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Martin Lindner (FDP)
Am Jahrestag des Mauerbaus veranstaltete das Mauermuseum am „Checkpoint Charlie“ eine große Feierstunde. Die Friedrichstraße war abgesperrt, ein Orchester spielte auf einer großen Bühne.
Zwei Hauptredner waren erschienen: Friedbert Pflüger (CDU) und Martin Lindner (FDP). Die beiden Spitzenkandidaten saßen gleichberechtigt und gut gelaunt in der ersten Reihe. Wenn sie könnten, würden sie sofort miteinander koalieren - soviel ist klar. Beide übten harte Kritik am rot-roten Senat, an der Linkspartei. „Gut, wenn dieser Senat jetzt wegkommt“, freute sich Lindner. Hier war zwar der Wunsch Vater des Gedankens, aber der Applaus war dem Chef-Liberalen trotzdem sicher.
Der FDP-Fraktionsvorsitzende ist wie Pflüger ein Zugezogener, der 42jährige kommt aus Bayern. Er gilt als eitel und machtbewußt. Nach der letzten Abgeordnetenhauswahl soll er seinen Führungsanspruch in der Fraktion mit den Worten „Nur ich kann das!“ begründet haben.
Sein Wahlspruch „Mehr Unternehmen für Berlin“ ist mit seinem Bild in der ganzen Stadt plakatiert. Lindner kommt jedoch weder an die Bekanntheit noch an die Beliebtheit seines Vorgängers, Günter Rexrodt, heran.
Lindners größtes Talent ist das Reden, er gilt als heimlicher Oppositionsführer. Er schielt - so scheint es - wie die Grünen auf eine Ampelkoalition. Die war 2001 gescheitert.
Es wäre auch heute noch ein großes Wagnis, bei dem seine Partei, in Umfragen bei acht Prozent, mehr zu verlieren als zu gewinnen hat. Deswegen sieht es so aus, als würde Lindner „Oppositionsführer“ bleiben. (PO)
Franziska Eichstädt-Bohlig (Grüne)
Selten gingen die Berliner Grünen so unspektakulär in einen Wahlkampf wie 2006. Dabei hat die Hauptstadt-Partei einige recht bekannte Personen in ihren Reihen: Die Ex-Verbraucherschutzministerin Renate Künast gehört ebenso dazu wie der Altlinke Hans-Christian Ströbele. In Berlin ist überdies Ex-Justizsenator Wolfgang Wieland kein Unbekannter.
Keiner der grünen Promis aber tritt als Spitzenkandidat bei der Abgeordnetenhauswahl an. Statt dessen geht die Partei (Wahlkampfbudget 450000 Euro) mit der weithin unbekannten Franziska Eichstädt-Bohlig (64) ins Rennen und untermauert damit ihren Ruf als Partei der Alt-68er.
Die Stadtplanerin bietet sich ihrer kämpfenden Basis an wie sauer Bier. Auf ihrer Internetseite heißt es: „Du planst eine eigene Wahlkampfparty für Freunde, Bekannte und/oder Kollegen? Dann schreib mir am besten eine Mail mit Infos zu der Veranstaltung, zu der Du mich einladen möchtest.“
In Umfragen liegen die Grünen bei zwölf Prozent, deutlich über ihrem letzten Wahlergebnis. Schon jetzt versucht Eichstädt-Bohlig eine Wunschkoalition mit Wowereit herbeizureden (Pressemitteilung vom 14. August: „SPD bereitet sich offensichtlich auf Rot-Grün vor“).
Die Berufspolitikerin hat 1968 an der Technischen Universität studiert. Die „Auseinandersetzung mit dem Faschismus“ habe sie geprägt, sagt sie über sich. In den 80ern war sie „Patin“ einer Gruppe von Hausbesetzern. Die Unterstützung des alternativen Milieus verhalf der Mutter von zwei Kindern dann Ende der 80er zu einem Posten als Baustadträtin, später schaffte sie den Sprung in den Bundestag. (PO)
Lucy Redler (WASG)
Das Abgeordnetenhaus könnte wie der Landtag in Dresden zum Sechs-Parteien-Parlament werden. Wenn die WASG in das Gebäude, das einst den Preußischen Landtag beherbergte, einzieht, dann ist das vor allem ihr Werk: Lucy Redler.
Bevor sie WASG-Spitzenkandidatin werden konnte, mußte die Sozialökonomin die Kandidatur ihrer Partei gegen die PDS durchsetzen. Auf Parteitagen und vor Gericht boxte sie ihr Ansinnen durch. Ziel: Sturz des rot-roten Senats.
SPD und PDS hätten Hartz IV in der Stadt umgesetzt, Ein-Euro-Jobs geschaffen und Landeseigentum privatisiert. Hartz-IV-Empfängern drohten sie sogar mit Zwangsumzügen, kritisiert die WASG. „Das ist neoliberale Politik, die PDS steht fast immer auf der falschen Seite“, klagt Redler, die sich selbst als „radikale Sozialistin“ bezeichnet. In einem Interview hat die Spitzenkandidatin erklärt: „Vielen Menschen fehlt aber aufgrund der Erfahrungen mit den stalinistischen Systemen im Ostblock eine Vorstellung von Sozialismus.“ Solche „Denkblockaden“ kennt Redler nicht. Was Sozialismus bedeutet, weiß sie aus Geschichtsbüchern: Als die Mauer in Berlin fiel, saß die damals Zehnjährige in Kassel und spielte mit Puppen. Für Politik interessierte sie sich erst, als ihre Lehrer sie in den 90ern zur „Demo gegen rechts“ schickten.
Mit dieser Einstellung wird Redler im Abgeordnetenhaus allerdings offene Türen einrennen: Erst vergangene Woche verabschiedete das Parlament eine Erklärungen für den Erhalt der zahlreichen „Anti-Rechts“-Programme. Alle Fraktionen haben zugestimmt. (PO) |
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