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Aus bundespolitischen Gründen stürzten SPD und FDP vor 50 Jahren im Düsseldorfer Landtag den populären Ministerpräsidenten Nordrhein-Westfalens Karl Arnold und drängten so die CDU in die Opposition. Es begann der Probelauf einer sozialliberalen Koalition, die dann ab 1969 für viele Jahre die Geschicke der Bundesrepublik Deutschland bestimmen sollte. Im Landtagswahlkampf des Sommers 1958 war der Ex-Ministerpräsident Arnold ständig unterwegs, sprach Abend für Abend in den Städten seines Bundeslandes. Den Strapazen dieses Wahlkampfes war der 57jährige Politiker nicht mehr gewachsen. Nach einer Kundgebung starb er am Abend des 29. Juli 1958, eine Woche vor der Landtagswahl. Die CDU profitierte vom Arnold-Bonus und errang in dieser Wahl die absolute Mehrheit im neuen Landtag.
Was vor 50 Jahren geschah, hatte auch eine gesamtdeutsche Dimension, die heute weithin in Vergessenheit geraten ist. Der in Schwaben geborene, aus der christlichen Gewerkschaftsarbeit kommende Karl Arnold hatte ein Nationalbewußtsein, das sich aus Traditionen des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation speiste, aber auch das Bismarck-Reich positiv einordnete und jede "rheinbündlerische" Verengung mied. Während viele in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts schon nicht mehr vom "Reich" sprachen, benutzte Arnold noch bis zu seinem plötzlichen Tod diesen Terminus in den Kundgebungen. Ganz offensichtlich war ihm die Reichseinheit eine Herzensangelegenheit.
Nordrhein-Westfalen hatte damals in seiner Bevölkerung einen hohen Anteil an Heimatvertriebenen und Flüchtlingen. Wenn Arnold sich für deren Belange einsetzte, so hatte das durchaus auch wahltaktische Gründe, aber es entsprach eben auch dem betont deutschen Empfinden dieses Politikers. Nach seiner Auffassung war den Heimatvertriebenen "ungeheuerliches Unrecht angetan worden". Am 11. August 1949 sprach er in diesem Zusammenhang von einer "ungeheuren Barbarei" und betonte: "Königsberg, dessen möge man sich im Kreml sicher sein, wird im deutschen Bewußtsein immer Königsberg bleiben und niemals Kaliningrad werden."
Breiten Raum nahm das Vertriebenenproblem in Arnolds Festrede beim Internationalen Kolpingtag 1949 in Köln ein. Hier wandte er sich gegen den falschen Gebrauch des Wortes "Ostzone" und stellte klar: "Ostzone ist das Gebiet jenseits von Oder und Neiße." Unter starkem Beifall rief er aus: "Ich weiß, wie sehr der Schlesier, der Pommer, der Danziger und der Ostpreuße an seiner angestammten Heimat hängt, die durch Jahrhunderte lange Arbeit seiner Vorfahren der europäischen Geistesart erschlossen worden ist ... Das deutsche Volk wird die deutschen Gebiete jenseits von Oder und Neiße nicht freigeben." Arnold wollte aber ausschließen, "daß der Streit um das Land wiederum zu einer blutigen Auseinandersetzung führt", und er wollte auch keinem "Nationalhaß" das Wort reden. Was er dann andeutete, lief auf ein Zusammenleben von Polen und Deutschen hinaus in Provinzen, deren Verwaltung wieder deutsch sein würde: "Die Ostgebiete unseres deutschen Vaterlandes sind, wie jeder weiß, der die Verhältnisse einigermaßen kennt, nur sehr oberflächlich und unorganisch von neuen Siedlern polnischer Abstammung unter den Pflug genommen worden. Sollte sich nicht eine Lösung finden lassen, die eine echte Wiederbesiedlung dieses Bodens ermöglicht, ohne daß wiederum Millionen Menschen unglücklich gemacht werden?"
Als 1990 im Zuge der Wiedervereinigung die Frage der deutschen Ostgebiete einer Entscheidung zugeführt wurde, kommentierte Kanzler Kohl die Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze mit der Bemerkung, er sei stolz darauf‚ den Deutschen Bundestag zu dieser Entscheidung gebracht zu haben. Hätte Arnold zu diesem Zeitpunkt noch gelebt, wäre es höchst reizvoll gewesen, zu erfahren, was er dazu zu sagen gehabt hätte.
Karl Arnold folgte eine Koalition aus SPD und FDP
Karl Arnold: Als Ministerpräsident von NRW |
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