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Regierung

 
     
 
Lächerlich und skandalös
Trittbrettfahrer der westlichen Kritik
Von Martin Schmidt

Nicht nur in Belgien oder Frankreich bedarf die heftige Kritik an der Regierungsbeteiligung der Freiheitlichen in Österreich noch anderer Erklärungen als die der politischen Gegnerschaft. Zweifellos spielte die Einflußnahme der USA in allen 14 EU-Mitgliedsstaaten eine große Rolle und bereitete den Boden dafür, daß es zum vorläufigen Abbruch der politischen Beziehungen zur Alpenrepublik
kommen konnte.

Teilweise bot der zum internationalen Skandal aufgebauschte Regierungswechsel aber auch die Möglichkeit, von eigenen Staatsaffären abzulenken und den Beifall der sogenannten "Weltöffentlichkeit" zu ernten.

Wenn sich zudem verschiedene führende Politiker Ostmitteleuropas in die Riege der FPÖ-Kritiker einreihten, dann nicht zuletzt aus einem anderen, ähnlich durchsichtigen Motiv: Man will dem Westen in Sachen politischer Korrektheit in nichts nachstehen und Pluspunkte für die eigenen EU-Ambitionen sammeln.

Besonders empört gab sich der tschechische Präsident Vaclav Havel, der der FPÖ vorwarf, sie hätte "nicht nur antieuropäische Einstellungen gezeigt", sondern auch "die Grundprinzipien geleugnet, auf denen die EU aufgebaut ist, namentlich die Demokratie und die Achtung der Menschenrechte".

Der polnische Ministerpräsident Jerzy Buzek übte sich in Geschichtsphilosophie. Polens "tragische Erfahrungen im 20. Jahrhundert" hätten sein Land "sehr sensibel gegenüber extremistischen Sichtweisen" gemacht, so Buzek.

Auch der rumänische Außenminister Petre Roman trat am 31. Januar mit einer einschlägigen Bemerkung ins Rampenlicht. Während eines Frankreich-Besuchs behauptete er, Haider biete nur "demagogische und populistische Lösungen an".

Etwas moderater fielen die Äußerungen des tschechischen Außenministers Jan Kavan aus, der zwar prinzipielles "Verständnis" für die Sanktionen der EU signalisierte, aber zunächst die weitere Gestaltung der österreichischen Außenpolitik abwarten will. Ähnlich kommentierte der stellvertretende slowakische Ministerpräsident Pavol Hamzik die Lage. Es sei "zu früh, um irgendwelche Konsequenzen zu ziehen", hieß es aus Preßburg.

Andererseits gibt es sehr wohl etliche Stimmen, die sich gegen die massiven Einmischungsversuche Brüssels, Washingtons und Tel Avivs in die österreichische Innenpolitik wenden. Mit dem Unterschied, daß die "Weltöffentlichkeit" diese allenfalls beiläufig erwähnt.

Der Vorsitzende der Demokratischen Bürgerpartei (ODS), Vaclav Klaus, hat nach Angaben der Zeitung "Lidove noviny" vom 4. Februar einen Brief an die Österreichische Volkspartei geschickt, in dem er die Entscheidung für eine Koalition mit der FPÖ unterstützt. Zwar sei Haider keiner, mit dem seine Partei besonders sympathisiere, erklärte Klaus in einem Interview, aber ihn mit Hitler zu vergleichen sei "lächerlich und skandalös".

Ähnlich wie der ODS-Vorsitzende zeigt sich auch die Kommunistische Partei Böhmens und Mährens empört über die massive Einmischung in die inneren Angelegenheiten des südlichen Nachbarn. Deren Abgeordneter Jaromir Kohlicek verglich die Politik Brüssels mit derjenigen Moskaus während des "Prager Frühlings" 1968.

Besondere Freude bei der neuen österreichischen Regierung dürften die Kommentare führender ungarischer Politiker ausgelöst haben. Von einer Teilnahme an den Sanktionen der EU wolle man in Budapest nichts wissen, bekannte Außenminister Martonyi. Ministerpräsident Viktor Orban zeigte sich "überrascht" von der Einstellung der EU, die Grenzen gesetzt habe, die "mit dem freien Willen eines Teils der österreichischen Bürger unvereinbar sind".

Was die nachvollziehbaren Sorgen mancher ostmitteleuropäischer Politiker angesichts der (ebenfalls verständlichen) Skepsis der FPÖ in der Osterweiterungsfrage angeht, so dürfte die auf Wunsch Bundespräsident Klestils dem Regierungsprogramm vorangestellte Deklaration "Verantwortung für Österreich – Zukunft im Herzen Europas" bereits zu einer Beruhigung geführt haben.

Und wenn Kritik aus dem Osten doch zu anmaßend werden sollte, besitzt das EU-Mitglied Österreich gegenüber den EU-Anwärtern das Druckmittel eines möglichen Vetos gegen deren Beitritt.

Doch eine Konfrontation mit den ostmitteleuropäischen Ländern ist wenig wahrscheinlich, zumal Jörg Haiders Bekenntnis zum "Europa der Vaterländer" gerade dort auf Zustimmung stößt. Gleiches gilt für seine Warnungen vor einem bürgerfernen EU-Zentralismus und der Ablehnung von Bestrebungen, das bisherige Einstimmigkeitsprinzip zugunsten von Mehrheitsentscheidungen aufzuheben.

So können die Freiheitlichen mittelfristig hoffen, daß so manche Spitzenpolitiker aus Ungarn, der Slowakei, Polen oder dem Baltikum die Mächtigen in Brüssel zur Mäßigung anhalten werden. Schließlich ist man an einer möglichst ungestörten Fortsetzung der Beitrittsverhandlungen interessiert. Eine Ausgrenzung Österreichs kann da nur schädlich sein.

 
     
     
 
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