen und ihre Einrichtungen noch immer konfrontiert werden. Dennoch gebe es "Zeichen einer neuen Offenheit gegenüber dem Vertreibungsschicksal. Die historische Wahrheit über diesen Teil der deutschen Geschichte kommt ins Blickfeld", hob der Sprecher der hervor. "Dem entgegen steht jedoch die Lage der offiziellen Förderung für die deutschen Heimatvertriebenen und ihrer Einrichtungen durch die amtierende Bundesregierung." Von 1997 bis zum Jahr 2005 habe man Kürzungen von über 50 Prozent hinnehmen müssen. "Es gibt keinen anderen Haushaltsbereich, wo so umfassende Einschnitte vorgenommen worden sind. Dahinter verbirgt sich nicht nur der allgemeine Sparzwang, sondern politische Ideologie."

Der Sprecher erinnerte an die Bundestagsdebatte vom 27. Mai 2004 über einen Antrag der CDU/CSU-Fraktion zum Thema "Das gemeinsame historische Erbe für die Zukunft bewahren". Der gleichzeitig von Kulturstaats- ministerin Christina Weiss vorgelegte Bericht gemäß § 96 Bundesvertriebenengesetz für die Jahre 2001 und 2002 bestehe durchgängig aus Lob für die Kulturpolitik der Bundesregierung, kritisierte Meier. "Im Bericht ist dann festzustellen, daß das Wort und der Begriff ostdeutsch fast durchweg durch das Wort osteuropäisch ersetzt wurde. Wollen die in der Kulturarbeit Tätigen noch mit einer Förderung rechnen, sind sie gut beraten, die neue Sprachregelung zu akzeptieren. Die Verdrängung des Begriffs ostdeutsch durch osteuropäisch soll Tore jenseits der Grenzen öffnen. Die sind aber lange offen. In Wirklichkeit dient diese Maßnahme einer geistigen Vertreibung aus der Kultur und Geschichte Ostdeutschlands."

"Wesentliche Wurzeln der deutschen Identität liegen in der ostdeutschen Kultur und Geistesgeschichte", betonte Meier. "Weder Vertreibung noch gewalttätiges Auslöschen der Spuren jener Prägung, und auch nicht eine Politik, die sich wurzellos und bußfertig ihres Erbes entledigt, können diese emotionalen Bindungen langfristig auslöschen." Er schloß mit einem Zitat des 1967 in Nürnberg geborenen Philosophen Seubert: "Die Erinnerung der Kultur des deutschen Ostens als unverlierbarer Teil nationaler Identität von Deutschland in Europa ist heute im Jahr des Gedenkens an den 60. Jahrestag des Kriegsendes und in einer sich globalisierenden Welt besonders akut. Das Vermächtnis der großen Kunst und des Denkens und Dichtens im deutschen Osten verweist auf Quellen, auf die sich jener Patriotismus als aus der Herkunft stammende Zukunftsorientierung berufen kann. Das Erbe ist Verpflichtung, zugleich aber Orientierung."

"Diese Fixpunkte der Orientierung wollen wir uns nicht durch eine von Ideologen geprägte Kulturpolitik nehmen lassen", forderte Meier an Ende seiner Ansprache, die immer wieder von lebhaftem Beifall unterbrochen worden war. os/H.J.M

Das Referat von BdV-Präsidentin Erika Steinbach, die Laudationes und Dankreden der Preisträger sowie die Reden auf der Großkundgebung von Georg Milbradt und Erika Steinbach werden wir in den nächsten Folgen derim Wortlaut dokumentieren.

 Die Verantwortungsträger der Freundeskreis Ostdeutschland - Bundesvorstand, Kreisvertreter und Landesgruppenvorsitzende - danken allen Teilnehmern des Deutschlandtreffens für ihr Bekenntnis zu Ostdeutschland und zur Solidargemeinschaft der Ostdeutschland. Die starke Präsenz unserer Landsleute auf dem Messegelände in Berlin am 21./22. Mai hat das Deutschlandtreffen zu einem Erfolg gemacht. Sechs Jahrzehnte sind seit Beginn der gewaltsamen Trennung der Ostdeutschland von ihrer angestammten Heimat vergangen. Berlin hat gezeigt: Die Bindungen zum Land der Väter und Mütter sind noch intakt. Danke! Erika Steinbach
 
     
     
 
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