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A 18. Mai hat der VDA gemeinsam mit der Hanns-Seidel-Stiftung in Berlin eine Tagun ausgerichtet zum Thema "Die Bedeutung der Deutschen im Ausland für die auswärtig Kulturpolitik der Bundesrepublik Deutschland". Wie lautete das Fazit?

Müller: Als zentrale Forderung an die Politik wurde auf der mit rund 80 Teilnehmer erfreulich gut besuchten Veranstalt
ung festgehalten, daß die im Ausland lebende Deutschen nicht länger nur Adressaten der auswärtigen Kulturpolitik sein dürfen sondern deren aktive Träger werden müssen.

Nach Angaben des VDA-Vorsitzenden Hartmut Koschyk handelt es sich immerhin um über 1 Millionen Menschen, die außerhalb des geschlossenen deutschen Sprachraums in Europa lebe und sich mit der Heimat der Vorfahren bis heute kulturell verbunden fühlen.

Vor allem über die Sprache...

Müller: ... ja, die Sprache ist sicherlich das wichtigste Element kulturelle Identität. Um so mehr muß es beunruhigen, wenn die Stellung des Deutschen in der Wel ernsthaft gefährdet erscheint.

Dies hob in Berlin Dr. Rainer Glagow hervor. Er ist Leiter der dortige Verbindungsstelle des Bildungswerkes der Hanns-Seidel-Stiftung. In bezug auf die auswärtige Kulturpolitik mahnte er an, daß die drohende linguistische Globalisierun nicht als Vorwand für Einsparungen dienen dürfe.

In Frankreich oder Spanien wäre es unvorstellbar, gerade über diesen sensible Bereich mit dem "haushaltspolitischen Rasenmäher" drüberzugehen. Außerde werden bei der Gelegenheit neben der Sprachförderung gleich mehrere andere Aufgabenfelde der auswärtigen Kulturpolitik zusammengestutzt.

Können Sie das mit aktuellen Zahlen untermauern?

Müller: Die Statistiken sind höchst unerfreulich: Im Jahr 2000 stehen in Bundeshaushalt für die auswärtige Kulturpolitik insgesamt 2,173 Milliarden Mark zu Verfügung, während es 1998 noch 3,255 Milliarden waren.

Dabei sind von den Streichungen gerade die Unterstützungen für die Auslandsdeutsche betroffen. Besonders eklatant fallen sie bei der Sprachförderung und den kultur- un bildungspolitischen Hilfen zugunsten deutscher Minderheiten in den Staaten des frühere Ostblocks aus.

Diese Mittel wurden von 90 Millionen Mark 1998 auf heute noch 50 Millione heruntergefahren. Auch die Förderung des deutschen Schulwesens im Ausland ist in Vergleichszeitraum um 20 Millionen Mark zusammengestrichen worden.

Zu der Tagung waren auch Vertreter deutscher Volksgruppen aus de ostmitteleuropäischen Raum geladen. Wahrscheinlich hatten diese angesichts solcher Zahle eine gehörige Portion Wut im Bauch.

Müller: Vor allem sind sie enttäuscht. Wie sehr, das hat der Oberschlesier Heinric Kroll klar gemacht. Aber auch er war beileibe nicht nur zum Jammern nach Berlin gekommen schließlich soll Schritt für Schritt auf eine Verbesserung der Lage hingewirkt werden.

Albert Koncsek, der Leiter der Geschäftsstelle der Landesselbstverwaltung de Ungarndeutschen, nannte als konkreten Förderungswunsch ein in Planung befindliche regionales Ausbildungszentrum, an dem Lehrer für den zweisprachigen deutsch-ungarische Unterricht geschult werden sollen.

Eine finanzielle Hilfe aus Deutschland ist hier, so Koncsek, nicht nur wegen de völlig unbefriedigenden Deutschkenntnisse gerade der jüngeren Ungarndeutschen eminen wichtig, sondern auch weil es in Ungarn allgemein eine bedauerliche staatlich Unterfinanzierung des Schulwesens gibt.

Besitzt der von manchen Medien im zurückliegenden Jahrzehnt unter Dauerbeschu genommene VDA abgesehen von ambitionierten Tagungen ein breit angelegtes Konzept für ein verbesserte Öffentlichkeitsarbeit? Oder anders gefragt: Worauf will man in Zukunft die Bekanntmachung der Vereinsinhalte und -ziele stützen?

Müller: Die oft unberechtigte Kritik an der Arbeit des VDA, vornehmlich in Zusammenhang mit seiner Tätigkeit in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion, aber auc falsche Behauptungen in den Medien, haben es dem Verein in der Vergangenheit schwe gemacht, eine offensive Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben.

Hinzu kam eine spürbare Distanz gegenüber dem VDA bei der Nennung des Namens. Die Mitgliederversammlung hat daraufhin im November 1998 unter Beibehaltung des Kürzels VD den Namen in "Verein für Deutsche Kulturbeziehungen im Ausland e. V." geändert. Die Projekte zur materiellen und kulturellen Unterstützung de Rußlanddeutschen in der GUS sind an die Deutsche Gesellschaft für Technisch Zusammmenarbeit (GTZ) und das Goethe-Institut übergeben worden.

Der VDA ist heute nur noch seinen satzungsgemäßen Aufgaben verpflichtet. Das mach ihn auch frei von jeder staatlichen Bevormundung. Und man wird in Zukunft öfter von un hören, wenn es um die Interessen unserer Landsleute im Ausland geht.

Das gilt schon fürs laufende Jahr?

Müller: Auf jeden Fall! Für September planen wir zum Beispiel gemeinsam mit de Botschaft der Republik Ungarn eine Diskussionsveranstaltung über Probleme der deutsche Minderheit in Ungarn.

Der seit 1993 jährlich verliehene VDA-Kulturpreis hat schon 1999 in Bayreut erhebliche Beachtung auch in den Medien gefunden. Diesmal wird die Verleihung in Münche stattfinden und eine noch größere Beteiligung aus Politik, Wirtschaft und Verwaltun erfahren. Erstmals wird es in diesem Jahr zudem einen VDA-Medienpreis geben, den ein deutschsprachige Zeitung im Ausland erhält.

Das klingt alles sehr dynamisch und erstaunlich optimistisch. Denn wenn man bedenkt daß der "Reichsausschuß der deutschen Jugendverbände" für das Jahr 1928 fü die Jugendgruppen des VDA rund eine halbe Million Mitglieder registrierte und heute de überalterte Gesamtmitgliederbestand bei wenigen Tausend liegt, kann man da nicht scho das Sterbeglöckchen für den Traditionsverein läuten?

Müller: Es ist in der Tat so, daß unsere Mitgliederstruktur eine hohe Überalterun aufweist. Nach seiner Wiedergründung 1955 ist es dem VDA nicht gelungen, an die erfolgreiche Zeit in den 20er und 30er Jahren anzuknüpfen. Mitglieder wurden damals meis Menschen, die den VDA noch aus der Schulzeit kannten.

Wenn wir diese nun wegsterbende Generation nicht Zug um Zug ersetzen können, dann mu auch unser 1881 gegründeter Verein in nicht allzu ferner Zeit den Totengräber bestellen

Die räumliche Verteilung unserer Mitglieder ist so, daß es kaum einen Ort gibt, a dem es möglich ist, eine Gruppe zu bilden, die eine aktive und interessante Vereinsarbei sozusagen vor der eigenen Haustür zuließe.

Wir arbeiten derzeit an einem Konzept, das vorsieht, "VDA-Clubs" nach de Vorbild der großen Service-Clubs Rotary und Lions zu gründen, die dann vor Ort unser Arbeit gestalten sollen. In unserer heutigen Zeit erwartet ein Vereinsmitglie interessante Veranstaltungen, gute Unterhaltung und erlebnisreiche Reisen.

Also auf in die moderne "Spaßgesellschaft"?

Müller: Das nicht, aber man muß schon auf die heutigen Menschen zugehen, wenn ma Zuspruch gewinnen will. Einige unserer 15 VDA-Arbeitskreise arbeiten schon so und habe damit Erfolg.

Aber wie soll die Vereinsarbeit für junge Leute attraktiver gemacht werden? Da "Rotarier-Modell" dürfte bei diesen ja wohl kaum ziehen.

Müller: Der VDA organisiert seit über 30 Jahren einen Schüleraustausch mi überseeischen Ländern. Daran nehmen inzwischen jährlich rund 350 Schüler teil – Tendenz steigend. Bisher haben wir jedoch zu wenig getan, um auf diesem Wege jung Mitglieder zu gewinnen.

Wir werden noch in diesem Jahr mit den Landesverbänden Ideen ausarbeiten, wie wi durch ein Nachbetreuungsprogramm für die beteiligten bundesdeutschen Schüler ein längerfristige Bindung an den VDA erreichen können.

Pläne gibt es offenbar viele. Wie sieht es aber mit tatsächlichen Erfolgen aus?

Müller: Immerhin können wir seit der Namensänderung eindeutig feststellen, daß die frühere Zurückhaltung bei jungen Leuten gegenüber dem VDA kaum mehr in Erscheinun tritt. Auch die Schulen, mit denen wir im Rahmen der Austauschprogramme zusammenarbeiten stehen uns freundlich und unvoreingenommen gegenüber.

Zudem hat der VDA in jüngster Zeit bei Veranstaltungen deutscher Verbände un Organisationen im Ausland wieder stärker Präsenz gezeigt und den Bekanntheitsgra verbessert. Unsere Internetseiten (www.vda-globus.de) werden rund um den Globus zu Kenntnis genommen, was die fast täglich eintreffenden Anfragen bestätigen.

Alles in allem sind wir zuversichtlich und geben dem VDA auch in Zeite wirtschaftlicher Globalisierung, weltweiter Kommunikation und hoher Mobilität ein Zukunft.

Dieses Interview führte Martin Schmidt.

Zur Person:

Gerhard Müller wurde 1938 im schlesischen Waldenburg geboren und wuchs in Wolfenbüttel in Niedersachsen auf. 1960 trat er in die Bundeswehr ein, wo er es bis zu Personalstabsoffizier in einer Panzerbrigade brachte und 1992 als Oberstleutnant sein Dienstzeit beendete. Seit April 1994 amtiert Müller als Geschäftsführer des VDA.

Weitere Auskünfte über den Verein für Deutsche Kulturbeziehungen im Ausland gibt die Bundesgeschäftsstelle, Kölnstr. 76, 53757 St. Augustin, Tel.: 02241/21071, Fax: 29241 E-Mail: vda.globus@t-online.de

 
     
     
 
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