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Es wurde zum größten Museum für deutsche Kunst und Kultur in der Bundesrepublik Deutschland: das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg. In diesen Wochen und Monaten nun feiert das ehrwürdige Haus in der Kartäusergasse sein 150jähriges Bestehen. "Ohne Mäzene, Schenker und Stifter wäre es weder zur Gründung der Institution im Jahr 1852 noch zu dem reichen und vielfältigen Bestand an rund 1,2 Millionen Objekten in 150 Jahren Museumsgeschichte gekommen", betont Direktor G. Ulrich Großmann in einer zur Jubiläumsausstellung erschienenen Schrift aus der Reihe "Kulturgeschichtliche Spaziergänge im Germanischen Nationalmuseum" , Band 5: Mä-zene, Schenker, Stifter - Das Germanische Nationalmuseum und seine Sammlungen (176 Seiten, zahlr. Abb., geb., 12,50 E). Die Schrift dokumentiert anschaulich die historische Entwicklung des Stiftungswesens vom Mittelalter bis zur Gegenwart und erläutert die Stationen vom Einzug der Objekte in das Museum bis hin zur endgültigen Präsentation, die ohne Mäzene, Schenker und Stifter nicht möglich wäre.
Diesen kunstsinnigen Männern und Frauen ist denn auch diese Ausstellung gewidmet, die noch bis zum 12. Mai zu sehen sein wird (Öffnungszeiten: dienstags bis sonntags 10 bis 17 Uhr, ab Mai 10 bis 18 Uhr, mittwochs 10 bis 21 Uhr, mittwochs ab 18 Uhr freier Eintritt, sonst 4 E). "Ihr ideelles und materielles Engagement ist einst wie heute eine der Grundlagen für den Auf- und Ausbau des Museums und seiner kunst- und kulturgeschichtlichen Sammlungen", so Großmann. "Die Sammelleidenschaft engagierter Bürger und die Überlassung des Gesammelten sowie die großzügige Förderung bei der Vermehrung des Museumsbestandes durch kunstsinnige Einzelpersonen, Gruppen - allen voran der Förderkreis des Germanischen Nationalmuseums - und verschiedene Kulturstiftungen" machten das Haus zu dem was es heute ist.
Die Ausstellung zeigt die unterschiedlichen Formen der Zuwendung seit der Gründung bis zur Gegenwart, aber auch einen Querschnitt durch die Sammlungsgebiete. Musikinstrumente, Möbel, mittelalterliche Bildteppiche, Bücher, Handschriften, Drucke, Trachten, vorzeitliche Artefakte, Münzen, Skulpturen, Gemälde, Graphiken, Gemälde, Waffen und auch Silbergerät gehören zum Bestand des Hauses. Neben den etwa 70 Exponaten werden auch erst kürzlich eingetroffene Jubiläumsgeschenke gezeigt, so ein äußerst seltener Kupferstich von Veit Stoß. Die in sechs Abteilungen gegliederte Ausstellung widmet sich dem bürgerlichen Mäzenatentum im 19. und 20. Jahrhundert ebenso wie einzelnen Spenden von Privatsammlern, Künstlergeschenken und -nachlässen.
Sieht man genau hin, dann entdeckt man, daß das Germanische Nationalmuseum weit mehr ist als ein Museum. Neben den einzelnen Sammlungsabteilungen unterhält es das Historische Archiv, das Archiv für bildende Kunst, das Münzkabinett, das Glockenarchiv, die Graphische Sammlung, ein eigenes Institut für Kunsttechnik und Konservierung und seit 1854 einen eigenen Verlag. Seine wissenschaftliche Spezialbibliothek (auch für Besucher zugänglich) ist mit mehr als 500 000 Bänden zur europäischen Kunst- und Kulturgeschichte die größte kulturgeschichtliche Bibliothek in Deutschland.
In der Graphischen Sammlung findet man eine Reihe bedeutender Künstlergeschenke, darunter Arbeiten von Max Liebermann, Max Slevogt und Lovis Corinth (eine radierte Aktstudie aus dem Jahr 1912) oder auch von Käthe Kollwitz (Radierung "Carmagnole" aus dem Jahr 1913), Wassily Kandinsky oder Egon Schiele. Das Archiv für Bildende Kunst beherbergt schriftliche Materialien aus allen Bereichen der bildenden Kunst, darunter auch Künstler-Nachlässe wie den schriftlichen Nachlaß von Lovis Corinth. 1964 durch den aus Danzig-Neuteich stammenden Generaldirektor des Museums, Erich Steingräber (Amtszeit 1962-1969), ins Leben gerufen, umfaßt das Archiv heute mehr als 1200 einzelne Bestände. - "Archive sind Bewahranstalten - das aber nur in erster Linie", so Claus Pese in dem Begleitband zur Ausstellung. "Geschehenes ist ein Stück Kultur und erhaltenswert. Schriftliche Nachlässe und künstlerische Nachlässe sind Dokumente zu Leben und Werk. Nur das Werk sehen zu wollen, ist einseitig. Ein Kunstwerk ist das Werk eines Künstlers, und ein Künstler ist ein Mensch, der die Kunst zu seinem Lebensinhalt gemacht hat. Nur wer beides sieht, das Sein und das Gewordensein, wird die Botschaft entschlüsseln können, die in einem jeden Kunstwerk verschlossen liegt. Das Archiv für bildende Künste bietet hierzu den Schlüssel."
Ein Besuch im Germanischen Nationalmuseum lohnt sich allemal, sind dort doch auch Exponate in den Schausammlungen zu finden, die aus Ost- und Westpreußen stammen oder von Künstlern geschaffen wurden, deren Wiege dort einst stand. Gemälde wie das des Königsbergers Michael Willmann (1630-1706), der 1667 für das Kloster Leubus die "Landschaft mit Zisterzien-sermönchen" schuf oder das Porträt seiner Frau Charlotte, das Lovis Corinth 1912 malte. Ein Teppich, der 1768 in Sudauen/Masuren geknüpft wurde, ein Jagdhut aus dem dritten Viertel des 16. Jahrhunderts, der einst im Besitz der Fürsten Dohna war (bis 1945), ein Kabinettschrank, mit Bernstein inkrustiert, vom Anfang des 18. Jahrhunderts, eine innen vergoldete silberne Deckelterrine, geschaffen 1763 von Meister Johann Kownatzky in Tilsit, eine Gedenkmedaille auf den Frieden von Danzig-Oliva, 1660 von Johann Höhn geschaffen - sie alle zeigen auch die Vielfalt der Sammlungstätigkeit des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg. Si |
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