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Hochglanz auf Stalins Siegesmonumente?

 
     
 
Alle Jahr wieder liest man in den Zeitungen, welche enormen Geldsummen von Deutschland aufgebracht werden müssen, um sowjetische Triumph- und Siegesmale auf deutschem Boden zu reparieren. In diesen Tagen erfuhr man, daß mindestens 30 Millionen DM erforderlich sind, nur um die drei größten Denkmale in Berlin, errichtet zu Ehren von Stalins "ruhmreicher Roten Armee", zu renovieren
. Daneben gibt es nach Angaben der Bundesregierung über 500 weitere sowjetische Gedenkstätten auf dem Gebiet der ehemaligen DDR, die überwiegend von den Ländern und Gemeinden in Schuß gehalten werden müssen, wenn auch die Bundesregierung einiges subventioniert.

Grundlage für die deutschen Restaurierungsarbeiten soll der zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der UdSSR im November 1990 geschlossene "Vertrag über gute Nachbarschaft, Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Union der sozialistischen Sowjetrepubliken" sein. Artikel 18 besagt, "daß die auf deutschem Boden errichteten Denkmäler, die den sowjetischen Opfern des Krieges und der Gewaltherrschaft gewidmet sind, geachtet werden und unter dem Schutz deutscher Gesetze stehen ..." Als Gegenleistung gewährleistet die Sowjetregierung "den Zugang zu Gräbern von Deutschen auf sowjetischem Gebiet, ihre Erhaltung und Pflege". Dieser Artikel hatte von vornherein ein deutliches Ungleichgewicht. Die Sowjetunion hatte auf ihrem Besatzungsgebiet Hunderte von teilweise im Ausmaß gigantischen Siegesmalen errichtet, die nun mit großem finanziellem Aufwand erhalten und gepflegt werden sollen. Umgekehrt hatte die Sowjetregierung veranlaßt, daß alle deutschen Grabstätten in der UdSSR eingeebnet wurden. Was seitdem vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge in Rußland geleistet wird, um den Gebeinen unserer Gefallenen eine würdige Ruhestätte zu geben, das ist im Ausmaß und der zurückhaltenden Form nicht zu vergleichen mit dem Pomp und der Aggressivität sowjetischer Denkmale überall in Mitteldeutschland.

Es ist selbstverständlich, daß die Gräber der Gefallenen der Roten Armee in Deutschland in würdiger Weise erhalten und gepflegt werden müssen. Darum kann die Auseinandersetzung nicht gehen. Wohl aber muß man über die Frage nachdenken und reden, ob es Deutschland weiterhin zugemutet werden kann, und dabei spielen nicht nur finanzielle Fragen eine Rolle, jene stalinschen Siegesmale auf Hochglanz zu polieren. Daß es um eben solche Triumphmale geht, das kann man den Inschriften entnehmen. Da liest man auf den Sockeln etwa: "Ewiger Ruhm den Kämpfern der Sowjetarmee, die ihr Leben hingegeben haben im Kampf für die Befreiung der Menschheit von faschistischer Knechtschaft." Da hieß es in der Ausschreibung zum Treptower Ehrenmal ausdrücklich, die Künstler sollten "die Idee der Unsterblichkeit, des lichten Gedankens an die gefallenen sowjetischen Soldaten und die Größe der internationalen Befreiungsmission" ausdrücken –ein reiner Propaganda-Auftrag. Nichts von Trauer, nichts von Versöhnung.

Gleich nach der Wiedervereinigung erfuhr man 1993, daß die drei größten in Berlin von den Sowjets errichteten Siegesmale teilweise baufällig sind. Der damalige Bundesinnenminister Seiters mußte sofort 7 Millionen Mark für die Instandsetzung bereitstellen. Das reichte nicht aus. 1994 war das Sowjetehrenmal unter den Linden vom Einsturz bedroht. Die riesige Bronzestatue des Sowjetsoldaten mußte unter großem technischen Aufwand vom Sockel geholt und für eine Million DM restauriert werden. 1998 hatten sich die Sanierungskosten auf bis zu 50 Millionen DM gesteigert. Jetzt heißt es, daß immer noch 30 Millionen notwendig sind – und das nur für Berlin. Wie "Focus" meldet, sollen Bundeswehrpioniere zunächst das Sowjetehrenmal Treptow wieder auf Hochglanz bringen, so die Tradition der Roten Armee hochhaltend, während gleichzeitig der Bundeswehr verboten wird, die Tradition der deutschen Armee zu pflegen.

Der deutsch-sowjetische Partnerschaftsvertrag enthält nicht nur den Artikel 18, der die sowjetischen Denkmäler in Deutschland schützen soll, sondern auch einen Artikel 16, in dem sich Deutschland und die UdSSR verpflichten, "daß verschollene oder unrechtmäßig verbrachte Kunstschätze, die sich auf ihrem Territorium befinden, an den Eigentümer oder seinen Rechtsnachfolger zurückgegeben werden." Bekanntlich denkt Rußland nicht daran, diese vertragliche Vereinbarung zu erfüllen.

Es kann nicht sein, daß sich nur die eine Seite an ihre Verpflichtungen hält, während die andere die Verpflichtung mißachtet. Was den Artikel 18 angeht, so ist es doch an der Zeit, daß die Bundesregierung Rußland deutlich macht, daß es sich bei der Pflege der sowjetischen Denkmäler auf deutschem Boden nur darum handeln kann, der sowjetischen Toten "angemessen" zu gedenken. Das bedeutet, daß diese Gelände würdig umgestaltet werden, wobei es der russischen Seite selbstverständlich freisteht, die stalinschen Triumphmale nach Hause in die ehemalige Sowjetunion zu holen.

 
     
     
 
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