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Petersburger Dialog: Jahrmarkt der Eitelkeit

 
     
 
Die Präsidenten Putin und Chirac und der deutsche Kanzler Schröder kamen am letzten Freitag in der russischen Ostseemetropole St. Petersburg zusammen. Das Treffen hatte nicht nur hinsichtlich des Ortes eines gemeinsam mit dem zeitgleich stattfindenden "Petersburger Dialog": Es wurde viel Aufwand betriebe
n und wenig Konkretes erreicht.

Bei den Gesprächen der Staatsmänner war das zu erwarten gewesen. Die russische Führung ist sich bewußt, daß jetzt angesichts des US-Erfolgs im Irak eine weitere Vertiefung der "Achse Paris - Berlin - Moskau" eine schwerwiegende Gefährdung eigener Wirtschaftsinte-ressen gegenüber den Vereinigten Staaten bedeuten würde.

Auch deutsche Spitzenpolitiker sollten sich darüber im klaren sein, daß die Zeit für eine dauerhafte weltpolitische Allianz mit den Franzosen und Russen noch nicht gekommen ist.

Anderes ist vorrangig: grundlegende wirtschaftspolitische Reformen, die Überwindung der fatalen Geburtenkrise und die Meisterung der EU-Osterweiterung, deren Gelingen im ureigensten Interesse Deutschlands liegt.

In letzterer Hinsicht ist während der Irak-Krise bereits viel Porzellan zerschlagen worden, denn sowohl Polen als auch Esten, Letten, Litauer und Tschechen empfinden es als Alptraum, die Europäische Union könnte ganz von einer Achse Paris - Berlin gesteuert und wichtige Nationalinteressen der außenpolitischen Allianz mit dem beargwöhnten Rußland geopfert werden.

Wie gesagt: Die Gespräche von Putin, Schröder und Chirac hatten - erwartungsgemäß - wenig Substanz. Leider galt das auch für den ab 10. April stattgefundenen dreitägigen "Petersburger Dialog".

Zum ersten Mal hatte es diese Veranstaltung vor zwei Jahren am gleichen Ort gegeben, dann 2002 in Weimar. Rund 120 geladene Teilnehmer aus beiden Ländern sollen im Rahmen der von Präsident Putin in Gang gebrachten Gespräche zur Verbesserung der bilateralen Beziehungen beitragen.

Doch bisher erwies sich das von den Medien kaum wahrgenommene Spektakel stets als, wie es ein Teilnehmer der Deutschen Welle ausdrückte, "Jahrmarkt der Eitelkeiten". Dabei war das atmosphärische Umfeld diesmal besonders günstig, und zwar nicht nur hinsichtlich des Schulterschlusses beim Irak-Thema, sondern auch in bezug auf die Tatsache, daß St. Petersburg 2003 seine Gründung vor 300 Jahren feiert.

Hier gäbe es reichlich Gelegenheit, an die bedeutende Rolle deutscher Fachleute (Baumeister, Ärzte, Militärs usw.) und Siedler beim Entstehen und Aufblühen der buchstäblich im Sumpf errichteten einstigen russischen Hauptstadt zu erinnern. Bei der Gründung 1703 war sogar ein Drittel der Bewohner deutsch. Noch heute ist Deutschland größter ausländischer Handelspartner der 4,6-Millionen-Einwohner-Stadt an der Newa.

Eingedenk dieser Tatsachen mutet es befremdlich an, daß die als EU-Beitrag zum Festjahr geplante "Europäische Route" (diese verbindet 15 zentral gelegene Objekte mit engem historischen Bezug zu einem der heutigen EU-Mitglieder) nur in russischer und englischer Sprache beschriftet sein soll.

Von mehr Geschichts- und Kulturbewußtsein zeugen die vom Land Brandenburg vorgebrachte Idee, die Traditionsgarde der "Langen Kerls" (die dem preußischen "Soldatenkönig" ursprünglich von Peter d. Gr. geschenkt worden war) an den Feiern teilnehmen zu lassen, oder die Initiative der Partnerstadt Hamburg, einen Jubiläumsstadtführer beider Metropolen in russischer und deutscher Sprache zu erstellen. Martin Schmidt
 
     
     
 
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