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War wirklich alles nur der „11. September“ und seine Folgen, was von 2001 in den Köpfen haften bleibt? Zur Zeit mag man es sich kaum anders vorstellen - angesichts des Durcheinanders in Afghanistan, der Eskalation in Nahost, düsterer Drohungen Washingtons an weitere „Schurkenstaaten“ und unheilvoller Warnungen, es könne alsbald auch in Deutschland zu islamistischen Anschlägen kommen. Das ganze Jahr scheint um jenen 11. September zu kreisen, wie das Jahr 1914 um den 28. Juni, als ein Attentäter des „Terrornetzwerks“ Schwarze Hand, gedeckt vom „Schurkenstaat“ Serbien, mit den Schüssen von Sarajewo den Ersten Weltkrieg auslöste.
Eingleisige Geschichtsbetrachtung indes, die den Blick auf einen Aspekt verengt, birgt die Gefahr, andere wichtige Weichenstellungen zu übersehen. Es lohnt sich also kurz innezuhalten und wachzurufen, was sonst noch geschah in den zurückliegenden zwölf Monaten.
Die Klon-Debatte etwa berührte einen Punkt in unserem menschlichen Selbstverständnis, der so gravierend ist, daß wir seine Tragweite vielleicht erst in Jahrzehnten völlig werden begreifen können. Fast scheint es, als sei diese Schlacht 2001 endgültig entschieden worden - zugunsten der Eigendynamik eines Fortschritts, der vor keiner ethischen Hürde haltmacht. Womöglich war diese Wegscheide weitaus gewichtiger als der „Krieg gegen den Terror“. Manches sieht aus der Ferne anders aus: Die Erfindung des Automobils 1886 war gewiß von tiefergreifender Bedeutung für die Weltgeschichte als die Erwerbung der deutschen Kolonien in Afrika um dasselbe Jahr - die Zeitgenossen hingegen haben das damals sicher andersherum gesehen.
Diverse Ereignisse, die uns vor Monaten noch in heftige Wallungen versetzten, sind jetzt schon fast vergessen. Fischer, Steine, PLO-Konferenz, ein brennender Polizist? Trittin auf der Extremisten-Demo? Richtig! Die unappetitliche Vergangenheit deutscher Spitzenpolitiker war tatsächlich Aufmacherthema der Zeitungen Anfang 2001. Doch es ging um linke „Jugendsünden“, weshalb die Sache schnell wieder von der Bildfläche verschwand. So auch die peinliche Scharping-Pool-Affäre, die vom 11. September gleichsam plattgewalzt wurde.
Anderes wird uns schnell wieder einholen. Beispielsweise der über 2001 hinaus andauernde Rechtsstreit über die Revision der skandalösen SBZ-Enteignungen. Oder die Sache mit der „Zwangsarbeiter-Entschädigung“. Beteuerungen, es herrsche - nachdem Deutschland zum soundsovielten Mal gezahlt hat - nun endlich „Rechtssicherheit“, verflogen binnen weniger Tage. Neue Forderungen nach noch mehr Geld stehen längst im Raum, begleitet von der skeptischen Frage selbst der gutmütigsten Deutschen, was da eigentlich gespielt wird.
Viele meinen die Antwort darauf in einem ebenfalls 2001 erstmals in deutscher Sprache erschienenen Buch gefunden zu haben: „Holocaust-Industrie“, verfaßt von dem amerikanischen Juden Norman Finkelstein. Dessen These, skrupellose Geschäftemacher beuteten das Leid der europäischen Juden zu ihrem Nutzen aus, schien ausgerechnet während der Deutschlandpremiere seines Buches reichlich praktische Bestätigung zu finden. Das Schicksal, genauer: die Mißachtung des Schicksals deutscher Zwangsarbeiter, trat vor diesem Hintergrund um so beschämender hervor. Ob 2002 hier endlich eine Wende verspricht?
Die schicksalhafte Kontroverse zur Masseneinwanderung hat durch den 11. September eine ganz neue Grundierung erfahren. Den Lobbyisten von Multikulti und grenzenloser Toleranz allem Fremden gegenüber hat der Realitätsschock von New York einen leichten Hieb versetzt. Bürgerkriegsszenen in England, wo schon im Sommer marodierende Moslembanden Kirchen anzündeten, ganze Stadtteile verwüsteten und Jagd auf („ungläubige“) Einheimische machten, taten ihr Übriges. Geistliche der anglikanischen Kirche werden zur Zeit auf Selbstverteidigung trainiert, um sich vor muslimischen Rollkommandos besser schützen zu können. Ein Pastor kam im November auf der Flucht vor Mohammedanern, die sein Gotteshaus in Schutt und Asche legten, nur knapp mit dem Leben davon.
Angesichts solch schauerlicher Vorfälle wollen die Deutschen vermutlich etwas genauer wissen, in was sie da hineingeritten werden. England ist uns im historischen Ablauf und im Umfang der Einwanderung von Millionen Moslems schließlich nur rund zehn Jahre voraus.
Zu guter Letzt die Wahlen: Berlin geht bitteren Zeiten entgegen. Hamburg dagegen atmet auf. Und liegt im europäischen Trend: In Italien, Norwegen und Dänemark verlor die Linke die Macht. Erst dieser Tage legten die Bürgerlichen auch bei den portugiesischen Kommunalwahlen kräftig zu. So markiert 2001 den endgültigen Abschied von den „roten 90ern“. Der Hoffnungsschimmer eines Jahres, das ansonsten als kein gutes in die Geschichtsbücher eingehen dürfte.
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