A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z
     
 
     
 

Kleinode vor prachtvoller Kulisse

 
     
 
Die Dresdner haben (wieder einmal) etwas zu feiern. Nach der Einweihung der wiederaufgebauten Frauenkirche im vergangenen Jahr können sich Einheimische und unzählige Touristen aus aller Welt über ein anderes Kleinod europäischer Kultur freuen. Nach vierjähriger Bauzeit wurde das Historische Grüne Gewölbe im Westflügel des Residenzschlosses dem Publikum übergeben. 30 Handwerks
betriebe mit etwa 100 Restauratoren, Handwerkern und Bildhauern waren seit 2002 bestrebt, die Innenausstattung der Räume weitgehend originalgetreu zu rekonstruieren und in den Zustand von 1733, dem Todesjahr August des Starken (1670-1733), zu bringen.

Der sächsische Herrscher hatte mit dem Grünen Gewölbe seine Vision vom barocken Gesamtkunstwerk verwirklichen, aber auch seinen Reichtum und seine Macht darstellen wollen. Als junger Mann war er vom Sonnenkönig Ludwig XIV. in Versailles empfangen worden und von der dortigen Pracht geradezu überwältigt. August strebte nach diesem Besuch, in seinen Landen eine ähnliche Pracht zu entfalten. Dazu engagierte er Kunsthandwerker, Künstler und Architekten und zog Fachleute jeder Art nach Dresden. Der Volksmund nannte sie bald "Goldfasane", hatten sie doch mit überaus edlem Material zu tun. Der Porzellanhersteller

Johann Friedrich Böttger, der Architekt Matthäus Daniel Pöppelmann und der Bildhauer Balthasar Permoser waren ebenso darunter wie die aus Biberach a. d. Riß stammenden Brüder Dinglinger, der Goldschmied Johann Melchior, der Emailleur Georg Friedrich und der Juwelier Georg Christoph. Ab 1698 war Johann Melchior als Hofgoldschmied für die Mehrung der Kleinodiensammlung am Hofe Augusts des Starken verantwortlich.

Zu Beginn des 18. Jahrhunderts war Augusts Kunstsammlung derart angewachsen, daß er ab 1723 die "Geheime Verwahrung" vergrößern ließ und sie in ein Museum umwandelte. Ort der "Verwahrung" waren die ebenerdigen Gemächer im Schloß, die wegen ihrer malachitfarbigen Wände als "grunes Gewelb" (Grünes Gewölbe) bekannt waren. Nachdem die Räume bis 1729 vergrößert worden waren, durften auch Besucher dorthin geführt werden. In den acht Präsentationsräumen konnten sie erstmals die kostbare Schatzkunst der Renaissance und des Barock aus wettinischem Besitz bestaunen.

Doch schon damals war man sehr besorgt um den Erhalt der Kleinodien, und so befahl August der Starke, "daß nicht alle und jede und auch deren niemals zuviel auf einmal geführte werden". Auch mußten sich die Besucher von einem "geheimen Cämmerer die Schuhe genau abkehren" lassen und an die "Inspektoren" einen Dukaten als Obulus entrichten.

Bis in den Zweiten Weltkrieg hielt sich die Pracht. 1942 allerdings wurden die Schätze auf die Festung Königstein im Elbsandsteingebirge ausgelagert. Als am 13. Februar 1945 Bomben auf Dresden fielen, wurden drei der acht Räume zerstört, der Rest war nicht mehr zu benutzen. Nach Kriegsende wurden die ausgelagerten Kunstwerke von der Trophäenkommission der Roten Armee beschlagnahmt und in die UdSSR verbracht. Erst 1958 kehrten sie auf Beschluß der sowjetischen Regierung nach Dresden zurück, wo Teile der Sammlung später im Albertinum gezeigt wurden.

Noch zu Zeiten der DDR begann man mit dem Wiederaufbau des Schlosses. Seit September 2004 werden nun im 1. Obergeschoß des Westflügels 1080 Meisterwerke von der Renaissance bis zum Klassizismus in einer modern gestalteten Dauerausstellung des Neuen Grünen Gewölbes präsentiert. Darunter sind so spektakuläre Stücke wie das Goldene Kaffeezeug, der Hofstaat des Großmoguls mit 132 kleinen und kleinsten Goldfiguren sowie etwa 5000 Diamantrosen oder eine Elfenbeinfregatte mit hauchdünn geschnittenen Segeln.

Zu bestaunen ist auch die kostbare Hutagraffe mit dem Grünen Diamanten und ein mit 185 Gesichtern beschnitzter Kirschkern. Auch die winzigen grotesken Figuren, die Kunstschmiede aus verwachsenen Barocco-Perlen schufen, zeigen die überaus hohe Kunstfertigkeit ihrer Schöpfer.

Mit dem Historischen Grünen Gewölbe ist nun auch die zweite Dauerausstellung eröffnet worden und zieht mit ihren Kunstwerken aus Gold, Silber, Edelsteinen, Email, Elfenbein, Bronze und Bernstein die Besucher in ihren Bann. Allein die Räume faszinieren durch ihre Gestaltung. Ihre reiche Verzierung, die geschickte Einarbeitung von Spiegeln (rund 500 Quadratmeter!) rauben geradezu den Atem. Und oft genug treten die Kunstwerke hinter der barocken Ausstattung zurück.

Bernsteinzimmer, Elfenbeinzimmer, Weißsilberzimmer, Silbervergoldetes Zimmer - allein diese Namen sprechen für sich. Auf 212 Quadratmetern werden im Pretiosensaal neben der Ahnengalerie der Wettiner kostbare Edelsteinschalen, verzierte Straußeneier und Nautiluspokale präsentiert.

Im Juwelenzimmer schließlich findet sich eine einmalige historische Kollektion repräsentativen Schmucks des 18. Jahrhunderts. Saphire, Diamanten, Rubine und Smaragde funkeln um die Wette. Der "Mohr mit Smaragdstufe", geschaffen von Dinglinger und Permoser, fasziniert noch heute die Besucher. Die müssen sich allerdings mit einigen notwendigen Unannehmlichkeiten abfinden. So wird der Zugang durch Zeitkarten geregelt, pro Stunde finden nur 100 Besucher Einlaß. Auch müssen die Besucher eine Staubschleuse passieren, welche die Kostbarkeiten vor Umwelteinflüssen schützen soll. Unannehmlichkeiten, die Kunstfreunde jedoch gern über sich ergehen lassen, sind es doch die 3000 Kleinodien im Dresdner Grünen Gewölbe allemal wert.

Informationen für Besucher

Der Eingang zum Grünen Gewölbe im Residenzschloß befindet sich in der Sophienstraße, gegenüber dem Taschenbergpalais, der Zugang ist behindertengerecht.

Das Neue Grüne Gewölbe ist täglich außer dienstags von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Rundgänge werden regelmäßig montags um 11 und 16 Uhr sowie mittwochs um 16 Uhr angeboten, Führungsbuchung Telefon (03 51) 49 14 20 00. Das Historische Grüne Gewölbe ist täglich außer dienstags von 10 bis 19 Uhr geöffnet, letzter Einlaß 18 Uhr. Der Rundgang erfolgt mittels akustischem Führer. Führungen können nicht angeboten werden. Der Einlaß erfolgt nur mit Zeitkarten. Das bedeutet, die Karte berechtigt zum Eintritt innerhalb eines durch die Buchung im Voraus festgelegten Zeitfensters. Die Zeitkarten sind im Vorverkauf erhältlich, Telefon (03 51) 49 19 22 85, im Internet unter skd-dresden.de, im Besucherzentrum "Art & Info" im Residenzschloß, Schloßstraße / Ecke Taschenberg, in den Vorverkaufsstellen Theaterplatz (Schinkelwache) und Prager Straße (Hauptbahnhof) in Dresden. Ein geringes Tageskartenkontingent ist am Vortag ab 14 Uhr an der Tageskasse im Residenzschloß (Eingang Grünes Gewölbe) erhältlich.

Es besteht Garderoben- und Taschenabgabepflicht. Da an den Garderoben Wartezeiten entstehen können, wird empfohlen, sich rechtzeitig vor Beginn des Zeitfensters einzufinden.

Eintrittspreis Neues Grünes Gewölbe 6 / 3,50 Euro, Gruppen ab zehn Personen: pro Person 4,50 Euro, Familienkarte: 13 Euro. Eintrittspreis Historisches Grünes Gewölbe 10 Euro inklusive akustischer Führer (zuzüglich Vorverkaufsgebühr von 1,50 Euro). Es werden keine Ermäßigungen gewährt. Kinder bis 6 Jahre und Begleitpersonen Schwerbehinderter des Merkzeichen "B" haben freien Eintritt.

Unermeßliche Pracht: Blick in das Silbervergoldete Zimmer Staatliche Kunstsammlungen Dresden / Grünes Gewölbe, David Brandt
 
     
     
 
Diese Seite als Bookmark speichern:
 
     
     
     

     
 

Weitere empfehlenswerte Seiten:

Schatten und Licht in Ostdeutschland

Punks in Schwarzrotgold

Mister Devil

 
 
Erhalten:
 

 

   
 
 
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
WISSEN48 | ÜBERBLICK | THEMEN | DAS PROJEKT | SUCHE | RECHTLICHE HINWEISE | IMPRESSUM
Copyright © 2010 All rights reserved. Wissensarchiv