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Damit eins klar ist: "Integration" darf nicht etwa bedeuten, daß wir unseren zugewanderten Mitbürgern die "deutsche" Kultur aufdrängen, sie gar ermuntern, ihre alte ausländische Identität zugunsten einer neuen deutschen auf den zweiten Platz zu verweisen - als nostalgische Rückschau auf das, was man mal war, aber nun nicht mehr ist.
Nein, "Integration" bedeutet, daß jeder herkommt und seine alte Nationalität mitbringt und behält. Es sei denn natürlich, es handelt sich um eine deutsche. Wir erinnern uns an den kalten Schauer, der Scharen von fortschrittlich en Politikern, Medienleuten und Gesellschaftsingenieuren durchfuhr, als vor rund 15 Jahren ein Schwall von "Rußlanddeutschen" in Land schwappte, die - das unterschied sie von manchen, die später kamen - in skandalöser Weise "deutsch" waren und auch noch einen regelrechten Stolz darauf verströmten. Unglaublich. "Aussiedler raus!" titelte damals das mittlerweile eingegangene linke Zeitgeist-Magazin Tempo.
Den Teutonen aus der Taiga wurde schnell der Kopf gewaschen und klargemacht, daß wir hier nicht in einer "deutschen", sondern in einer "offenen Gesellschaft" leben und sie sich gefälligst zu "öffnen" hätten. Jene offene Gesellschaft ist so eine Art Schiff ohne Reling, dessen Kabinen versiegelt wurden, weil da unten die "Dämonen der Vergangenheit" hausen. Deshalb stehen wir alle oben im Freien und genießen die Aussicht. Indes, heute müßte es wohl heißen: genossen. Denn die See wird seit einiger Zeit immer unruhiger und regnen tut es auch des öfteren. Manche Zugestiegenen fragen uns daher genervt, ob wir sie nicht langsam "reinbitten" wollen. In was? Verschrobene Politiker hatten sich daran gemacht, ein Notzelt namens "Leitkultur" aufzustellen. Die Deckswarte haben das Ding schnell als Gefahr für die "Offenheit" entlarvt und über Bord geworfen.
So stehen wir nun frierend auf unserem offenen Kahn, zusammen mit den Zugestiegenen, die sich im Geiste zurücksehen in ihre alten Klipper. Die waren zwar meist ziemlich morsch und löchrig, aber warm war es dort wenigstens. Viele Rußlanddeutsche ziehen es heute vor, Russen (in Deutschland) zu sein, die Türken hierzulande geben sich mancherorts türkischer als ihre Landsleute in Anatolien. Und statt uns für unsere Offenheit zu bewundern, verspotten sie uns, wir seien obdachlos, obwohl wir so ein großes, teures Schiff hätten.
In England sei die Lage ganz ähnlich, beklagen sich dort Vertreter der Einwanderer. Sie wüßten auch nicht, wie und wo sie sich eigentlich "integrieren" könnten. Man lerne zwar die Sprache (immerhin), aber das Herz bleibe leer, weil Britannien auch nur noch "offen" sei und sonst nichts mehr. Deshalb suchten junge Zuwanderer jetzt ihre Identität auch in den Abgründen des Islamismus. Wie die jungen Männer, die aus der englischen Leere in den Orient flüchteten, wo sie bald eine "Identität" fanden. Zurückgekehrt wußten sie nicht nur endlich, wer sie waren, sondern auch, was sie nun zu tun hatten. Den Rest der Geschichte kennen Sie.
Sicher, ein extremer Fall. Doch es ist schon ernüchternd, daß jener Terror laut obiger Analyse nicht etwa in der "Armut der Dritten Welt" oder dem "Neokolonialismus" und unserer "mangelnden Dialogbereitschaft" gewachsen sein soll, sondern mitten im Schoß unserer verständnisvollen Selbstverleugnung. Das ist nicht nur bitter, sondern auch gemein: Da gibt man alles her an die Eingeladenen, streift jede Art von Eigentümlichkeit ab, um den Fremden das Gefühl von Fremdheit zu ersparen - und jetzt veräppeln die uns als arme Trottel ohne eigene kulturelle Tradition, ohne Nationalbewußtsein, ohne irgendetwas, was uns als Deutsche, Briten usw. erkennbar machte in der grauen Masse der sechs Milliarden Menschen. Dabei hielten wir doch gerade das "Nur-Mensch-Sein" für den Gipfel der zivilisatorischen Entwicklung, die höchste Stufe der gesellschaftlichen Moral! Jetzt zeigen sie mit dem Finger auf uns: Wer wie wir nichts (eigenes) mehr habe, der sei auch nichts wert. Ein seelenloser Barbar, der nur alles zersetze und daher besonders gefährlich sei.
Das Ganze wäre leichter zu ertragen, wenn unser einst stolzes Boot wenigsten noch so einwandfrei liefe wie früher. Doch seit einigen Jahren schlingert der Pott, im Maschinenraum quietscht und scheppert es und - es stinkt auch! Das sei der giftige Odem von Korruption und Inkompetenz, mauschelt man uns zu.
Nachdem gerade erst der VW-Mief übers Deck gezogen war, steigt uns dieser Tage der öffentliche Vorwurf in die Nase, die ARD betreibe Schleichwerbung. Wieso eigentlich "Schleich..."? Jede Dampf-ramme arbeitet behutsamer als die öffentlich-rechtlichen Medien bei ihrer Hämmerkampagne. Nein, nicht für irgendwelche Biersorten oder was weiß ich was - es geht hier natürlich um den gigantischen Werbefeldzug für die "neue" Linkspartei, zu der sich die KPD/SED/PDS gerade aufgeblasen hat.
Im neuen Kampfanzug der "Linkspartei" ist zwar noch kein einziger Politiker auch nur in den Gemeinderat gewählt worden, doch bei der ARD und anderen großen Sendern wird dem Gysi-Lafontaine-Verein ein Hof gemacht, der einer altgedienten 40-Prozent-Partei gebührte. Die ARD verweist uns darauf, daß sie ja nur "kritisch" berichten wolle. In der ARD-Sendung mit dem knalligen Titel "Farbe bekennen" hörte sich das aus dem Munde von Gabi Bauer dann so an (Bauer an Lafontaine): "Wie fühlt sich das für Sie persönlich an, wieder da zu sein?" Mit solchen Worten begrüßt sonst ein gutgelaunter Conférencier einen gealterten Schlagerstar, der nach Jahren erzwungener Bühnenabstinenz ("ich habe an meinem Buch gearbeitet") endlich mal wieder seine ollen Schmonzetten trällern darf. "Farbe bekennen"? - "Hübsch anmalen" sollte die Sendung heißen. Und selbst die PDS hat ja seit 2002 keine eigene Bundestagsfraktion mehr. Trotzdem gehörte Gregor Gysi weiterhin so selbstverständlich zu jeder gehobenen Talkshowrunde dazu wie ein Bundesminister.
Die Bemühungen der Sender zahlen sich nun aus: Die ergebenst hofierte "Linkspartei" schwingt sich von Umfragehoch zu Umfragehoch. Jetzt scheint sogar eine neue linke Mehrheit im Bundestag wieder möglich. Die Beteuerungen der SPD, daß man mit den Postkommunisten nicht koalieren werden, legen wir, schon ein wenig gelangweilt, zu den "Niemals mit der PDS"-Schwüren aus den 90ern. Wenn es hinkommt, werden die Sozialdemokraten schnell entdecken, daß eine Linksfront unter einem SPD-Kanzler "im Interesse der sozialen Gerechtigkeit - leider - unumgänglich ist".
"Komm schon Baby. Diese anderen Penner sind nichts für dich!" |
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