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Zahltag im Gaza-Streifen

 
     
 
Die Bilder aus dem Gaza-Streifen zeigen schwere Spuren der Zerstörung - nahezu jeden Tag hatte die israelische Armee während des Libanon-Krieges Ziele auch in den palästinensischen Gebieten angegriffen.

Jetzt ist der Zahltag gekommen: Die Nothilfe im Gaza-Streifen und der Wiederaufbau im Libanon kosten Europa viel Geld. Die EU-Staaten müssen mit Milliarden
-Ausgaben rechnen, "um das Leiden des palästinensischen Volkes zu lindern", so die EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner.

Bis jetzt haben EU-Kommission und die einzelnen Mitgliedsstaaten 390 Millionen Euro aufgewendet, um das Leben im Gaza-Streifen einigermaßen in Gang halten zu können. Die EU sichert den Betrieb von 22 Krankenhäusern und mehr als 400 medizinischen Zentren in den palästinensischen Autonomiegebieten: Alle Ärzte und das gesamte medizinische Personal werden von der Europäischen Union bezahlt: insgesamt 11500 Personen. Inzwischen erhielt jeder zweite Einwohner im Gaza-Streifen EU-Sozialhilfe; das Geld geht an Menschen, die in dieser Lage selbst kaum noch Geld verdienen können, auch an Rentner oder Sozialfälle, pro Kopf 270 Euro.

Außerdem setzt die EU Millionen für die Wiederherstellung der zerstörten Wasserversorgung ein und bezahlt den Neuaufbau der Stromversorgung. 1,5 Millionen Liter Treibstoff für die Generatoren wurden geliefert.

Die EU lehnt offiziell weiter die Zusammenarbeit und Geldzahlungen an die palästinensischen Autonomiebehörden ab, die seit den letzten Parlamentswahlen von der Hamas dominiert werden; die EU stuft die Hamas als Terrororganisation ein. Die Hilfe wird über die Verbindungsbüros der einzelnen EU-Mitgliedsstaaten ausgezahlt - ob die Hamas-Ministerien tatsächlich erfolgreich umgangen werden können, bleibt offen.

Ende September, nach drei Monaten Nothilfe, müssen die EU und die anderen Drei im "Nahost-Quartett" (Rußland, USA und Uno) entscheiden, ob die palästinensischen Gebiete weiter finanziert werden sollen. EU-Außenkommissarin Ferrero-Waldner hofft, "daß es weiter geht". Der "Vorläufige Internationale Mechanismus", so die sperrige Umschreibung für das Hilfsprogramm, sei ein Beispiel für die konstruktive Rolle der EU in Nahost, meint Ferrero-Waldner. Die EU wird sich auf ein langes Engagement einstellen müssen; hochgerechnet wird die Palästina-Hilfe Milliardenhöhe erreichen.

In erster Linie hilft der "Internationale Mechanismus" Israel. Mit den Strafaktionen hatte Jerusalem die Freilassung des von Terroristen verschleppten Soldaten Gilad Schalit erzwingen wollen, bisher vergeblich. Die Militärschläge haben allerdings die katastrophale Situation im Gazastreifen und Westjordanland drastisch verschärft. Bei einem Zusammenbruch der palästinensischen Verwaltung - womit viele Beobachter immer noch rechnen - hätte Israel die öffentliche Versorgung in diesen Gebieten sicherstellen müssen, angefangen bei den Schulen, der medizinischen Betreuung bis zu Strom- und Wasserlieferungen.

Außen vor ist Israel auch bei der Sanierung der Kriegsschäden im Libanon. Die internationale Geberkonferenz hat jetzt in Stockholm 730 Millionen Euro an Hilfen zugesagt, davon 22 Millionen aus Deutschland. Den gesamten Schaden hatten Uno-Experten nach einem ersten Überblick auf "mindestens 2,5 Milliarden Euro" beziffert. Mit den Militärschlägen im Libanon an 34 Kriegstagen hatte Israel die Freilassung von zwei entführten Soldaten durchsetzen und die Hisbollah entwaffnen wollen - diese Ziele wurden nicht erreicht.

Jetzt sollen Uno-Blauhelme die Terrorgruppen der Hisbollah im Zaum halten und den Wiederaufbau des Landes unterstützen - die Hilfe kommt aber nur zögerlich in Gang. Die erste Runde im Nachkriegs-Libanon hat die Schiiten-Organisation für sich entschieden. Ausländische Journalisten beobachteten, wie Hisbollah-Freiwillige bereits die Schäden begutachten und Geld an die Opfer auszahlten - bis zu 9000 Euro für zerstörte Hauser und verlorenen Hausrat. Die Hisbollah-Spezialisten der Jihad el-binaa ("Baukampf") greifen zu, "schneller und unbürokratischer als alle staatlichen Einrichtungen", notierte ein Reporter - bei 130000 zerstörten Wohnungen und Häusern eine Aktion mit enormer propagandistischer Wirkung. Experten schätzen, daß der Iran die Entschädigungszahlungen mit gut 100 Millionen Euro unterstützt. Nicht nur von dort kommt Geld - in vielen Geschäften und öffentlichen Einrichtungen werden Spenden gesammelt, für wohlhabende Schiiten ist eine Großspende mehr als nur eine Ehrensache - sie wagen es kaum, sich zu entziehen.
 
     
     
 
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