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Ungleiche Vertreibungs-Opfer

 
     
 
Nach dem diesjährigen Sudetendeutschen Tag vom 21.-23. Mai gab es in den tschechischen Medien einen Aufschrei de Entrüstung: Wie konnten es sich Politiker wie Franz Neubauer oder sogar der bayerisch Ministerpräsident Stoiber erlauben, die Vertreibung der Sudetendeutschen mit de jüngsten Ereignissen im Kosovo zu vergleichen.

Dabei ist dieser Vergleich für die damaligen Vertreiber in Mittel- und Osteuropa seh gnädig, ja fast schmeichelhaft. Eine unbestrittene Tatsache ist, daß alle Vertreibunge ein eklatanter Verstoß gegen die Menschenrechte
sind. Auch wenn sie nicht – was fas immer der Fall ist – von Massenmorden begleitet wären, müßte man sie als schwere Verbrechen qualifizieren. Dennoch ist an die Adresse von deutschen Vertriebenen-Vertreter zu fragen, ob es wirklich angebracht ist, den mit Abstand größten Völkermord im Europ der Nachkriegszeit mit der unseligen Entwicklung im Kosovo auf eine Ebene zu stellen – Ich glaube nicht, und zwar nicht nur, weil der quantitative Umfang seh unterschiedlich ist, sondern vor allem auch die jeweilige Entstehungsgeschichte.

In den in Versailles nicht vom Reich abgetrennten ostdeutschen Gebieten existierten in der Zwischenkriegszeit wegen der klaren Bevölkerungsverhältnisse kaum ethnisch Konflikte. Und nach dem Mai 1945 bestand weder im polnischen noch im tschechischen ode ungarischen Machtbereich die Gefahr, daß sich die verbliebenen Deutschen gegen da Staatsvolk erheben würden.

Gerade in der Tschechoslowakei ga b es eine reale Chance, daß die Sudetendeutschen zu jener in der ersten Hälfte des Jahrhunderts verlorenen fruchtbaren Partnerschaft mit de Tschechen zurückkehren und sich am demokratischen Wiederaufbau des Landes beteilige könnten. Ich wage folgende Behauptung: Ohne die Massenvertreibung der deutsche Volksgruppe wäre die Tschechoslowakei im Jahre 1948 nicht unter das sowjetische Joc geraten. Es waren nach allen Greueltaten der Tschechen auch die unterdrückte Schuldgefühle, die sie dazu "zwangen", eine sowjetisch "Schirmherrschaft" zu akzeptieren. Und in anderen Staaten dieses Teils vo Europa war es ähnlich.

Im Kosovo ist die Situation dagegen eine ganz andere: Jahrzehntelang lebten dort die orthodoxen Serben und die islamischen Albaner im Rahmen des Vielvölkerstaates Jugoslawie in Frieden in ihrer beider Heimat. Letzteren erging es wirtschaftlich sogar viel besse als ihren Stammverwandten im benachbarten Albanien. Die in dieser Provinz von Belgrad in großen und ganzen praktizierte Ausgleichspolitik war fast die einzige gute Tat der sons so harten Tito-Diktatur. In den 50er und 60er Jahren konnte ich dieses relativ gut Zusammenleben auf meinen Schach-Reisen vor Ort studieren.

Es waren spätere serbische Fehler, aber eben auch der radikale Islamismus bestimmte Gruppen von Kosovo-Albanern, die mit revolutionärem Elan und Terror eine immer größe werdende Aufstandsbewegung in Gang brachten. Während einer solchen Revolution gibt e erfahrungsgemäß immer Verbrechen auf beiden Seiten der Barrikade.

Ich will kein falscher Prophet sein, aber ich fürchte, daß die westlichen Sieger mi der UCK auf Dauer sehr ernste Probleme haben werden. Schon jetzt zeigt sich, daß da unausgesprochene Programm radikaler Islamisten in den Reihen der UCK auch eine neu Vertreibung beinhaltet – die aller alteingessenen Serben.

Daß es im Kosovo zu zahlreichen Exzessen von Serben an Albanern gekommen ist, steh außer Frage. Es ist in diesen Tagen aber ebenfalls zur Gewißheit geworden, daß die serbische Massenflucht längst nicht nur solche Personen einschließt, die "Dreck a Stecken" haben. Alle Serben auf dem Amselfeld haben Angst – um ihren Besitz, vo der politischen Zukunft und vor allem um ihr Leben.

Diese Angst ist sehr wohl begründet angesichts der massiven Militärpräsenz der UC und der schon jetzt bekannt gewordenen Übergriffe auf serbische Zivilisten und Geistlich sowie der Schändungen bedeutender Kulturzeugnisse.

Nach Angaben der "Neuen Zürcher Zeitung" vom 17. Juni sollen bereits 1 orthodoxe Kirchen niedergebrannt worden sein. In der Stadt Pec im Westen des Kosovo, w sich das Patriarchat der serbisch-orthodoxen Kirche befindet, sind in den vergangene Monaten nicht nur rund 50 000 Albaner von den Serben vertrieben worden. Zuletzt mußte auch etwa 20 000 Serben und Montenegriner fliehen. Die Appelle des britische KFOR-Kommandanten General Jackson sowie von Präsident Clinton an die Adresse de serbischen Zivilisten, diese sollten in ihrer Heimat bleiben und würden vor Racheakte "beschützt", wirken vor dem Hintergrund der laxen Haltung bei der Entwaffnun der UCK wie Alibi-Handlungen. Vielleicht sind es aber auch Äußerungen eines aufkommende schlechten Gewissens.

Es wird Zeit, daß die Verbrechen beider Seiten gleichermaßen benannt, verfolgt un geahndet werden. Wer jetzt serbisches Leid mit dem Hinweis auf die zurückliegende Ausschreitungen der serbischen Soldateska im Kosovo relativiert, muß sich den Vorwurf de Doppelmoral gefallen lassen.

Außerdem verteidigten maßgebliche deutsche Politiker zwar den Abwurf von 28 00 Bomben als gerechte Bestrafung der Serben, doch von den Massenmorden an den eigene Vertriebenen und deren Elend vor gut 50 Jahren wollen sie nichts wissen. Kanzler Schröde lehnt es sogar entschieden ab, in Gesprächen mit tschechischen und andere ostmitteleuropäischen Politikern die geschichtliche Wahrheit zu verteidigen un Gerechtigkeit auch für seine Landsleute einzufordern.

Ludek Pachmann erlangte als Schach-Großmeister internationale Bekanntheit. Nach de sowjetischen Okkupation der Tschechoslowakei 1968 wurde er wegen seines Widerstande inhaftiert und Ende 1972 nach Bayern abgeschoben. Seitdem hat er sich als engagierte konservativer Publizist immer wieder zu Wort gemeldet
 
     
     
 
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