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Die politische Lage verdüstert sich. Die Demokratie wird zerfleddert, Wahlen verkommen zum schönen Schein, wo sowieso immer diejenigen gewinnen, welche die Macht schon vorher hatten - weil dafür gründlich vorgesorgt wird: Die Mächtigen haben sich die wesentlichen Medien des Landes botmäßig gemacht. Wer sich dem verordneten Mainstream öffentlich widersetzt, kann es schlimmstenfalls sogar mit dem Geheimdienst zu tun bekommen. Vertreter kleiner Parteien, die den Herrschenden lästig fallen, werden von den obrigkeitskonformen Medien systematisch schlechtgeredet. Haben sie das überlebt, verwehrt ihnen eine Fünf-Prozent-Hürde den Zutritt zum Parlament. Einem wohlhabende n Kritiker, vor dem die Regime-Clique Angst bekam, stellte man wegen "finanziel-ler Unregelmäßigkeiten" juristisch nach, um ihn politisch unwirksam zu machen. Gänzlich schamlos setzt die Regierung Steuergelder ein, um ihre Propaganda unters Volk zu bringen. Ein internationaler Beobachter spricht vom "massiven Gebrauch des Staatsapparats" zu regierungsparteilichen Zwecken.
Eine Politologin, die es wissen muß, schreibt in der Süddeutschen Zeitung: "Das Klima der Angst kehrt zurück. Schon heute mildern Politiker, Journalisten und Analytiker ihre Sätze ab und schauen sich mißtrauisch um." Bald wird es wieder so sein, daß sich niemand mehr auf der Straße sehen lassen will mit einem, den die Mächtigen geächtet haben. Wer sich gar solidarisiert mit einem in Ungnade Gefallenen, der kann was erleben - im "Klima der Angst" brechen die letzten Rückgrate, Querdenker werden isoliert und gesellschaftlich an den Rand gedrückt.
Sie haben es erraten: Es geht natürlich um Rußland. Die gebeutelte Politologin heißt Lilia Schewzowa, der Beobachter ist Bruce George, ein Brite, der für die OSZE die russischen Dumawahlen überwacht hat.
Dankbar lehnen wir uns angesichts solcher Nachrichten zurück und freuen uns, daß wir in Deutschland vor dem eisigen Wind des Machtmißbrauchs so gut beschützt werden. Hier gibt es wachsame öffentlich-rechtliche Medien, die uns vor jeder Wahl gewissenhaft unterrichten, welche Meinungen demokratisch sind und welche nicht. Gegen böse Überraschungen hat man eine Fünf-Prozent-Hürde gesetzt. Da kommt so schnell kein Bösewicht drüber. Freche Provokateure wie etwa Möllemann nahm sich das Finanzamt zur Brust, verdächtige Blätter wie die Junge Freiheit der Verfassungsschutz, und wer öffentlich einräumt, einen Hohmann zu kennen, der soll sich nicht wundern. Der Reservistenverband hat beschlossen, ihn rauszuschmeißen. Was sollen denn die Leute denken? Über die Dinge, die wirklich wichtig sind, informiert uns der Staat selber, mit großen Anzeigen, Plakaten und Heftchen wie unlängst das kleine rote Büchlein zur "Agenda 2010". Darin wird uns auch gleich mitgeteilt, wie gut sie uns tut, die Regierungspolitik. Vollkommen wertneutral natürlich - die Kampagnen werden ja mit mit Steuergeldern bezahlt. War Bruce George eigentlich schon mal in Berlin?
Dort könnte er einen strahlenden Kanzler erleben, der sich gerade erst hat inspirieren lassen von der (so wörtlich) "politischen Offenheit" - in der Volksrepublik China. Dort hat man nämlich, der Menschenrechte wegen, bei Todesstrafen den Genickschuß durch die Giftspritze ersetzt. Dafür durften sich die Chinesen etwas ganz Besonderes zu Weihnachten wünschen und kriegen nun die Hanauer Brennelementefabrik. Für deren Stillegung hatte der heutige Bundesaußenminister als hessischer Umweltminister zäh gekämpft. Viel zu gefährlich sei die - für die verzärtelten Deutschen zumindest. Denn die Chinesen, die können das ab, beschied Joschka Fischer nun und gab seinen Segen. Gelb müßte man sein. Oder zahlreich. Denn selbst wenn das Ding tatsächlich so strahlt, wie grüne Experten warnen - wer soll bei 1,3 Milliarden Menschen noch zählen, ob auf dem einen oder anderen Kinderrumpf ein Kopf mehr steckt?
Von soviel "Offenheit" und neuem Denken angesteckt, hat die grüne Umweltministerin von Nord-rhein-Westfalen, Bärbel Höhn, "eine ganz neue Dimension" entdeckt: die "Sicherheitsinteressen der USA und der Nato", die durch den Atom-Handel mit China berührt seien. So bunt kann die Welt sein: Ein grüner Bundesminister verhökert Plutonium-Anlagen an China, derweil eine grüne Landesministerin mit George Bush ebendort auf Schurkenstaaten-Suche geht. Vergeblich, die Chinesen haben uns schließlich versprochen, die Anlagen keinesfalls militärisch zu nutzen. Haben wir gehört ... Hätten wir gehört, wenn der Lärm der gerade getesteten, auf Taiwan gerichteten Mittelstreckenraketen nicht alles überdröhnt hätte.
George Bush wird Bärbel Höhns Beitritt zur "Koalition der Willigen" mit Genugtuung aufnehmen. Er kann neue Freunde dringend gebrauchen, jetzt, wo alle über ihn herfallen wegen des falschen Puters, auf den selbst wir reingefallen sind. Was soll das Genöle? Ist doch schon ein Fortschritt: Von den Massenvernichtungswaffen des Irak sind bislang nicht einmal Attrappen aufgetaucht, für den Puter gab s jetzt immerhin die Plastik-Kopie von der Möbelhaus-Dekoration. Setzt sich die Steigerung von der Luftnummer über die Attrappe bis zum wahren Leben fort, dann verkauft McDingsda vermutlich bald gar echtes Essen - und amerikanischer Gerstensaft schmeckt am Ende wie Bier.
Wie schnell aus Kulissenzauber Realität werden kann, erleidet die Hansestadt Hamburg. Ein riesiges Gebiß mit roten Tropfen an den langen Eckzähnen winkt vom höchsten Hotel der Stadt den Passanten zu. "Tanz der Vampire" heißt das neue Musical, in welches das Plakat die Hamburger locken will - und die sind entzückt. Alle wollen mittanzen, sogar im Rathaus. Dort wurde aus dem frivolen Spaß indes umgehend schauriger Ernst. Dienstag trat Bürgermeister Ole von Beust sichtlich blutarm vor die Kameras und zählte die Reihe der Gebissenen auf: Nachdem der Prinz der Finsternis am Abend zuvor die Partei Rechtsstaatlicher Offensive (PRO) praktisch ausgerottet hatte, ist nun die Koalition in den Sarg gefahren.
Nie ist vollends geklärt worden, ob Vampire eigentlich tot oder lebendig oder irgendwas dazwischen sind. So weiß denn auch bei der Schill-Partei nach dem nächtlichen Schlachtfest keiner mehr, wer nun Vorsitzender, Ex-Vorsitzender oder Dochnochvorsitzender ist, wer die Partei führt und ob es sie überhaupt noch gibt. PRO-Senator und Vizebürgermeister Mario Mettbach machte bei Sonnenlicht einen verdächtig zerbröselten Eindruck. Ihm dürfte es in der Nacht also an den Hals gegangen sein.
"Schatz? Vergiß deinen Putzfimmel nen Moment - tolle Neuigkeiten!" |
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