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Wat Schönret gibt es nicht als wie Currywurst mit Pommes dabei", röhrt die heisere Stimme des Sängers aus dem Radio. Und immer wieder: "Currywurst, Currywurst ..." Herbert Grönemeyer hat dieser vielen Menschen als kulinarische Köstlichkeit geltenden Wurst mit roter Sauce ein musikalisches Denkmal gesetzt. Eine Gedenktafel zu Ehren der "Erfinderin" der Currywurst wurde vom Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf in Berlin an der Stelle angebracht, wo einst der Imbiß mit dem Schild "Erste Curry-Wurst-Braterei der Welt" stand, an der Kantstraße 101 / Ecke Kaiser-Friedrich-Straße. Auf Edelstahl ist dort zu lesen: "Ihre Idee ist Tradition und ewiger Genuß!" Die Rede ist von Herta Heuwer, deren Erfindung heute weltweit anerkannt ist - rund 70 Millionen Currywürste werden alljährlich in Berlin, deutschlandweit sogar 800 Millionen verkauft.
Die am 30. Juni 1913 in Königsberg geborene Herta Heuwer war durch die Flucht nach Berlin verschlagen worden, wo sie in Charlottenburg einen Schnell-Imbiß betrieb. Am 4. September 1949, einem wohl verregneten Tag, denn es kamen nur wenige Kunden, hatte sie die Idee, die sie unsterblich machen sollte: Sie experiment ierte mit neuen Zutaten für eine Sauce. Tomatenmark, geriebener Paprika, Pfeffer, Curry und weitere Gewürze mischte sie und verteilte diese Sauce über eine zerschnittene Dampfwurst. Die Currywurst war geboren! Die genauen Zutaten aber verriet die Königsbergerin nicht. Im Januar 1959 ließ sie sich die Rezeptur für die Sauce beim Münchener Patentamt unter der Nummer 721319 registrieren. Gut 20 Jahre später vernichtete sie alle schriftlichen Unterlagen über die Herstellung und nahm, als sie am 3. Juli 1999 starb, die Rezeptur mit ins Grab.
Die Currywurst hat, wie so vieles Erfolgreiche, mehrere Väter, besser Mütter. So soll Lena Brücker 1947 in Hamburg durch einen Zufall diese Rezeptur erfunden haben: In der einen Hand Curry, in der anderen Ketchup sei sie die Treppe hinuntergestürzt, und wie durch Zauberhand sei die Mischung entstanden, die sie fortan auf dem Hamburger Großneumarkt verkaufte. So jedenfalls beschreibt es der Schriftsteller Uwe Timm in seinem Roman "Die Entdeckung der Currywurst".
Ob nun Hamburg oder Berlin die Geburtsstätte der Currywurst ist, sei dahingestellt. Unzweifelhaft aber hat sie sich bis heute gegen italienische Pizza, türkischen Döner-Kebab, asiatische Gemüsepfanne, arabische Falafel oder japanisches Sushi behaupten können. Auf Umwegen ist sie nun sogar ins Museum gelangt. Im Europajahr 2003 ist im Freilichtmuseum Domäne Dahlem in Berlin noch bis zum 15. Dezember die große Sonderausstellung "Imbißbuden - Essen ohne Grenzen" zu sehen. Im Obergeschoß des Gutshauses wird auf etwa 250 Quadratmetern Ausstellungsfläche mit Fotos, Videos, Malerei, Toninstallationen, Lichteffekten dieser weit verbreiteten Institution ein museales Denkmal gesetzt.
Das Freilichtmuseum, das sich in den letzten Jahren zu einem einzigartigen Ernährungsmuseum gemausert hat, geht sogar noch weiter: Erstmals wird dem Besucher auch ein Geruchserlebnis der besonderen Art geboten, ermöglicht durch professionelle Geruchsdesigner (kein Scherz!) der Hochschule "Burg Giebichenstein" in Halle. Videosequenzen zeigen darüber hinaus das Verhalten der Kunden wie auch das oft handwerkliche Geschick, das Imbißbudenbetreiber aufbringen müssen, um ihre Kundschaft zufriedenzustellen. Mit ihren humorvoll-farbigen "Kunstwerken" geht Patricia Waller an das Thema heran. Ihre allesamt gehäkelten Pommes, Hamburger und Hot dogs rufen bei so manchem Betrachter ein Schmunzeln - und vielleicht auch Appetit auf das Original hervor. Mit großformatigen Ölbildern hielt der Belgier Gilles Houben Friture-Buden seiner Heimat fest, schließlich gilt Belgien als Mutterland des Pommes frites. - Ob nun Currywurst, Hamburger oder Pommes - Gesundheitsapostel mögen verzeihen -, sie schmecken immer wieder einmal köstlich. Warum sollten sie nicht auch einmal Museumsluft schnuppern? Peter van Lohuizen
Appetitlich gehäkelt: Patricia Waller schuf Hamburger, Pommes frites und Hot dog aus Wolle, Styropor, Holz und Watte |
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