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Schritt für Schritt kommt die Wahrheit ans Licht: Aus der zeitlichen Begrenzung der Arbeitserlaubnisse ("Green Cards") für ausländische Fachleute der Informationstechnologie (IT) wird de facto nichts werden.
Nur drei bis maximal fünf Jahre sollten sie bleiben, hieß es zunächst. Bis dahin würde alles unternommen, um deutsche Fachkräfte ausgebildet zu haben, um die Lücken zu schließen. Wer gut beraten war und dem keinen Glauben schenkte, darf sich schon nach wenigen Tagen bestätigt sehen: Bundesbildungsministerin Bulmahn hält zwar formell an der Limitierung von drei bis fünf Jahren fest. Flugs schiebt die SPD-Politikerin aber nach, daß die Spitzenkräfte danach "keinesfalls abgeschoben" werden sollten.
Bulmahns Parteigenosse Bundesinnenminister Schily sagt es offen und spricht schon jetzt von einer "langfristigen Perspektive", die man den Neukollegen bieten müsse. Folgerichtig wird aus dem Regierungslager denn auch schon jetzt die Forderung laut, daß die Experten aus Nicht-EU-Ländern die Erlaubnis erhalten müßten, ihre Familien gleich mitzubringen.
FDP-Generalsekretär Westerwelle greift die Debatte auf seine Weise auf und fordert just erneut ein "Einwanderungsgesetz, das sich an national en Interessen orientiert".
Klingt recht patriotisch. Doch bei näherem Hinsehen verfliegt dieser Eindruck, denn bei der Beschreibung "nationaler Interessen" schimmert verknöchertes Technokratendenken durch, in dem verfangen sich die Spitzen von Politik und Wirtschaft bockbeinig weigern, den Menschen endlich als ein Ganzes zu betrachten. Noch immer werden zur Definition "nationaler Interessen" bloß anonyme Zahlenkolonnen hin- und hergeschoben: Hier die Arbeitsmarktlage und die Geburtenentwicklung und dort das "passende Personal" irgendwo auf der Welt zu deren Ausgleich. Fertig ist die Einwanderungsquote.
Niemand fragt nach dem kulturellen Hintergrund derer, die da kommen sollen. Als wären wir nicht gerade durch die jüngsten südosteuropäischen Erfahrungen auf blutigste Weise eines Besseren belehrt worden, tun Schröder, Westerwelle & Co. so, als habe es auf die Chancen eines dauerhaft friedlichen Zusammenlebens überhaupt keinen Einfluß, welche Religionen, Traditionen und Wertegefüge auf engstem Raum aneinanderprallen. Die Erfahrungen von gerade zwei Generationen, in denen Deutschland das Zusammenleben mit einer (noch) einigermaßen überschaubaren muslimischen Gemeinschaft probt, sagen nur wenig aus. In Sarajewo hatte das Jahrhunderte "funktioniert", bis über Nacht ... Wir kennen die Bilder.
Sicher, es gibt positive Gegenbeispiele in der Geschichte, aber die werden leider weniger. Und selbst im klassischen Einwanderungsland USA haben religiöse und rassistische Eiferer einen Zulauf, den man ihnen vor wenigen Jahren noch kaum zugetraut hätte.
Kurzum: Auch wenn es "Eine-Welt"-Phantasten nicht wahrhaben wollen es besteht ein gewichtiger Unterschied, ob ein IT-Spezialist aus Indien oder aus Irland nach Deutschland zieht und hier seßhaft wird. Das Tückische dabei ist, daß dieser Unterschied meist erst nach etlichen Jahren seine gesellschaftliche Sprengkraft offenbart. Die Deutschkenntnisse junger Türken nehmen wieder ab, ihr Gefühl, nicht zu Deutschland zu gehören, wächst in gleichem Maße. Wer hingegen aus einer der unseren sehr ähnlichen Nation stammt, hat meist schon in der zweiten Generation nur noch familiennostalgische Bindungen an sein Herkunftsland, ist assimilierter Deutscher mit nur noch im Namen nachspürbarer ausländischer Herkunft. Auch ist die Bereitschaft zu Ehen mit Einheimischen weitaus größer, wenn kein allzu ausgeprägter religiöser oder kultureller Unterschied dazwischen steht.
Wenn also "nationale Interessen" im Hinblick auf Einwanderung in Anschlag gebracht werden, dann hat die Frage zu lauten: Was dürfte aus dieser Zuwanderergruppe in zwei, drei Generationen geworden sein? Ist sie dann assimiliert wie einst die Hugenotten, oder bleibt sie der Umgebung vermutlich fremd?
Die erste, grundsätzliche Herausforderung aber ist natürlich die, wie die Bereitschaft, selbst Kinder in die Welt zu setzen und angemessen auszubilden, bei den Deutschen zu steigern ist. Daran ist die Politik der vergangenen dreißig Jahre offenkundig gescheitert.
Entlarvend ist übrigens, wie leichtfertig die deutsche Linke und andere Vertreter jener "Alle Menschen sind gleich"-Ideologie einen wesentlichen Aspekt ihrer scheinheiligen Menschlichkeit über Bord werfen, sobald es nur darum geht, soviel "Multikultur" wie möglich nach Deutschland zu importieren: Wie verträgt es sich eigentlich mit un- serer "Verantwortung für die Drit- te Welt", wenn wir Ländern wie Indien ihre mühsam ausgebildeten Eli-ten mittels unschlagbarer Ge- haltsverlockungen massenhaft abjagen? Elisa Wachtner
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