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Wenn im Jahre 2002 in Dänemark Wahlen zum nationalen Parlament, dem Folketing, stattfinden, dann wird die Ausländerdebatte das alles überschattende Wahlkampfthema sein. Schon jetzt prescht nicht nur die für ihre kritische Position gegen-über der Einwanderung bekannte Dansk Folkeparti vor, sondern ebenso die Liberalen. Der Vorsitzende der liberalen Venstre-Partei, Anders Fogh Rasmussen, forderte auf dem Parteitag in Odense eine neue Ausländerpolitik , „die in Übereinstimmung mit der breiten Mehrheit der dänischen Bevölkerung steht“. Immerhin habe jedes achte Neugeborene in Dänemark eine Mutter mit ausländischer Herkunft. In Kindergärten und Schulen würden dänische Kinder in die Minderheit geraten. Nicht einmal die Hälfte der nach Dänemark zugewanderten Ausländer habe Arbeit.
Der Europa-Abgeordnete von Dansk Folkeparti, Mogens Camre, schlägt noch schärfere Töne an. Unter dem Beifall der 700 Delegierten forderte er auf dem Parteitag angesichts der vor allem moslemischen Einwanderer nach Dänemark: „Es gibt nur eine Antwort: Repatriierung - sofort!“ Denn, so begründet er es, die Moslems in Dänemark seien „eine fünfte Kolonne. Alle westlichen Länder sind von Moslems infiltriert. Der Feind kommt von innen. Mit gewöhnlichen Mitteln läßt er sich nicht bekämpfen.“ Nach den Worten des Europa-Abgeordneten strebt der Islam die Weltherrschaft an. Weiter Camre: „Es geht um einen Kampf um das Überleben unserer Kultur, und es gibt keine andere Verteidigung, als den Feind mitten unter uns zu eliminieren. In unserem Land darf niemals eine Moschee gebaut werden!“
Die anderen Parteien werfen sowohl den Liberalen als auch der Folkeparti vor, sie würden dem Wähler nach dem Mund reden. Und tatsächlich klettern die Stimmenzahlen für die Folkeparti seit den Anschlägen auf New York von Tag zu Tag. Stimmten der Partei im August noch nur 9,5 Prozent der dänischen Wähler zu, waren es im September bereits 11,5 Prozent.
Die Sozialdemokraten sind es, die den kritischen Tönen zur Zuwanderung widersprechen. Dabei mischt sich auch die deutsche Sozialdemokratie ein, indem der SPD-Fraktionsvorsitzende im schleswig-holsteinischen Landtag, Lothar Hay, verlautbart: „Was aus Dänemark berichtet wird, ist erschreckend.“ Er halte jedoch solche Äußerungen auch in Deutschland für möglich, ja, er glaube, daß sie unter der Hand bereits verbreitet würden. Und er verwies außerdem darauf, daß nicht nur die Rechtsparteien kritisch gegenüber Einwanderung sind, sondern daß auch die sozialdemokratische dänische Innenministerin Karin Jespersen gefordert habe, kriminelle Asylbewerber auf eine unbewohnte Insel zu deportieren.
Der Möbelgigant IKEA will seine Personalpolitik von dänischen Traditionen säubern, um Mitarbeitern, die nichtdänischer Herkunft sind, nicht zu nahe zu treten. Weil es unter den IKEA- Mitarbeitern drei bis fünf Prozent Ausländer gibt, darf es in Zukunft keine Weihnachtsferien bei IKEA geben, so die Anordnung der Geschäftsführung. Nun sind jene Weihnachtsferien, in Dänemark Julefrokost genannt, ein integraler Bestandteil der dänischen Identität. Jede Gruppe, von der Familie über Vereine und Firmenbelegschaften bis zu den Studenten der Universitäten, lädt in den Vorweihnachtstagen zu der Julefrokost ein, die nicht nur dazu dient, erhebliche Mengen Bier und Schnaps zu konsumieren, sondern auch um dem berühmten reichhaltigen dänischen Büffet zuzusprechen. Dort geht es dann so recht hyggelig (Ausdruck der typisch dänischen Gemütlichkeit) zu, und jeder Däne fühlt sich in der großen dänischen Gemeinschaft geborgen. Das soll nun nach den Absichten der IKEA-Geschäftsleitung fortfallen, was ein großes Erschrecken in unserem nördlichen Nachbarland hervorgerufen hat.
Wenn die bürgerlichen Parteien im nächsten Jahr die jetzige von Linksparteien gebildete Regierung ablösen wollen, dann muß es im bürgerlichen Lager eine gewisse Übereinstimmung vor allem in der Ausländerpolitik geben. Schon jetzt sind die Kon- servativen und die Christliche Volkspartei, die sich bisher bei der Kritik an der Einwanderungspolitik zurückgehalten haben, auf dem Weg zum Kurswechsel. Beide Parteien erklärten, daß sie trotz der scharfen Äußerungen von Liberalen und Folkeparti daran festhalten, gemeinsam mit ihnen die neue Regierung zu bilden. Dr. Hübner
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