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Bei unseren Nachbarn im Westen ist der 8. Mai nach wie vor - auch noch 57 Jahre nach der Kapitulation der deutschen Wehrmacht - nationaler Feiertag, mit Siegerparade auf den Champs Elysée, mit Fernsehansprache des Staatspräsidenten. Die Grande Nation feiert ihren (nicht ganz so großen) Anteil am Sieg über das national sozialistisch beherrschte Deutschland.
Eigentlich ist dies ein ganz normaler Vorgang. "Normale" Völker feiern ihre Siege, und solange sie dies mit Augenmaß tun, nach der Devise Bismarcks, im besiegten Feind von heute den möglichen Verbündeten von morgen zu sehen, ist dagegen auch aus der Sicht des Unterlegenen nichts einzuwenden. Den Franzosen kann man bescheinigen, daß sie sich seit vielen Jahren darum bemühen, die Gefühle der Deutschen nicht durch überzogen martialisches Säbelrasseln über Gebühr zu strapazieren.
Für uns Deutsche aber gibt es am 8. Mai nichts zu feiern. An diesem Tag im Jahre 1945 wurde die militärische Niederlage Deutschlands besiegelt. Und auch wenn es nicht den geringsten Anlaß gibt, einem deutschen Sieg im Zweiten Weltkrieg und einer daraus resultierenden europaweiten nationalsozialistischen Herrschaft nachzutrauern - eine Niederlage bleibt eine Niederlage und kann nicht nachträglich in einen Sieg oder eine "Befreiung" umgedeutet werden.
In der Praxis nämlich bedeutete die angebliche "Befreiung" für schätzungsweise 15 Millionen Deutsche im Osten den Verlust ihrer Heimat, ihres Hab und Gutes, ihrer Gesundheit und millionenfach ihres Lebens, für weitere 20 Millionen Menschen in Mitteldeutschland den Übergang von der national-sozialistischen zur international-sozialistischen Diktatur, für Tausende von KZ-Häftlingen im Bereich der sowjetischen Besatzungszone nur den Wechsel des Gefängnispersonals - und für nahezu das ganze Volk (außer jenen "Kriegsgewinnlern", die sich rechtzeitig bei den Siegern angebiedert hatten) Hunger, Kälte und bittere Not.
Wenn wir also auch in Deutschland diesen 8. Mai nicht als einen "Tag wie jeden anderen" vorübergehen lassen, sondern in aller Ernsthaftigkeit als einen "Tag der Erinnerung" nutzen, dann müssen wir uns auch klarmachen, wessen wir uns da erinnern wollen und sollen: nicht der mehr oder weniger "ruhmreichen" Sieger, sondern der Opfer. Aller Opfer, die dieser Krieg, seine direkten Folgen, aber auch die Verbrechen, für die der Krieg nur als Rechtfertigung vorgeschoben wurden (siehe Benesch-Dekrete) gefordert haben.
Daran zu erinnern, daß unter diesen zigmillionen Opfern auch viele Deutsche waren, insbesondere unter den Flüchtlingen und Vertriebenen, ist unsere besondere Pflicht und Schuldigkeit als Deutsche. Das Leid aller anderen Opfer wird dadurch nicht geschmälert, auch wird dadurch nichts "relativiert" oder verharmlost.
Für andere Nationen und andere "Opfergruppen" ist es ganz selbstverständlich, das eigene Schicksal in den Vordergrund des Erinnern zu stellen. Irgendwann, an irgendeinem 8. Mai der nächsten Jahre, sollten auch wir Deutschen das schaffen. Dann wären auch wir endlich ein "ganz normales Volk |
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