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Es war eine typische Begebenheit: Wir sitzen im Taxi, auf der Fahrt vom Hamburger Hauptbahnhof zum NDR-Studio. Der Fahrer blickt immer wieder in den Rückspiegel, an der nächsten roten Ampel dreht er sich um und fragt: "Sind Sie etwa der Herr Löwenthal vom Fernsehen?" Die Antwort: ein dröhnendes Ja. "Warum sieht man Sie nicht mehr? Ich und meine Freunde vermissen Sie!"
Der Fahrer stammt aus Teheran und erzählt uns von der Flucht vor den Schergen der Ayatollahs. Schwer sei es gewesen, sich in diesem so fremden Deutschland zurechtzufinden, aber: "Sie, Herr Löwenthal, haben mir mit Ihrer mutigen Sendung immer wieder Orientierung und Hilfe gegeben. Ich danke Ihnen."
Zu diesem Zeitpunkt war "der Herr Löwenthal vom Fernsehen" bereits seit 15 Jahren vom Bildschirm eliminiert. Den zeitgeist gläubigen Meinungsmachern vom ZDF war er längst zu unbequem geworden, nach 585 Sendungen hatten sie ihn in den Ruhestand verbannt.
Es war bis zuletzt eher ein "Unruhestand". Löwenthal publizierte regelmäßig in konservativen Blättern, auch in dieser Zeitung, hielt Vorträge, nahm an Diskussionsverstaltungen teil. Und mit ganz besonderem Engagement bemühte er sich, den reichen Erfahrungsschatz von über 50 Berufsjahren an jüngere Kollegen weiterzugeben (auch ich habe von so manchem klugen und freundschaftlichen Rat profitieren dürfen, auch über das rein Journalistische hinaus).
Was man von Gerhard Löwenthal lernen konnte: Erst sich selber gründlich informieren, dann sich sein Urteil bilden, konsequent zu seinen Überzeugungen stehen, sich nicht verbiegen oder vereinnahmen lassen, nicht den bequemen, sondern den geraden Weg gehen. Der inzwischen legendäre ZDF-Moderator war nie ein Showstar, der - wie heute leider üblich - vor allem sich selber inszenierte. 18 Jahre lang saß er vor immer der gleichen, etwas langweilig wirkenden Studiokulisse, mit einem Gesicht, als hätten gerade die Bolschewiken das Funkhaus besetzt. Aber langweilig war es in diesen 18 Jahren nie geworden.
Sein Kernthema - nicht nur das seiner Sendungen, sondern zugleich auch das Leitmotiv seines Lebens - läßt sich mit einem Wort beschreiben: Freiheit! Unbändiger Freiheitswille ließ den Sohn eines jüdischen Fabrikanten den nationalsozialistischen Terror in Berlin (und zeitweise im KZ Sachsenhausen) überleben, ließ ihn von der - inzwischen sozialistisch terrorisierten - Humboldt-Universität in den Westen Berlins überwechseln, wo er zu den Mitgründern der FU zählte. Frei-heit von kommunistischer Unterdrückung, im gesamten Ostblock, insbesondere aber in der DDR und in seiner geliebten Vaterstadt Berlin, war das Ziel, für das er kämpfte und womit er sich bei den Unterdrückern in Moskau und Ostberlin ebenso unbeliebt machte wie bei den Verfechtern der sogenannten Entspannungspolitik in Bonn. Mit Brandt, Genscher, Bahr legte er sich vehement an, später auch mit Kohl und Schäuble.
Am 8. Dezember war mein Glückwunsch zu Gerhard Löwenthals 80. Geburtstag auf dem Weg zu ihm nach Hause in Wiesbaden, als mich die Nachricht von seinem Tod zwei Tage vorher erreichte. Was bleibt, ist die Erinnerung an ein großes Vorbild und einen guten Freun |
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