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Schmelzt ihn ein

 
     
 
Er war der erste, der 1881 auf einer Expedition Äquatorial-Afrika von der angolanischen Westküste bis zur Ostküste durchquerte, um die Tier- und Pflanzenwelt, die eingeborene Bevölkerung, Flußläufe und Gebirge zu erforschen. Als der eigentlich vorgesehene Leiter, der Afrika-Forscher Paul Rogge, bald nach dem Aufbruch erkrankte, führte er, der 28 Jahre alte Leutnant aus dem Infanterieregiment 90 aus Rostock, Hermann Wißmann, die Forschungsarbeiten alleine durch. Er hatte sich durch Studien an der Universität dazu qualifiziert. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland wurde er vom belgischen König eingeladen, in seinem Auftrag weitere Forschungsreisen durch Zentralafrika zu unternehmen. Er durchquerte 1883 bis 1885 den Erdteil vom Kongo bis zur Sambesi-Mündung, um nach seiner Rückkehr wissenschaftliche Schriften über die Ergebnisse seiner Forschungen zu veröffentlichen. Bald galt er international
als einer der bedeutendsten Afrikaforscher. Heute wird Hermann Wißmann von der linksaußen agitierenden Zeitung "taz" als "Kolonialverbrecher" beschimpft, dessen Denkmal man am liebsten einschmelzen würde.

Der Grund für neuerliche Aufregungen über Wißmann (seit 1880 Hermann von Wißmann) ist die Aktion einer weithin unbekannten finnischen, in Hamburg lebenden Künstlerin namens Jokinen, die in Abstimmung mit der Hamburger Kulturbehörde eine seit über 30 Jahren in einem staatlichen Magazin lagernde Wißmann-Statue an den Hamburger Landungsbrücken wieder aufstellte und die vorbeiflanierenden Passanten aufforderte, über Internet ihre Meinung kundzutun: Soll das Wißmann-Denkmal wieder einen prominenten Platz in Hamburg erhalten, oder soll es verschwinden?

Nach einem Jahr war das Ergebnis nicht mehr zu verschweigen, obgleich es für die Agitatoren überaus peinlich war. 95 Prozent der 5679 Teilnehmer der Umfrage stimmten dafür, den bronzenen Wißmann wieder öffentlich in Hamburg aufzustellen.

Das hatten offensichtlich die Initiatoren nicht erwartet. Um ein wieder errichtetes Wißmann-Denkmal möglichst fernab der Öffentlichkeit unterzubringen, wo es kein Tourist und auch kaum ein Hamburger sieht, verlangen sie, es solle als Denkmal "an den Pranger" gestellt werden, und zwar auf einer vom Stadtzentrum weit entfernten Insel im Stadtteil Harburg. Und ihre Gesinnungsgenossin, die finnische Künstlerin, stimmt ein: Sie will das Denkmal zum Gegenstand "einer künstlerischen Dekonstruktion" machen, was immer das sein soll, so daß "die lebenden Körper der Besucher in Interaktion treten mit dem Denkmalkörper".

Nachdem Wißmann sich in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts einen Namen als Afrika-Forscher gemacht hatte, unter anderem durch die Veröffentlichung der Bücher "Im Inneren Afrikas", "Die Erforschung des Kasai", "Unter deutscher Flagge quer durch Afrika von West nach Ost", "Meine zweite Durchquerung Äquatorialafrikas und Afrika - Schilderung und Ratschläge", wurde er von der Reichsregierung beauftragt, eine Söldnertruppe aufzustellen, um die "Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft" zu schützen, die mit Häuptlingen in Ostafrika Schutzverträge abgeschlossen und von ihnen Gebiete aufgekauft hatte. 1887 schloß der Sultan von Sansibar einen Zoll- und Küstenvertrag mit Großbritannien und dem Deutschen Reich, in dem beiden Ländern Rechte im Küstenstreifen eingeräumt wurden gegen Zahlung jährlicher Abgaben an den Sultan. Als sich dagegen die arabisch-suahelische Oberschicht wehrte, die befürchtete, daß die Deutschen ihren Sklaven- und Elfenbeinhandel unterbinden würden, beauftragte die Reichsregierung den Oberleutnant Wissmann, eine Söldnertruppe aufzustellen, um das Land zu befrieden. Unter der Führung von 21 deutschen Offizieren, Ärzten und Beamten sowie 40 Unteroffizieren schlug die Truppe, bestehend aus Somali, Zulu und Sudanesen, den Aufstand rasch nieder. Wißmann wurde zum Reichskommissar ernannt. Bevor Ostafrika offiziell deutsches Schutzgebiet wurde, kehrte er nach Deutschland heim, wurde aber schon bald nach Afrika zurückgerufen, um Gouverneur der deutschen Kolonie zu werden. Aber schon Ende 1896 mußte er aus gesundheitlichen Gründen sein Amt aufgeben. Er kehrte nach Deutschland zurück.

Im ehemaligen Deutsch-Ostafrika, heute Tansania, gilt Wissmann noch immer als Begründer der Naturschutzgebiete. Ihm ging es besonders um den Schutz von Elefanten, Nashörnern und Flußpferden, deren Bestände bereits damals gefährdet waren. Dafür erhielt er vom deutschen Kaiser den Kronenorden. 1905 starb Wissmann an den Folgen eines Jagdunfalls in seinem Haus in der Steiermark. Er liegt auf dem Melatenfriedhof in Köln begraben.

Seinerzeit wurde ihm in Daressalam, der Hauptstadt Deutsch-Ostafrikas, das Denkmal errichtet, um das es bei der jetzigen Dis-kussion geht. Als nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg Deutschland seine Kolonien abgeben mußte, die dann in englischen Besitz kamen, stellten die Briten das Denkmal der damaligen Reichsregierung zur Verfügung, die es im Garten der Hamburger Universität aufstellen ließ. Dort stand Hermann von Wißmann, 2,60 Meter hoch, auf einem 2,20 Meter hohen Sockel, zu seinen Füßen ein Askari (das ist ein eingeborener Soldat und nicht - wie unbedarfte Redakteure meinen - der Angehörige eines bestimmten Stammes), der die deutsche Flagge über einen toten afrikanischen Löwen senkt. 1943 wurde er von einer britischen Fliegerbombe vom Sockel gestoßen, nach dem Kriege wieder aufgerichtet, bis die 68er, die jede deutsche Tradition und jede deutsche Erinnerung zerstören wollten, das Denkmal beschmierten, beschädigten und schließlich wieder vom Sockel stürzten. Ohne Gegenwehr ließ die Hamburger Obrigkeit das Denkmal in einem Magazin verschwinden, bis es vor einem Jahr seine befristete Wiederauferstehung erlebte. Die vollmundige Ankündigung, die Bevölkerung könne entscheiden, was mit dem Ehrenmal geschehen soll, müßte in die Tat umgesetzt werden, doch drücken sich jetzt die damaligen Initiatoren, zu ihrem Wort zu stehen. Wißmann gehört dort wieder hin, wo ihn Linksradikale gestürzt haben: in den Garten der Hamburger Universität.

Und das hat der damalige Afrikaforscher und Kolonialpolitiker durchaus verdient, muten doch seine Auffassungen modern an. So, wenn er geschrieben hat: "Man soll die Religion, Sitten und Gebräuche der Afrikaner strengstens respektieren, so weit dieses angeht - besonders bei den Mohammedanern -, damit man nicht das Gefühl der Anhänglichkeit durch das Bewußtsein eines Glaubens- und Rassenunterschiedes stört." Und auch der heutige Kolonialhistoriker Prof. Horst Gründer bestätigt Wißmann, daß er der deutsche Wissenschaftler war, der einen "beachtlichen Beitrag" zur Erforschung des schwarzen Kontinents geliefert hat. Er kommt auch zu dem Schluß, daß die deutsche Kolonialverwaltung keine grundlegenden Unterschiede zu den Verwaltungssystemen anderer Kolonialmächte gezeigt habe. Sie "war nicht autoritärer als die französische oder belgische Regierungsweise, mit der Ausnahme, daß sich im Vergleich mit Frankreich und Portugal die Deutschen wie die Engländer nie um politische Assimilation der Kolonialuntertanen bemühten". Er sieht die damalige deutsche Kolonialpolitik als eine "von außen aufgezwungene Entwicklungspolitik", die die Voraussetzungen für den späteren Emanzipationsprozeß der Völker Afrikas schuf.

Umstritten: Wißmann-Statue in Hamburg
 
     
     
 
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