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Was ist besser als die CSU? Die nächste CSU. Die CSU in dem von Stoiber zum erfolgreichsten Bundesland gemachten Bayern wird sich nach den häßlichen, aber notwendigen Rivalenkämpfen der Nachfolger wieder aufrappeln und 2008 einen neuen Wahlsieg einfahren. Bayern wird weiter das Bundesland mit den wenigsten Arbeitslosen, der größten Sicherheit vor Kriminellen und dem höchsten Bildungsstandard in Deutschland bleiben. Auch dazu war der etwas schmerzhafte Abschied von Edmund Stoiber nötig. Er wurde unsanft zum Abschied gedrängt. Nicht weil seine einstigen Getreuen plötzlich boshaft, ehrgeizig und machthungrig geworden wären, sondern weil man ihm für 2008 nicht mehr einen neuen Wahlsieg von 50 Prozent plus zutraute. Es handelte sich nicht um Untreue und Undankbarkeit, sondern um das Verfallsdatum von Macht. Stoiber wußte das. Sein eher einer Grimasse ähnelndes Dauerlächeln wurde zuletzt unglaubwürdig, und sein Gesicht wirkte müde. Das war der Moment. Da ließen sie ihn fallen, zwischen morgens und Mitternacht. Niemand denke da an Cäsars Ermordung. Es war kein Verrat. Es war ein natürlicher, fast biologischer Vorgang: Jüngere und kräftigere Männchen stoßen den herrschenden Primaten, wenn er ein gewisses Maß an Schwäche zeigt, ruppig beiseite. Auf daß der Bestand der Sippschaft gesichert sei. Das gibt es nicht nur im Urwald. Bayern bleibt auf diese Weise, mit dem ohne Anstrengung fröhlichen Günther Beckstein, vorn. Er hat die besten Umfrage-Werte von allen. Man muß nicht lange fragen warum. Sein Kampf gegen die Ausländerkriminalität ist vorbildlich, sein Eintreten für deutsche Interessen bekannt. Das bewies er schon als Staatssekretär im bayrischen Innenministerium.
Nicht nur in der Frage des EU-Beitritts der Türken, also der drohenden unbeschränkten Einwanderung ausländischer Muslime, ist die CSU offen deutschfreundlich. Europäisch, weltoffen und global denkend wie BMW (oder der FC Bayern), aber mit einem erkennbaren Anteil von nationalem Selbstbewußtsein. Die Vertriebenen, in Bayern hauptsächlich Sudetendeutsche, wählen ohne Zögern vertrauensvoll die CSU.
Was bedeuten die bayrischen Zustände für Angela Merkel, die gerade die EU-Ratspräsidentschaft übernommen hat? Machtzuwachs, sagen die Kommentatoren. Eine geschwächte CSU stärke die Position von Angela Merkel als Parteivorsitzende. Ich glaube, nicht. Sie wird sich weiter als die Kanzlerin einer Großen Koalition profilieren, die im Grunde SPD-Politik macht. Sie segnet vieles ab, was im Wahlprogramm der SPD versprochen wurde. Wenig bleibt vom Wahlprogramm der Union. Nicht einmal das immer weiter heruntergestufte, lange zerredete und 1000mal allen Wünschen angepaßte "Zentrum gegen Vertreibungen" ist bisher verwirklicht worden. Die Vertriebenen blicken nicht vertrauensvoll auf die Kanzlerin. Sondern sorgenvoll.
Aber sie macht Figur. Sie wirkt von Monat zu Monat überzeugender, sicherer, selbstbewußter. Das strahlt aus. Neuerdings auch nach Europa. Nein, sie strebt nicht nach einer Führungsrolle für Deutschland, obwohl englische Blätter, die immer noch mit Deutschfeindlichkeit - oder Hetze Auflage machen, es ihr unterstellen. Das ist auch nicht ganz ernst gemeint. Die Kanzlerin eignet sich nicht für Glossen und Karikaturen über deutsches Großmachtstreben. Sie strebt nicht nach Vormacht für irgendwen, sie will eher Europas milde Mathilde sein, Moderatorin. Was heißt das? Daß sie verschiedene politische Interessengruppen moderiert, und auch, daß sie moderat ist. Das kann sie am besten. Keine Angst, liebe Polen und Franzosen, das einzige, was sie wirklich nicht machen wird, ist deutsche Politik. Sie denkt und spricht europäisch. Das einzige, was in Brüssel offiziell nicht gesprochen wird, ist Deutsch und das einzige, was dort nicht vertreten wird, sind die Interessen der Deutschen. Allenfalls Interessen deutscher Konzerne. Aber: Vertritt Angela Merkel den erklärten Willen der deutschen Bevölkerungsmehrheit gegen ungebremste muslimische Einwanderung und gegen den Wegfall des "christlichen Gottesbezugs" in der neuen Verfassung?
Zum Glück haben Volksabstimmungen in den Niederlanden und Frankreich schon 2005 die neue EU-Verfassung wegen des fehlenden "Gottesbezugs" und der Einschränkung ihrer nationalen Identität (unter anderem durch die Abschaffung des Vetos) abgelehnt. Sicher ist es kein Zufall, daß beide Völker, die eine so klare Entscheidung getroffen haben, unlösbare Probleme mit ihren muslimischen Einwanderern haben. Auch Deutschland, dessen Parlament am 12. Mai 2005 die Verfassung absegnete, gehört offiziell nicht zu den zustimmenden Staaten. Weil der CSU-Abgeordnete Peter Gauweiler beim Bundesverfassungsgericht eine Klage gegen das Zustimmungsgesetz einreichte, über die bis heute nicht entschieden ist, so daß Bundespräsident Köhler das Gesetz nicht unterzeichnete.
Angela Merkel will die europäische Einigung während ihrer EU-Rats-Präsidentschaft im nächsten halben Jahr und schon in engem Kontakt mit den beiden nächsten Rats-Präsidenten aus Portugal und Slowenien weiter voranbringen. Im Klartext bedeutet das, daß man versuchen will, die Verfassung, die die Einschränkung unserer nationalen Souveränität und den Beitritt der Türkei erleichtern könnte, noch einmal zur Diskussion zu stellen.
Ein ziemlich brisantes Vorhaben, das Angela Merkel bei ihrer Antrittsrede in Straßburg mit zarten Wortgirlanden mehr oder weniger verbarg. Es gehe um Europas Seele, führte sie aus. Den schönsten Satz sparte sie sich für den Schluß auf, er könnte von Rosamunde Pilcher sein und am Ende einer ihrer wunderbar entspannenden Schnulzen vor dem Hintergrund einer steilen Klippe in Cornwall, dem unnachahmlich grünen Gras und dem unglaublich blauen Meer aus dem Off geflüstert werden: Europa ist Toleranz.
Liebe Redeschreiber/Innen im Kanzleramt! Das war ein bißchen zu plump. Ebensogut hätten sie schreiben und öffentlich vortragen lassen können: "Freiheit ist Einsicht" oder "Unsere Liebe heißt Treue". Am besten gleich "Pfingsten ist Ostern". Die sonst eher vorsichtige Kanzlerin trug die Schnulze mit sanfter Stimme, aber vorwitzig hochgereckter Nase vor. Europa ist Toleranz. Aber kein Wort über den einzigen Herrscher, der Toleranz gegen Andersdenkende zum Regierungsprinzip gemacht hatte, Friedrich den Großen, kein Wort über die Entartung der Französischen Revolution in Terror und napoleonische Gewaltherrschaft. Statt dessen wieder einmal der deutsche Sonderweg, die Selbstbeschimpfung: "Die schlimmste Periode von Haß, Verwüstung und Vernichtung liegt noch kein Menschenleben hinter uns. Sie geschah im Namen Deutschlands." Nur Deutschlands? Alle Bücher, alle Filme von Guido Knopp über den Bombenterror der alliierten Luftflotten gegen die Zivilbevölkerung, die Vertreibung und Ermordung von Millionen Deutschen aus den Ostprovinzen vergessen? Hier wäre doch eine glänzende Gelegenheit gewesen, die Bruderhand über den Graben zu reichen. Krieg ist schlimm, Kriegsverbrechen noch schlimmer. Lernen wir daraus. Bauen wir aus souveränen, selbstbewußten Nationen ein Europa. Aber das stand nicht im Redetext.
Vielleicht mag die Kanzlerin denken, der nächste Wahlkampf ist ja noch lange hin, und dann kann man immer noch schnell verkünden, daß man schon lange mal eine Diskussion über Vaterlandsliebe führen wolle, und den Patriotismus wie ein Jackett von Brioni anlegen. Das wäre kurzsichtig und fahrlässig.
Warum erreicht die CSU in Bayern regelmäßig mehr als 50 Prozent der Wählerstimmen? Die Deutschen im Land, alle Altersstufen und Gesellschaftsschichten wollen, 60 Jahre nach dem Krieg, gerne zu den Nationen gehören, die sich fröhlich feiern und ihre Nationalhymnen ohne Scham und Verklemmtheit singen. Deutschfreundlichkeit wird man bei zukünftigen Wahlen (sie können schneller kommen als geplant) belohnen. Stimmen der konservativ lebenden und national empfindenden Menschen in Deutschland sollten nicht leichtfertig verschenkt werden. Sie werden der Union beim nächsten Urnengang gegen die rot-rot-grüne Einheitsfront fehlen. Ein Blick auf Frankreich, wo dem Rechten Le Pen bei den Präsidentschaftswahlen im ersten Wahlgang mehr als zehn Prozent zugetraut werden, sollte genügen.
Merke: In Bayern hat die NPD keine Chance. Die Linkspartei auch nicht.
Foto: Folgen auch alle? Angela Merkel mit dem Präsidenten der Europäischen Kommission, Jose Manuel Barroso (Mitte), und |
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