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Fehlpässe der Regierung

 
     
 
Die Strategen der Großen Koalition setzen ganz auf die Aufregung um die Fußball-Weltmeisterschaft: Da bleibt in den meisten Medien nicht viel Platz, um sich mit den Fehlpässen der Regierung zu beschäftigen. Ganz ohne Sommertheater sollen die Disziplin-Probleme durchgestanden werden. Nicht überdecken kann die Schlagzeilen-Ruhe die Führungs-schwäche von Kanzlerin Merkel: Sie nimmt ihre Richtlinie
nkompetenz nicht wahr; die Fachminister bleiben unter dem Leistungssoll aus dem Koalitionsvertrag.

Schlechtestes Beispiel dazu sind die jetzt vom Bundestag beschlossen Korrekturen an Hartz IV. Mit fast 70 Änderungen am Sozialgesetzbuch soll die Starre auf dem Arbeitsmarkt aufgebrochen werden.

Das in aller Eile durchgezogene Fortschreibungsgesetz soll bereits am 1. August in Kraft treten und dann für den laufenden Haushalt 500 Millionen Euro einsparen. Für 2007 werden Entlastungen von 1,5 Milliarden Euro hochgerechnet. Merkels Sorge ist nur noch, daß sich bei der Beratung im Bundesrat einige Unions-Ministerpräsidenten mit Änderungswünschen festbeißen könnten.

Ob es wirklich zu den geplanten Einsparungen kommt, ist offen. Ein Teil der Korrekturen sieht bessere Kontrollmöglichkeiten und Sanktionen vor - die Mitarbeiter in den Arbeitsgemeinschaften zur Betreuung der Langzeitarbeitslosen hatten bisher schon ausreichende Handhaben, Betrüger aufzuspüren. Grenzen setzen hier eher die Personalsituation in den Dienststellen und die Verfahrenslängen vor den Sozialgerichten.

Selbst die neue "Höchststrafe", eine Leistungssperre, wenn drei Arbeitsangebote im Jahr abgelehnt werden, wird Theorie bleiben: Wirklich Arbeitsunwillige werden schon dafür sorgen, daß kein Arbeitgeber sie einstellt.

Die unseligen "Ein-Euro-Jobs", die oft als Arbeitsersatz angeboten werden, haben mit dem Geschehen im Arbeitsleben wenig zu tun; manche Einsätze wirken wie eine Art gehobener Freizeitgestaltung.

Selbst die angedrohten Sanktionen werden bei extrem Arbeitsunwilligen kaum eine Verhaltensänderung bewirken. Fraglich ist, ob die Zuwendungen überhaupt gestrichen werden können, schon gar über einen längeren Zeitraum. Das Bundesverfassungsgericht hat den Anspruch auf Existenzsicherung festgeschrieben, und das Existenzminimum liegt bei den Beträgen nach Hartz IV.

Mehr Spareffekt bringt das Kapitel Rentenausgleich. Die Ersatz-Prämienzahlungen für Langzeitarbeitslose an die Rentenversicherung werden um ein Drittel gekürzt. Das entlastet den Haushalt, letztlich aber zu Lasten der Versicherten, die draufzahlen.

Nicht verbergen kann die Koalition ihr grundsätzliches Dilemma. Sie glaubt, nur über die Umverteilung von Sozialleistungen die ökonomische Schwäche Deutschlands beseitigen zu können.

Aber im Zentrum einer aktiven Wirtschaftspolitik kann nicht der soziale Transfer stehen, der bereits verdientes Geld umschichtet. Wachstum entsteht nur durch Schaffung dauerhafter, regulär entlohnter Arbeitsplätze.

Die Flagge hoch: Zur Fußballweltmeisterschaft entdecken die Deutschen Nationalgefühl.
 
     
     
 
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