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Kurz vor Weihnachten mahnte Verteidigungsminister Struck bedeutungsschwanger eine "Grundsatzdebatte über unsere Sicherheitspolitik" an. Warum ausgerechnet jetzt, da sich angesichts der Feiertage die Sitzungssäle der Hauptstadt leerten wie jedes Jahr? Struck ging es wohl weniger um eine Debatte, die dringend geführt werden müßte, als vielmer um eine andere Diskussion, die er noch dringender vom Tisch haben wollte - die Sache mit den "Beraterhonoraren". Ein alter Trick: Will ein Minister die Debatte über das Scheitern seiner Politik abwürgen, greift er seine Kritiker persönlich an. Ist derselbe Minister hingegen wegen persönlicher Fehlleistungen in der Schußlinie, wirft er gern mit weltmännischer Miene ein, daß es doch "wichtigere Dinge" gebe und wir zu den inhaltlichen Fragen zurückkehren sollten - "im Interesse des Landes".
Worum es geht: Unter den Ministern Scharping und Struck sind seit 1999 Beraterhonorare in Höhe von insgesamt 11,7 Millionen Euro an den Unternehmensberater Roland Berger geflossen. Dabei handelte sich nicht etwa um einen einzigen Auftrag, sondern um eine ganze Reihe, die einzeln vereinbart wurden. Zuletzt schloß Struck am 27. August 2003 einen Beratervertrag über 1,8 Millionen Euro mit Berger.
Laut EU-Richtlinie sind staatliche Aufträge schon ab der erheblich geringeren Summe von 130.000 Euro öffentlich auszuschreiben, so daß jeder interessierte Mitbewerber die Chance erhält, einen eigenen Vorschlag abzuliefern. Durch den Wettbewerb der Anbieter sollen die öffentlichen Kassen geschont und soll Vetternwirtschaft zwischen Politik und gewissen Beratern vorgebeugt werden. Struck argumentiert nun, bei dem August-Auftrag habe es sich nur um einen "Folgeauftrag" gehandelt. Berger sei seit Jahren mit der Materie vertraut, ein anderer Unternehmensberater hätte sich erst einarbeiten, also "von vorn anfangen müssen". Deshalb sei die öffentliche Ausschreibung unterblieben.
Die Argumentation löst in Fachkreisen Kopfschütteln aus, denn: Wenn Berger durch die Erfahrungen aus der bisherigen Tätigkeit für die Bundeswehr tatsächlich allen Mitbewerbern so haushoch überlegen gewesen sein sollte, dann wäre dies auch im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung sofort zutage getreten. Es sei schließlich das Ziel einer Ausschreibung, nicht bloß den günstigsten, sondern auch den kompetenteren Anbieter herauszufiltern. Wer wie Struck argumentiert, verteidigt also letztlich ein System regelrecht bevorzugter Staatsberater, die - einmal Sieger in einer öffentlichen Ausschreibung - fortan immer wieder Aufträge zugeschoben bekommen, ohne Konkurrenz fürchten zu müssen.
Es wirft kein günstiges Licht auf den Vorgang, daß der Unternehmensberater Roland Berger als ausgesprochen SPD-nah gilt. So nah, daß er bereits als Minister im Kabinett Schröder im Gespräch war. Alles Zufall, wischen die Vertreter von Rot-Grün den Verdacht auf Begünstigung vom Tisch. Ein bißchen viel "Zufall" auf einmal, rumort es von anderer Seite.
Zum Symbol des Filzes zwischen Politikern und hochbezahlten Beratern geriet die PR-Firma "WMP" ("Wirtschaft, Medien, Politik"). Wiederum ohne die für staatliche Anbieter vorgeschriebene öffentliche Ausschreibung hatte die Bun-desanstalt für Arbeit (BA) unter ihrem schillernden Vorstandschef Florian Gerster WMP unter Vertrag genommen, um das "Image" der BA aufzupolieren. Interessant erscheint die Zusammensetzung des WMP-Aufsichtsrats. Dort sitzt neben dem Ex-Wirtschaftsminister Günther Rexrodt, Ex-Außenminister Hans-Dietrich Genscher (beide FDP) und dem SPD-Bundestagsabgeordneten Peter Danckert auch - Roland Berger. Besonders pikant war jedoch der Fall des SPD-MdB Rainer Wend. Auch er ist WMP-Aufsichtsrat und gleichzeitig Vorsitzender des Bun-destags-Wirtschaftsausschusses. Bei-nahe hätte Wend die Parlamentsbefragung von BA-Chef Gerster selber leiten sollen, gab die Aufgabe aber kurzfristig wegen Befangenheit ab, als die Wogen des öffentlichen Protestes höher schlugen.
Die BA sorgte ihrerseits für weitere Empörung, als sie ihre Vergabepraxis damit rechtfertigte, sie sei doch gar keine Behörde mehr, sondern ein "modernes Dienstleistungsunternehmen" und daher an die EU-Ausschreibungsverordnung für Aufträge der öffentlichen Hand eigentlich nicht mehr gebunden. Bei den Bürgern, die weiterhin ihre Zwangsbeiträge an das "Dienstleistungsunternehmen" abführen müssen, ist von der neuen privaten Konzernherrlichkeit der BA nur so viel angekommen: Wie es einem Konzern-Manager gebührt, erhöhte sich BA-Chef Gerster bei Amtsantritt sein Gehalt sofort von 130.000 auf 250.000 Euro jährlich, eine knappe halbe Million Mark also.
Weitgehend untergegangen im Streit um die Berater-Affären der Häuser Struck und Gerster ist, daß sich auch der Bundesfinanzminister einen teuren "Berater" genommen hat, um sein öffentliches Ansehen aufzubessern. Der kluge PR-Mann hat Hans Eichel sogar zu SPD-Parteiveranstaltungen begleitet, um Eichels Auftritt zu optimieren - auf Kosten des Steuerzahlers. Dies hat der Bundesrechnungshof ausdrück-lich kritisiert.
Der Antrag der CDU/CSU-Fraktion im Reichstag, die Kritik des Rechnungshofs "zustimmend" zur Kenntnis zu nehmen, wurde gleichwohl von der rot-grünen Mehrheit abgeschmettert. Der Dreh des Hans Eichel: Statt einen einzigen Berater-Auftrag zu vergeben, stückelte der Minister den Vorgang in drei "Folgeaufträge". Damit überschritt keiner der drei Einzelauftäge die Summe von 130.000 Euro, ab der eine öffentliche Ausschreibung rechtlich notwendig gewesen wäre. |
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