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Ein Christ ist immer im Dienst", war die erklärte Einstellung Otto Dibelius zu Christsein und Dienst. Der Preuße kam am 15. Mai 1880 als Sohn eines Geheimen Regierungsrats und einer Pfarrerstochter in Preußens Hauptstadt zur Welt. Hier studierte er bei dem wohl bekanntesten protestantischen Theologen und Kirchenhistoriker des Kaiserreichs, Adolf von Harnack, Theologie. Nach erfolgreich abgeschlossener Ausbildung trat er den Pfarrdienst an. Dieser führte ihn 1907 nach Crossen, 1910 nach Danzig, 1911 nach Lauenburg in Pommern und 1915 dann wieder in seine Geburtsstadt. Hier wurde er 1921 im Nebenamt Oberkonsistorialrat im Evangelischen Oberkirchenrat, der obersten Behörde der Altpreußischen Union. 1924 wurde er zum Generalsuperintendenten der Kurmark gewählt. In dieser Eigenschaft hielt er nach der "Machtergreifung " der Nationalsozialisten am "Tag von Potsdam" (vergleiche Nr. 11/03) in der Nikolaikirche den Gottesdienst für die evangelischen Reichstagsabgeordneten, der dem Festakt in der Garnisonkirche vorausging. Die Predigt, die er dabei hielt, war so ambivalent wie sein Verhältnis zum Nationalsozialismus.
Wie so viele andere evangelische Theologen in der Weimarer Republik war Otto Dibelius deutschnational gesinnt. Er lehnte die Novemberrevolution ab. Wenn er auch im Gegensatz zu manchen seiner Amtsbrüder sich gegenüber der Weimarer Republik loyal verhielt und die Weimarer Zeit durchaus auch als eine Chance für die Kirche betrachtete, begegnete er doch der nationalsozialistischen "Machtergreifung" am Anfang mit Offenheit bis Wohlwollen. Dibelius gehörte eher zum rechten Flügel der späteren kirchlichen Opposition, der sich im Gegensatz zum linken zumindest anfänglich weniger an der Gesamt- denn an der Kirchenpolitik der Nationalsozialisten störte. So steht er den Maßnahmen nach dem Reichstagsbrand ebenso wohlwollend gegenüber wie der "Zurückdämmung des jüdischen Einflusses im öffentlichen Leben Deutschlands". Mehr stört ihn der dem nationalsozialistischen Totalitarismus eigene Versuch, die Kirche gleichzuschalten. Im sogenannten Kirchenkampf um die Gleichschaltung wurde Dibelius noch im selben Jahr vom nationalsozialistischen Staatskommissar für alle evangelischen Kirchen Preußens August Jäger aller seiner Ämter enthoben. Er ging ins italienische San Remo ins Exil, wo er als Kurprediger arbeitete.
Allerdings kam er bereits im folgenden Jahr wieder nach Berlin zurück, wo er sich der Bekennenden Kirche anschloß. Wie in der Weimarer Zeit schon in der Kirche der Altpreußischen Union stieg Dibelius nun auch in dieser nicht- beziehungsweise antinationalsozialistischen Gegenkirche in führende Funktionen auf. Nachdem er vorher schon Mitarbeiter der Geschäftsstelle des Bruderrates gewesen war, wurde er 1936 selber Mitglied dieses Leitungsgremiums. Im selben Jahr nahm er an der Bekenntnissynode in Bad Oeynhausen teil. Nach der Verhaftung Martin Niemöllers wurde er 1937 Mitglied des Kirchenrates der Altpreußischen Union. Aufgrund seines Alters wurde er im Zweiten Weltkrieg nicht mehr eingezogen, verlor aber von seinen sechs Kindern zwei Söhne.
Nach dem Kriegsende gab es unter Deutschlands Protestanten einen Richtungsstreit. Während der eher rechte Flügel dort anschließen wollte, wo man 1933 hatte aufhören müssen, wollte der linke an die Tradition der Bekennenden Kirche anschließen. Der eher traditionelle Flügel mit Otto Dibelius als einer Galionsfigur obsiegte zumindest fürs erste. Im Zuge der Restauration wurde Dibelius wieder Generalsuperintendent. Mit der Begründung, daß die Besatzungssoldaten mit diesem Titel nichts anfangen könnten, nahm er den Titel "Bischof" an. Im Protestantismus Nachkriegsdeutschlands wurde er zum Gegenspieler des eher links eingestellten Niemöller. Nachdem er vorher schon dem vorläufigen Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) angehört hatte, setzte er sich auf der ersten ordentlichen EKD-Synode bei den Wahlen zum Ratsvorsitzenden, dem höchsten Repräsentanten der EKD, mit 183 zu 26 gegen Niemöller durch.
Das CDU-Mitglied seit 1945 unterstützte Konrad Adenauers Politik der Westintegration und unterzeichnete nach der Beschlußfassung zum Aufbau der Bundeswehr 1956 für die EKD den umstrittenen Militärseelsorgevertrag mit der Bundesregierung. So positiv Dibelius der Bundesrepublik gegenüberstand, so kritisch der DDR. Er verurteilte deren Gründung und bestritt, daß die Gehorsamspflicht der Christen gegenüber der Obrigkeit auch für totalitäre Regierungen wie jene der DDR gelte. Wegen seiner Kritik verhinderte die DDR 1961 Dibelius erneute Wahl zum EKD-Ratspräsidenten und verweigerte ihm den Zugang nach Ost-Berlin und Brandenburg. Seit dem Mauerbau war Dibelius Amtsbereich als Bischof de facto auf West-Berlin beschränkt. 1966 trat er altersbedingt von allen Ämtern zurück. Am 31. Januar 1967 starb er in seiner Geburts- und Heimatstadt, in der er auch begraben liegt.
Foto: Otto Dibelius: EKD-Ratsvo |
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