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Nach einem Jahr Laufzeit ist das Theater um den „Kampf gegen Rechts“ offenbar im Begriff, leer zu laufen. Politiker, Gewerkschafter, Kirchenfürsten, Fernseh-Moderatoren haben sich aufgeregt, die Massenmedien wirkten wie gleichgeschaltet. Die Cheerleader der Kampagne hätten ihre Parolen auch im Sprechchor aufsagen können, gleichlautend wie sie waren. Zu gewissen gesinnungsstrammen Veranstalt ungen wie etwa „Kultur gegen Rechts“ kamen kaum noch Besucher, weshalb sie denn auch sanft entschlafen sind.
Doch nun hebt sich der Vorhang zu einer neuen Show. Jetzt geht’s gemeinsam gegen die Moslems, wobei denn auch mal ein Sikh, der weder Moslem noch Araber ist, von einem nach Rache dürstenden Amerikaner abgeschossen wird.
Nur unser unvergleichlicher Bundestagspräsident und einige Nachzügler bilden noch die Nachhut der Kampagne. Bundestagspräsident Thierse hat entdeckt, warum zwischen Elbe und Oder die Wirtschaft nicht in Schwung kommt und die Zahl der Arbeitslosen demzufolge unverändert hoch bleibt. Der Rassismus in den neuen Ländern führe zu einer Investitionsblockade, erzählte er in einer Diskussionsveranstaltung des SPD-Forums Ost.
Wirtschaftswissenschaftler wie Wirtschaftsführer schütteln den Kopf. So widerspricht ihm der Vorsitzende der Industrial Investment Council, Christoph von Rohr, Berlin, der natürlich auch der Meinung ist, daß man gegen gewalttätige Fremdenfeindlichkeit vorgehen müsse. Doch es sei nicht zu befürchten, daß das Interesse ausländischer Investoren wegen einiger Übergriffe abnehme, so von Rohr. Nach seinen Erfahrungen spiele Ausländerfeindlichkeit in keiner einzigen Verhandlung mit Unternehmen aus der ganzen Welt über Investitionen in den neuen Ländern eine Rolle. Viel wichtiger seien Fragen nach ökologischen Rahmenbedingungen und bisweilen auch nach der Gewaltkriminalität insgesamt.
Zum Nachtrab der Kampagne gehören auch die Reichen und Schönen in Deutschland. Der „Kampf gegen Rechts“ hat endlich auch die Schickeria von Sylt erreicht. Nachdem in Berlin die Proleten der Parole folgten, „Saufen gegen Rechts“, kam jetzt der Amüsierpöbel in 5-Sterne-Hotels der trotz allem noch immer schönen Nordseeinsel zusammen, um unter der Flagge „Kochen gegen Rechts“ zu schlemmen. Stilgerecht erschienen einige Show-Köche in Shirts mit einem Logo, das dem fünfzackigen roten Stern der Roten Armee Fraktion (RAF) nachempfunden war. Die Kalaschnikow, die bei den Linksterroristen den Sowjetstern kreuzte, war ersetzt worden durch den Umriß der Insel Sylt. Und darüber standen statt „RAF“ = Rote Armee Fraktion die Buchstaben „RGF“ = Rote Gourmet Fraktion. („Ist das nicht echt geil, Uschi?“). Und dann kochten sie für die 150 Gäste, die 200 Mark pro Person zahlen mußten, Sushizunge in Kalbfleisch ummantelt, Jakobsmuscheln, Kapernköpfe mit Parmesan und Entenbraten und sie nannten die Gerichte neckisch und so richtig kämpferisch „Aal oral“ oder „Oben ohne“. Wie die Presse meldete, wurde die illustre Gesellschaft geadelt durch die Anwesenheit einiger Rock-Musiker wie Fann Urlaub und Rodrigo Gonzales.
Nun haben sich denn auch die Reichen, Schönen und Beschränkten in den „Kampf gegen Rechts“ eingereiht. Allerdings „sollte bei dem Essen der Spaß und nicht die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem politischen Thema im Vordergrund stehen“, wie der Veranstalter verlautbarte. Da brauchte er keine Angst zu haben. Die Gefahr bestand sicherlich bei diesen Leuten nie. Aber von ihrem Eintritt wurden 100 Mark abgezweigt, und die gehen an die Anti-Rechts-Organisation „Gesicht zeigen“.
Nicht vergessen werden darf das Bier, das die Mitglieder der Fun-Generation tranken. Es trug die Markenbezeichnung „Roter Oktober“. Und der Lachs wurde im Geschirrspüler gegart. Wenn das nicht überzeugende, ja geradezu revolutionäre Waffen gegen Rechts sind! Martin Lüders
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