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Als Ende vergangenen Jahres in der Kleinen Revue im Friedrichstadtpalast Melodien von Willi Kollo erklangen, waren die Zuhörer begeistert. Die Lieder waren so frisch und frech, als wären sie gestern erst komponiert worden. "Das war in Schöneberg", "Ich bin eine Frau", "Das war sein Milljöh" (das alte Zille-Lied), "Lieber Leierkastenmann", "Warte, warte nur ein Weilchen" oder "Es jeht doch nischt über Berlin" wer kennt sie nicht, diese hinreißenden Evergreens? Wer möchte nicht mitsummen bei diesen unsterblichen Melodien?
Willi Kollo, geboren am 28. April 1904 in Königsberg, aufgewachsen in Berlin, wurde bald zu einer ernstzunehmenden Konkurrenz für seinen Vater Walter Kollo, mit dem er auch oft gemeinsam arbeitete. Als er vor bald zehn Jahren, am 4. Februar 1988 in Berlin starb, hinterließ er eine beachtliche Reihe von Kompositionen (Operetten und Lieder). Sein Sohn René, vor 60 Jahren in Berlin geboren (am 20. November 1937), hat sich ebenfalls der Musik zugewandt und ist ein hochgeachteter Wagner-Tenor geworden. Als Intendant des Berliner Metropol-Theaters, das er als modernes Musiktheater ausbauen wollte, hatte er weniger Glück und mußte Ende vergangenen Jahre Konkurs anmelden. Renés Tochter Nathalie hat sich übrigens auch der Musik verschrieben und ist eine gefragte Jazz-Sängerin.
Die Wiege dieser Musiker-Dynastie stand übrigens in Ostdeutschland. Als Walter Kollodzieski wurde Walter Kollo am 28. Januar 1878, vor nunmehr 120 Jahren, in Neidenburg geboren. Im Ortelsburger Rathaus hing einst ein großes Gemälde, Generalleutnant Jakob Kowalewski darstellend, Bürgermeister von Thorn und Stammvater der Familie. Auf der Flucht vor Napoleons Truppen nach Tilsit haben übrigens einst Königin Luise und Friedrich Wilhelm III. im Hause der Kowalewski übernachtet.
Der Vater Walter Kollos besaß ein Gut bei Neidenburg, wo er eine Dampfmühle betrieb. In der Stadt besaß er einen Kolonialwarenladen. Kein Wunder, daß er wünschte, sein Sohn würde einmal in seine Fußstapfen treten. Doch die Mutter sie stammte aus einer Arztfamilie unterstützte die künstlerischen Neigungen ihres Sohnes. Im thüringischen Sangershausen studierte Walter Musik; im pommerschen Stettin begann er seine berufliche Laufbahn als 2. Kapellmeister für Oper und Operette. Dort begegnete er auch dem Komponisten Paul Lincke. Der Weg nach Berlin war geebnet ...
In der Reichshauptstadt pulsierte das Leben, und Walter stürzte sich mitten hinein. Mit seinem sechsten Sinn für das, was in der Luft lag, mit seinem "Riecher" für den Geschmack des Volkes waren seine Melodien bald allerorten nachgesungene "Gassenhauer". Kollo schrieb Lieder für Künstler des Kabaretts, so auch für die unvergleichliche Claire Waldoff. Seine Operette "Der Juxbaron" wurde täglich vor ausverkauftem Hause gespielt. Bald folgten "Wie einst im Mai", "Die tolle Komteß", "Drei alte Schachteln", "Marietta" (mit Texten von Sohn Willi, der schon mit 20 Jahren ein gesuchter Textdichter war) ...
Neben seiner künstlerischen Tätigkeit, für die er, so erinnerte sich Sohn Willi, in den Adelsstand erhoben werden sollte, ein Vorhaben, das vom Ausgang des Ersten Weltkriegs jedoch verhindert wurde, fand Walter Kollo immer noch die Zeit, sich auch für die Rechte seiner Kollegen einzusetzen. Er schuf die Grundlagen für die spätere GEMA, die Gesellschaft zum Schutz musikalischer Urheberrechte. Auch gründete er einen eigenen Musikverlag, den Willi Kollo 1960 erwerben konnte, nachdem der Vater ihn einst hatte aufgeben müssen. Am 30. September 1940 hat Walter Kollo seine Augen in der Stadt seiner größten Erfolge für immer schließen müssen.
Unvergessen sind bis heute die Melodien von Walter und Willi Kollo, die so mancher versonnen noch heute vor sich hinsummt. Sie leben fort, nicht nur dank moderner Technik sondern auch durch Aufführungen, die weiterhin die Zuhörer in ihren Bann ziehen. Peter van Lohuizen
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