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Zu Besuch im alten Europa

 
     
 
Sie hat noch nicht einmal ihre Pforten geöffnet, schon stehen die Kritiker auf dem Plan. Zu teuer sei diese Sonderschau, zu lange würde sie die Neue Nationalgalerie blockieren (immerhin sieben Monate), zu demonstrativ und zu eitel sei es, sie allein in Berlin zu zeigen, ohnehin wolle man nur versuchen, den Riß in den deutsch-amerikanischen Beziehungen mit Kunst zu kitten. Gemeint ist die einmalige Präsentation von Schätzen aus dem New Yorker Museum of Modern Art, kurz MoMA genannt, die in der Berliner Nationalgalerie vom 20. Februar bis 19. September zu sehen ist.

Diese Schau zeigt die Kunst der Moderne in einer Bandbreite und Qualität, wie sie in Europa bisher noch nicht zu bewundern war. In 14 Transporten reisten die Kunstwerke - Bilder und Skulpturen - von Amerika via Amsterdam und Rotterdam
nach Berlin. Ein logistisches Unternehmen, das viel Fingerspitzengefühl erforderte und zwischen acht und zehn Millionen Euro kosten soll. Ein Betrag, der einmal nicht von den Steuerzahlern aufgebracht wird, sondern vom Verein der Freunde der Nationalgalerie, unterstützt durch die Deutsche Bank AG. Der größte Teil der Kosten wird allerdings als Pacht an das MoMA gezahlt werden, und die New Yorker können eine solche Finanzspritze sicher gut gebrauchen, wird doch das Haus an der West 53rd Street derzeit für 650 Millionen Dollar erweitert. Das Bauvorhaben veranlaßte die Amerikaner auch, mit ihren Kunstwerken auf Reisen zu gehen und das alte Europa zu besuchen. Ursprünglich war geplant, die Schätze in Paris, London und Frankfurt zu zeigen. Peter Raue, Vorsitzender des Vereins der Freunde der Nationalgalerie, gelang es jedoch, Berlin als einzigen würdigen Standort einer solchen einmaligen Präsentation bei den Amerikanern durchzusetzen. Ausschlaggebend war nicht zuletzt, daß die Neue Nationalgalerie ein Bau des Architekten Mies van der Rohe ist, eines Baumeisters, der ursprünglich auch das Museum in New York errichten sollte.

Das heute 75 Jahre alte Museum of Modern Art ist aus dem Wunsch dreier einflußreicher Damen der New Yorker Gesellschaft entstanden, die, frustriert vom konservativen Geist der örtlichen Museen und getrieben von dem Wunsch, Bilder ihrer Lieblingsmaler Cézanne, Gauguin und Picasso auszustellen, ein eigenes Museum gründeten. Lillie P. Bliss, Mary Quinn und Abby Aldrich, Gattin von John D. Rockefeller jr., gelang es, ihre Vorstellungen umzusetzen, und heute ist das MoMA eines der größten Museen der Welt. Die Sammlung umfaßt mehr als 100.000 Gemälde, Skulpturen, Zeichnungen, Druckgrafiken, Fotografien, Architekturmodelle und -zeichnungen sowie Designobjekte, dazu mehr als 19.000 Filme und 140.000 Bücher, Kunstbände und Zeitschriften. Hervorragende Beispiele der weltweit größten zusammenhängenden Sammlung der Modernen Kunst des 20. Jahrhunderts, die 3.200 Meisterwerke vom späten 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart umfaßt, sind nun in Berlin zu sehen. Darunter sind Hauptwerke der europäischen Meister Cézanne, van Gogh, Matisse, Picasso, Dali, Margritte, Duchamp oder Giacometti und auch Arbeiten von Rodin, Maillol oder Modigliani. Vertreter der neuen amerikanischen Malerei wie de Kooning, Pollock, Rauschenberg, Johns oder Twombly sind ebenso mit Werken zu sehen wie die "Klassiker" Warhol oder Lichtenstein, wie Judd oder Serra. Als Beispiele der Gegenwartskunst seien Arbeiten von Artschwager oder Richter genannt. Ein umfangreiches Rahmenprogramm mit spartenübergreifenden Darbietungen begleitet diese Mammutschau. Nach langer Zeit wird die deutsche Hauptstadt, die einst vielen Künstlern der klassischen Moderne entscheidende Impulse gab, wieder im Blickpunkt der Kunstfreunde aus aller Welt stehen. Berlin glänzt wieder.
 
     
     
 
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