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Unfreiwillig an der Spitze

 
     
 
Heinrich Reuß v. Plauen wurde nach dem Tod Ludwig v. Erlichshausens als Statthalter eingesetzt. Der überaus tatkräftige Ordensgebietiger wollte aber nicht Hochmeister werden, weil er es ablehnte, dem König von Polen den geforderten Treueeid zu leisten. Er beschwor die Landmeister und Gebietiger, von seiner Wahl abzusehen. Dennoch wählte ihn das Generalkapitel offensichtlich wegen seiner Führungsqualitäten am 15. Oktober 1469 nach fast zweijähriger Statthalterschaft zum neuen Hochmeister.

Es ist deshalb kaum anzunehmen, daß die von verschiedenen Seiten aufgestellte Behauptung, daß er weder lesen noch schreiben konnte, zutraf. Dagegen spricht auch seine lange Tätigkeit in den Ämtern als Großgebietiger.

Er gehörte zum großen vogtländischen Geschlecht der Vögte und Herren von Plauen, und zwar der jüngeren Linie, die zu Ehren einer Ahnin, einer russischen Prinzessin, den Beinamen Reuß (Ruthenius) angenommen hatte. Der vormalige Hochmeister Heinrich v. Plauen, der von 1410 bis 1413 amtiert hatte, gehörte dagegen der älteren Linie an. Einem gleichnamigen Verwandten wurde um die Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert das Kammeramt Preußisch Eylau auf Lebenszeit
übertragen.

Der neue Hochmeister hatte einen langen aktiven Einsatz in unterschiedlichen Ämtern hinter sich. Er war Komtur von Balga, Elbing und Mohrungen gewesen und hatte dann die Großgebietigerstellen als Treßler, Spittler, Marschall und Großkomtur innegehabt.

Besonders groß waren seine militärischen Leistungen. Im Februar 1454 verteidigte er die Burg Pr. Holland, die aber wegen der Übermacht der Gegner nur kurzzeitig zu halten war. Danach ging er nach Marienburg und verteidigte dort die Burg gegen die vereinigten Aufständischen, Danziger und Polen.

Dabei gelang ihm ein großer Sieg über den Polenkönig, als er mit seinem Heer einer großen deutschen Söldnertruppe bis Konitz entgegenzog und die Polen ihm folgten. Er konnte das polnische Heer zwischen sich und die Söldner ziehen und sodann von hinten angreifen. Das überlegene Polenheer wurde völlig versprengt und floh samt dem König.

Die polnischen Verluste waren so groß, daß die Belagerung von Marienburg aufgegeben werden mußte. Dennoch fiel die Marienburg im Jahr 1457 durch Verrat tschechischer Söldner dem Polenkönig in die Hände. Nur die Stadt Marienburg konnte sich noch bis 1460 dank der vereinten Führung durch Heinrich Reuß v. Plauen und den tapferen Bürgermeister Blume halten, bis sie sich schließlich ausgehungert der Übermacht ergeben mußte.

Der Hochmeister nahm seinen Sitz in Mohrungen. Er betrieb die Reorganisation des Ordens und verhandelte mit den Bündischen und mit dem als polnischer Gouverneur eingesetzten Stibor v. Baysen. Durch Soldzahlungen an die Söldnerführer gelang ihm die Rückgewinnung einer Reihe von verpfändeten Orten.

Als er schließlich doch zur Eidesleistung vor dem König von Polen gezwungen wurde, empfand er das als unerträgliche Schmach. Das setzte ihm auf der beschwerlichen winterlichen Rückreise derart zu, daß er einen Schlaganfall erlitt.

Hochmeister Heinrich Reuß v. Plauen starb nach nicht ganz dreijähriger Amtszeit am 1. Februar 1470 in Mohrungen. Sein Grab fand er im Dom von Königsberg.

F. Borchert
 
     
     
 
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