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Unsere Volkswirtschaft braucht dringend neue Arbeitsplätze. Beschäftigungs-Maßnahmen und Schulungsprogramme für Arbeitslose sin teuer und vernebeln die tatsächliche Problematik des Arbeitsmarktes. Allenfalls einig Sozialpolitiker beruhigen damit kurzfristig ihr Gewissen, um später vor einem noc größeren Problemberg zu stehen.
Nur eine Arbeitsmarkt-, Steuer- und Sozialpolitik, deren oberste Maxime die Schaffun echter Beschäftigung ist, kann den Arbeitsmarkt beleben und die Zahl de Arbeitsverhältnisse dauerhaft steigern. Die konsequente Förderung vo Existenzgründungen in aussichtsreichen Branchen bietet dafür die Perspektive.
Motor der Beschäftigung ist seit geraumer Zeit die Dienstleistungsbranche. De Computer-, Medien-, Freizeit- und Gesundheitsberufen gehört die Zukunft. Sie biete Freiberuflern und Selbständigen vor allem in den sogenannten Zukunftsbranche die Chance, neue wirtschaftliche Existenzen aufzubauen. Der Gründermut innovative "Neu"-Unternehmer schafft aber auch Chancen für unselbständige Arbeit. Den die dynamischen Gründer beleben den Markt, indem sie Aufträge vergeben Familienangehörige und bisher Arbeitslose beschäftigen.
Daß dies nicht weltfremde Theorie, sondern ein Wirtschafts gesetz des Wachstums ist wird in der Fachwelt nicht bestritten. So wuchs zwischen 1991 und 1998 die Zahl de Selbständigen und mithelfenden Angehörigen um 11,7 Prozent. Die Zahl der Arbeitnehme verringerte sich im gleichen Zeitraum um 6,4 Prozent. Ohne die Impulse der Neugründe wäre die Zahl der "abhängig" Beschäftigten noch stärker gesunken.
Dennoch sind Existenzgründer dem DGB und seinen Mitgliedsgewerkschaften verdächtig Dies hat materielle und ideologische Gründe, denn Existenzgründer haben ein andere Gesellschaftsbild als die "Lohnabhängigen", die sich dankbar vor den Karre einer Streikorganisation spannen lassen. Die in den Kleinbetrieben von Existenzgründer beschäftigten Arbeitnehmer sind darüber hinaus für die DGB-Gewerkschaften kaum zu organisieren und bringen daher keine Beiträge in die Gewerkschaftskassen. Der DGB un linke Gruppierungen bis hin zur PDS agitieren bereits seit Jahren mit eine sozialistischen Vokabular gegen "sogenannte Scheinselbständige" und gege geringfügig Beschäftigte mit einem Einkommen bis 630 Mark.
In den Augen manches DGB-Genossen sind die Betroffenen ganz einfac "Streikbrecher". Da die Existenzgründer und geringfügig Beschäftigten nich versicherungspflichtig waren, gingen den Sozialversicherungen Einnahmen verloren, die nac Auffassung der Genossen dringend für zusätzliche Sozialleistungen benötigt würden. Zu Begründung wird von den Einheitsgewerkschaften ein Erklärungsmuster aus de ideologischen Mottenkiste serviert. Das Problem der Scheinselbständigkeit sei ei Ergebnis der dauerhaft hohen Arbeitslosigkeit, die ein Überangebot an Arbeitskraf geschaffen habe, die sich unter Marktpreis, das heißt unter den Bedingungen de Tarifverträge, verkauft. Die nur scheinbar selbständigen Unternehmer und Freiberufle seien in Wirklichkeit nichts anderes als Arbeitnehmer, die sozial unzureichend abgesicher seien.
Die im Oktober vergangenen Jahres abgewählte Regierung Kohl blieb von den Tönen au dem DGB unbeeindruckt. Da es Schröder und Lafontaine aber verstanden, de Bundestagswahlkampf mit mittelstandsfreundlichen Versprechungen als "neu Mitte", personifiziert durch den Computer-Unternehmer Jost Stollmann, zu führen entschieden sich viele Wähler für den scheinbar nicht so radikalen Wechsel. Die hinderte die DGB-Gewerkschaften nicht, mit hohem finanziellen und personellen Aufwand de Wahlkampf der SPD zu unterstützen.
Die Wechselwähler haben sich wunschgemäß verhalten, und die Rechnung de DGB-Wahlhelfer ging auf. Erst wurde das Zugpferd Jost Stollmann von Lafontaine aus de Kabinettsliste gestrichen, dann löste die rotgrüne Bundesregierung den Wechsel des DG und seiner "Einheitsgewerkschaften" ein. Hastig wurden neue Sozialgesetz gestrickt, mit denen sich die rotgrüne Bundesregierung zur Vollstreckerin de innovationsfeindlichen Haltung des DGB machte. Das Gesetz gege "Scheinselbständigkeit" trat gut zwei Monate nach Regierungsübernahme, am 1 Januar 1999 in Kraft, das neue Gesetz über geringfügig Beschäftigte folgte am 1. Apri 1999.
Daß es so kommen mußte, war jedem politischen Beobachter klar. Schließlich verweis man in SPD und DGB stolz darauf, daß Partei und Gewerkschaft "Kinder derselbe Mutter sind". Mehr noch: Die meisten Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion 24 von 288 gehören zugleich einer Einheitsgewerkschaft an. 23 SPD-MdBs sind, wie zu Beispiel der IG-Bau-Vorsitzende Klaus Wiesenhügel, hauptamtliche Gewerkschafter.
Das "Scheinselbständigen"-Gesetz mißt die Betroffenen an vier Kriterien Gefragt wird, ob
am Markt ein eigenständiges Auftreten erfolgt, also um Kunden geworben wird un ein unternehmerisches Risiko besteht,
im wesentlichen immer nur für einen Auftraggeber gearbeitet wird,
versicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigt werden oder nu Familienangehörige,
arbeitnehmertypische Leistungen erbracht werden.
Wenn zwei der Kriterien zutreffen, wird davon ausgegangen, da "Scheinselbständigkeit" vorliegt. Der Auftraggeber soll dann wie ei Arbeitgeber behandelt werden, muß Lohnunterlagen führen, Kündigungsfristen beachten Krankenversicherungspflicht und beitragspflichtiges Entgelt feststellen un Sozialversicherungsbeiträge bezahlen. In der Theorie mag dies möglich sein, nicht abe in der wirtschaftlichen Praxis. Denn der tatsächliche Effekt einer Durchleuchtung echte und vermeintlicher Selbständiger dürfte viel mehr geringere Beschäftigung zur Folg haben, weil die Auftraggeber nicht Zwangsarbeitgeber werden wollen und sich im Regelfal zurückziehen. Arbeitsplatzgewinne sind dann allein die zusätzlich benötigte Bürokraten, die zur Überprüfung von Existenzgründern beschäftigt werden müssen.
Wäre es den Koalitionsparteien tatsächlich nur um die soziale Absicherung vo Existenzgründern und Selbständigen gegangen, wären leicht bessere Regelungen möglic geworden. So hat die Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU/CSU vorgeschlagen jeder Selbständige solle nach einer Übergangszeit von drei Jahren eine solide Alters und Krankenversorgung nachweisen. Diese soll er, dem Selbstverständnis vo Eigenverantwortung folgend, selber auswählen. Ein positiver Nebeneffekt wäre die dadurc eintretende Stärkung berufsständischer Versorgungswerke. Sie stellen für viel Selbständige ohnehin eine zukunftsfähigere und angemessenere Form der Altersversicherun dar.
Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung schätzt auf der Grundlage des de neuen Gesetz nahekommenden "Verbandsmodells", daß etwa 810 000 Erwerbstätig nicht eindeutig als selbständig eingeordnet werden können.
Die neue Gesetzgebung bedeutet nicht nur das Aus für viele Existenzgründer Gefährdet ist auch die Existenz von Freiberuflern wie Dolmetschern, Lehrern Journalisten, Software-Entwicklern, Musikern und EDV-Beratern. Der Hauptgeschäftsführe des Bundesverbandes der Freien Berufe, Arno Metzler, bezeichnet das neue Gesetz als ein "der großen Unsinnstaten dieser Regierung". Metzler kritisierte da "Feindbild der sogenannten Selbständigen". Die Regierung zerstöre, eine "antiquierten Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Denkschema folgend", über 50 000 Chance für Existenzen in den freien Berufen.
Ein Beispiel ist die als Zukunftsmarkt geltende Computerbranche. Dort sind 75 00 sozialversicherungsfähige Stellen unbesetzt. Von einer dauerhaft hohen Arbeitslosigkei ist hier nichts zu spüren. Im Gegenteil, viele Existenzgründer starten zu attraktive Marktbedingungen ihr eigenes Unternehmen und werden bald zu Arbeitgebern. Doch jetzt droh der Zukunftsbranche dank der "Scheinselbständigen"-Gesetzgebung ei gigantischer Absturz. Denn die EDV-Unternehmen kündigen in diesen Tagen Tausenden vo freien Mitarbeitern: Technikern, Beratern, Informatikern, die dann tatsächlich zu Sozialfällen werden. Schein und Sein der sozialpolitischen Gesetzgebung entspreche einmal mehr nicht dem, was die Sozialpolitiker der rotgrünen Koalition proklamieren.
Wer geglaubt hatte, die Regierung Schröder sei nach dem Ausscheiden de sozialistischen Vormannes Lafontaine frei von linkem Dirigimus, hat seine Rechnung ohn den langen Arm des DGB gemacht. Denn Garant für die weitere Instrumentalisierung de Schröder-Regierung ist der ehemalige IG-Metall-Vize und heutige Bundesarbeitsministe Walter Riester.
Das zeigte sich, als der "Kanzler der Mitte" nach Lafontaines Abgang aufgrun der anhaltenden Kritik aus den verschiedensten Lagern beide Gesetze wieder reformiere wollte. Da drohte sein Arbeitsminister mit Rücktritt und erreichte so des Kanzler doppelten Rückzieher. Der lernunwillige Riester über die Kritik an den Sozialgesetzen "Durch den Aufschrei muß man durch!"
Da nutzte es nichts, daß Gefolgsleute des Kanzlers in der SPD wie Fraktionschef Pete Struck und der niedersächsische Finanzminister Müller bereits schnell Korrekture an den Gesetzen gefordert hatten. Der Kanzler konnte sich seinen zweite Minister-Rücktritt in so kurzer Zeit nach Lafontaines Amtsflucht nicht leisten. Außerde hatten die DGB-Vizechefin Engelen-Kefer und IG-Metall-Boß Zwickel klar gemacht, da Schröders politische Zukunft mit der Beibehaltung der "neuen" Sozialgesetzgebung und dem Aufpasser Riester im Kabinett in Zusammenhang steht.
Engelen-Kefer bedeutete dem Kanzler, die Koalition müsse den Druck aushalten un "zu unserer Sozialversicherung stehen". Zugleich machte sie deutlich, daß die DGB-Genossen auch in der Zukunft eine Umsetzung ihrer wirtschaftspolitischen Vorstellunge durch die Schröder-Regierung erwarten. Nach Auffassung der DGB-Vizin sind die neue Sozialgesetze gar "nur ein erster zaghafter Schritt, den Kreis de Sozialversicherungspflichtigen auszuweiten".
Die Gewerkschafter in den Verbandszentralen und am Kabinettstisch wollen ihr beschäftigungspolitischen Vorstellungen jetzt auch wieder in den Kommunen umsetzen. Dor sollen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen in Bereichen umgesetzt werden , die wichtig Auftragsquellen für privatwirtschaftliche Unternehmen darstellen. Diese staatlic finanzierte Arbeitsplatzvernichtung wird die Verantwortlichen bald wieder einholen, den das Absinken von Steuereinnahmen ist so programmiert. Dem Staat fehlen dann die nötige Einnahmen, um notwendige Aufträge vergeben zu können ein Teufelskreis!
Wenn das "Scheinselbständigen"-Gesetz nicht auf Grund des anhaltende Widerstandes doch noch geändert wird, können die betroffenen Freiberufler und ihr Auftraggeber nur noch auf die Hilfe von Arbeitsrechtlern, die "wasserfest Dienstleistungsverträge zimmern", und auf das Bundesverfassungsgericht hoffen. Die Karlsruher Richter könnten dem Gesetzgeber Korrekturen auferlegen, die einige Härte mildern.
Nur mühsam konnte der "Kanzler der Mitte" das Gesicht wahren. Statt de notwendigen schnellen Korrektur der Gesetzgebung soll nun eine Expertenkommissio beobachten, wie sich die Sozialgesetze bewähren. Der Kommission gehören Mitarbeiter de Kanzleramtes, der Koalitionsfraktionen und Vertreter des Bundesarbeitsgerichtes an.
Die von den Experten binnen Jahresfrist gewonnenen Erkenntnisse können dann mit de Gutachten einer Unternehmensberatung verglichen werden, die ihrerseits im Auftrag de Länder Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen die Auswirkungen der neue Sozialgesetze untersucht.
Den laut dem neuen Gesetz "Scheinselbständigen" helfen die Untersuchunge und Analysen nicht. Bis der Bundesregierung die benötigten "empirischen" Erkenntnisse zur Verfügung stehen, werden Tausende von Existenzen vernichtet sein. Ein ganze Generation von Existenzgründern wird abgestraft, die Stimmung des Aufbruches wir erstickt und die Kultur der Selbständigkeit wird im Kern getroffen. Die Ideologen in DG und linker Bewegung können sich die Hände reiben.
Feldzug gegen 630-Mark-Stellen? In unserer nächsten Ausgabe informieren wir an diese Stelle über die Gesetzgebung zu den geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen
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