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Können wir Arndt lieben?

 
     
 
"Können wir Arndt lieben?" Diese Frage wirft der westdeutsche Historike Thomas Stamm-Kuhlmann, Professor an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, auf Mit seinem Beitrag in dem Greifswalder Universitätsjournal vom Februar 1999 reagiert e auf eine ganzseitige Kanonade der Hamburger Wochenzeitung "Die Zeit" gege Arndt. Nun wird es Ernst für die Arndt-Anhänger und für die Greifswalder Professoren Die antideutschen Bilderstürmer drängen darauf, daß die Greifswalder Universität ihre Namenspatron fallenläßt.

Unterstützung erfahren sie eben auch von Thomas Stamm-Kuhlmann, er kommentiert in seinem Beitrag: "Die zuletzt in dem Artikel von Jörg Schmidt in dem Blatt ,Di Zeit‘ zitierten Stellen müssen ernst genommen werden. Auf jeden Fall ist es nich zulässig, sie mit vagen Ausreden (,So war die Zeit eben‘) abzutun." De Greifswalder Professor schließt seine Stellungnahme mit einem Fingerzeig: Wer ist den überhaupt zuständig, über die Namensgebung zu entscheiden? Thomas Stamm-Kuhlman antwortet selber: Es wäre in erster Linie der Universitäts-Senat, der "ein Entscheidung über die Beibehaltung des Namens herbeiführen" könnte. "Daz müßte freilich die Namensfrage erst einmal auf die Tagesordnung gesetzt werden." Ein geschickter
Schachzug von Thomas Stamm-Kuhlmann, denn durch seinen Beitrag ist si quasi auf der Tagesordnung.

In der Uni-Pressestelle und im Rektorat hält man sich bedeckt, eine Stellungnahme gib es bislang nicht. Daß auch der Rektor, Prof. Jürgen Kohler, schweigt, wird von einige Greifswalder Hochschuldozenten nicht als Zustimmung verstanden. Papier ist geduldig, un Hamburg ist weit weg, kommentierte ein Dozent. In Greifswald hofft man, daß sich die Sache wieder beruhigt und die Hamburger schon bald wieder andere Themen haben.

Attacken gegen den pommerschen Schriftsteller und Paulskirchen-Abgeordneten sind nicht Neues. So wurde beispielsweise das Ernst-Moritz-Arndt-Denkmal in Bonn wiederhol beschmiert oder eine Arndt-Büste wurde aus der Gedenkstätte des Deutschen Ostens au Schloß Burg bei Solingen im Mai 1995 gestohlen und angeblich in der Wupper versenkt.

In dieser geistigen Linie steht auch der Beitrag von Jörg Schmidt "Fatale Patron. Noch immer tragen deutsche Schulen, Kasernen und eine Universität den Namen de völkischen Ideologen und Antisemiten Ernst Moritz Arndt" , den die "Zeit" im November 1998 veröffentlichte. Der Artikel, der zur Biographie Arndts nichts Neue bietet, wirft dem Pommer zwei Verfehlungen vor: 1. Arndt habe als "Politoffizier" – so Jörg Schmidt – des Freiherrn vom Stein a Zarenhof in Petersburg wesentlichen Anteil an der "russisch-deutschen Erhebung" gegen Napoleon. Die "Zeit" klagt an: "In unzähligen Flugschriften forder er Mut und Opferbereitschaft von den Deutschen. Das Ziel: die Restitution des deutsche Volkes. ... So wird er tatsächlich zum nationalen Volkserzieher."

Der zweite Vorwurf: Arndt sei ein Judenhasser gewesen, der vor einer Vermischung de deutschen Volkes mit anderen Nationen gewarnt hat.

Mit welchen Argumenten können also die Greifswalder heute diese Attacken abwehren, mi welchen Argumenten kann man den Namen Ernst-Moritz-Arndt-Universität heute rechtfertigen Die Argumente lauten: Arndt setzte sich für Abschaffung der Leibeigenschaft ein, er wa ein Demokrat und Abgeordneter der Paulskirche, und er hat durch sein publizistische Wirken in der Tat wesentlich zur Reichseinigung 1870/71 beigetragen – un letztendlich auch für die Wiedervereinigung von 1990.

Zum Vorwurf des Antisemitismus muß man feststellen, daß diese Anklage unzutreffen ist. Wohl war Arndt kein Freund einer ungezügelten Zuwanderung aus dem Osten – nebenbei bemerkt: dies ist auch 1999 geltende Politik in Deutschland – gegen die Integration der hier lebenden Juden hatte er aber keine Einwände.

Man sollte, um die Attacke der "Zeit" richtig einzuordnen, doch noch einma auf die Achse 1813 –1871 – 1990 blicken. Denn in diesem Punkt muß man de Hamburgern recht geben: Wer mit der Reichseinigung von 1871 nichts anzufangen weiß un wer gegen die Vereinigung von 1990 agierte, der wird sicher auch Ernst Moritz Arnd ablehnen. Unvergessen sollte hier sein, daß die "Zeit" sich noch nach de Maueröffnung im Frühjahr 1990 in einem Leitartikel auf der ersten Seite gegen ein staatliche Einheit Deutschlands aussprach. Unvergessen sollte auch sein, daß es die "Zeit" war, die die Forderung aus Leipzig nach Demokratie und Menschenrechte als "DM-Nationalismus" verunglimpfte.

Von Leipzig aus kann man aber auch gut zu Arndt überleiten, denn es ging weder 198 noch 1848 um einen nationalen Epos, geschweige denn um eine überschäumende national Prachtentfaltung. Es ging um Menschenrechte. Und im Eintreten für Demokratie un Menschenrecht liegt ja auch ein entscheidendes Verdienst von Ernst Moritz Arndt. Die "Zeit" mag aber in dieser und anderen Fragen als ein guter Kompaß dienen. Wen die Hamburger wieder mal eine Person attackieren, dann kann man gewiß sein, daß er ode sie der deutschen Nation dienlich ist. R. L
 
     
     
 
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