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Der Historiker Karlheinz Weißmann wußte kürzlich in der Zeitschrif "Gegengift" eine Anekdote zu berichten, die einem das Lachen im Hals steckenbleiben läßt. "Vor einigen Jahren", so Weißmann, "besucht mich ein amerikanischer Politikwissenschaftler, Professor an einer der kleinere Universitäten in den USA, um ein Interview zu führen. Das Thema war die ,Neu Rechte. Wir trafen uns in einem Café und sprachen längere Zeit miteinander Nachdem mein Gegenüber mit seinen Fragen fertig war, senkte er plötzlich die Stimme un sagte in Verschwörerton: ,Ich war auch bei Professor Nolte in Berlin
Unbekümmert entgegnete ich, daß das auch notwendig gewesen sei, wenn man sich ein Bil von der konservativen Intelligenz in Deutschland machen wolle. ,Sie verstehen nicht fügte er hinzu: ,Ich war bei Professor Nolte, aber ich kann davon zu Hause niemande erzählen. Auf mein überraschtes Gesicht reagierte er mit der Erklärung: ,Dor glauben alle, daß Nolte einen neuen Holocaust vorbereitet."
Wer geglaubt hat, daß es sich um eine der maßlosen Übertreibungen handelt, zu dene wir unsere amerikanischen Freunde bisweilen für fähig halten, wurde durch die Überschrift auf Seite eins der "International Herald Tribune" vom 22. Jun eines Besseren belehrt: "Deutschland verärgert über Historiker, der Verdienste in Nazismus sieht", heißt es da. Kritisiert wird vom Korrespondenten Roger Cohen vo "New York Times Service" die Verleihung des Konrad-Adenauer-Preises an de Historiker Ernst Nolte, aber auch die Tatsache, daß die Laudatio auf Nolte bei de Preisverleihung der Direktor des angesehenen Münchner Instituts für Zeitgeschicht (IfZ), Horst Möller hielt.
Kritik übt in der "Herald Tribune" unter anderen Charles Meyer, Historike an der Harvard Universität, an der auch David Jonah Goldhagen lehrt, daß Noltes Thes eine klare politische Aussage beinhalte. Diese solle die Auffassung populär machen zwischen dem Nazismus und dem, was man sich in Deutschland den sowjetischen "Rote Holocaust" zu nennen angewöhnt habe, gebe es keinen grundsätzlichen Unterschied Meyer: "Das ist im deutschen Zusammenhang verharmlosend. Es ist im übrigen wirklic skandalös." Und daß Nolte bereits wenige Tage nach der Preisverleihung auf eine Pariser Konferenz seine Thesen erneut habe vortragen können, lasse nichts Gutes ahnen.
"Überwältigend" sei die Kritik an der Rede von Horst Möller gewesen, s Cohen. Einmütig seien die negativen Reaktionen der Fachwelt und von seinen Kollegen in Münchner "Institut für Zeitgeschichte" in Leserbriefen gewesen, die allesam gefordert hätten, Möller solle von seinem Amt als Institutsdirektor zurücktreten. S konnte man es auch in der "Süddeutschen Zeitung" oder im "Spiegel" nachlesen oder bei Heinrich-August Winkler in einem offenen Brief in der "Zeit"
Doch die Kollegen Möllers mochten sich nicht für die Aufrechterhaltung de politisch-historischen Korrektheit vor den Karren spannen lassen. Im Namen von 2 Mitarbeitern des IfZ wiesen sie die Autorin eines Artikels in der "Süddeutsche Zeitung" (SZ) öffentlich darauf hin, daß zwar die Laudatio von Möller auf Nolt und auch Noltes Thesen selbst im Institut sehr kontrovers diskutiert worden seien. Ma lege jedoch Wert auf die Feststellung, daß das Institut auch nach Möllers Amtsantritt in Jahre 1992 "kritische und öffentlichkeitswirksame Forschung betrieben" hab "und daß auch nach 1992 die Freiheit der Wissenschaft in jeder Hinsicht gewahr worden" sei. Die leitenden Mitarbeiter halten allerdings die Autorin des SZ-Artikels Elisabeth Bauschmid, offenbar für so voreingenommen, daß sie "gar nicht erst de Versuch unternehmen" wollten, diese davon zu überzeugen.
Die Mitarbeiter Möllers wähnen indes "einen anonymen informelle Mitarbeiter" des IfZ am Werke, der "das Ansehen des Instituts schädigen" wolle. Diese Informationen seien kritiklos von Frau Bauschmid übernommen worden, da si offensichtlich in das von "wohlfeiler Selbstgefälligkeit" geprägte Weltbil von Frau Bauschmid und der SZ passen.
Da offensichtlich keine gegenwärtigen Mitarbeiter des Instituts zur Denunziation gege Möller zu haben waren, stieß "Die Zeit" nach und fuhr ehemalige Mitarbeiter des Instituts auf, die sich "tief besorgt" zeigten "über de Ansehensverlust" des Hauses. Die Ausführungen der "Besorgten", unter ihne der Berliner Faschismusforscher Wolfgang Benz, Hans Mommsen und Klaus-Dietmar Henke bezeugen jedoch vor allem, daß man eher über den drohenden Verlust linke Meinungsführerschaft in der Geschichtsforschung besorgt zu sein scheint. Klaus-Diete Henke etwa hatte selbst vor noch nicht allzu langer Zeit versucht, den ihm politisc suspekten Kollegen Eckard Jesse aus dem Dresdner Hannah-Arendt-Institut fü Totalitarismusforschung zu mobben (Das berichtete).
Man kennt sich, man schätzt sich und man hilft sich, wenn es etwa darum geht, ein Kampagne wie diejenige von David Jonah Goldhagen zu inszenieren. Abgesprochen wurde da damals zwischen "Zeit", "New York Review of Books", de "Süddeutschen Zeitung" und der "New York Times", was bereits aus de Tatsache hervorging, daß der Artikel, mit dem "Die Zeit" zu diesem Zwecke die Goldhagen-Kampagne in Deutschland auslöste, einen Artikel aus der "New Yor Review" "zitierte", der dort merkwürdigerweise erst vierzehn Tage späte erschien. Auch politisch hat sich dieses linksliberale Kampagnen-Kartell au "Spiegel", "Süddeutscher Zeitung", "Frankfurter Rundschau" "Zeit" und dem Wiener Nachrichtenmagazin "Profil" einerseits und de "New York Times" und ihrem internationalen Sprachrohr, der "Internationa Herald Tribune", der "Washington Post" sowie den Nachrichtenmagazine "Time" und "Newsweek" andererseits, bewährt.
Um den Grund der derzeitigen Aufregung um Horst Möller und seiner Nolte-Laudatio zu verstehen, muß man sich vor Augen halten, welche überragende Funktion für die Deutun der jüngsten Geschichte das Münchner "Institut für Zeitgeschichte" (IfZ) hat Der heutige Begriff "Zeitgeschichte" wurde praktisch durch dieses Institu "erfunden". Es war auf Anregung der Amerikaner gleich nach dem Krieg durch de bayerischen Ministerpräsidenten Ehard (SPD) zunächst als Institut zur Erforschung de Nationalsozialismus in Bayern gegründet worden. Bald kam auch die Bundesrepublik als Träger hinzu. Stets war das Institut seither Meinungsmacher in Sachen Zeitgeschichte in der Bundesrepublik. Es formulierte den historischen Grundkonsens dieser Republik.
Als also vor kurzem der polnische Historiker Bogdan Musial in de "Vierteljahresheften für Zeitgeschichte" des IfZ die Fälschungen de Anti-Wehrmachtsausstellung Reemtsmas nachwies (Heft 4/1999), war erst dies das Signal fü die liberale bundesdeutsche Presse, sich ebenfalls mit einer Kritik an der Ausstellun hervorzutrauen. Nach dem Motto: "Wenn das IfZ das sagt, dann ist das offiziel abgesegnet, dann droht uns kein Faschismusvorwurf." Schon das war kei überwältigendes Zeugnis für die Zivilcourage der deutschen Historiker- un Journalistenzunft gewesen. Bezeichnend ist, daß es dazu erst des linken polnische Historikers bedurfte. Und auch das war nicht unproblematisch gewesen, denn Musial bekannt später in einem Interview, fast alle seine deutschen Kollegen hätten ihm geraten, e solle sich mit einem anderen Thema beschäftigen und sich nicht an diesem Thema "di Finger verbrennen". Statt dessen habe das Reemtsma-Institut versucht, Musial mi fachlich abwegigen Klagen an den Rand des finanziellen Ruins zu treiben. Bis heute hab sich Reemtsma nicht dafür entschuldigt. Und es braucht nicht betont zu werden, daß kei Historiker-Kollege und kein Institut versucht hat, öffentlich bei Reemtsma zu protestieren oder Geld für Musial zu sammeln.
Nun scheint der linke Konsens also zu kippen. Das ist der eigentliche Grund für die Besorgnis der Herren Benz, Mommsen, Henke e tutti quanti. Und diese Furcht entlädt sic in der Forderung nach dem Rücktritt von Norbert Möller. Seinen Kampf um die Unabhängigkeit scheint er vorerst gewonnen zu haben. Vorerst. Denn man darf sich keine Illusionen hingeben: das linke Netzwerk in Wissenschaft und Publizistik funktioniert noc allzu gut. Das mußte auch Eckard Jesse erfahren, der jetzt wohl aufgrund steigende Drucks seiner "besorgten" Gegner aus dem Dresdner Hannah-Arendt-Institu fortgelobt wird.
Ähnliches muß zweifellos nun auch Norbert Möller befürchten. Dieser öffentlic erzeugte linke Druck hat seine Wirkung in der Vergangenheit nur allzu oft gezeigt. Wen nicht in Form des Rücktritts als Institutsdirektor, dann doch wenigstens so, daß diese so eingeschüchtert wird, daß er, um seine Stellung zu wahren, nicht meh "unangenehm" auffallen darf. Letztlich würde das aber in seiner Wirkung auf da selbe hinauslaufen.
Die Qualität und das internationale Ansehen der deutschen Zeitgeschichtsforschun leidet seit Jahren unter dem Druck dieses Meinungskartells, das vor allem langweilig Konformität produziert und eigenwillige, nonkonforme Ansätze im Keim erstickt.
In der Vergangenheit konnte dieses linke Kartell immer wieder reklamieren, de "Sieg" bei solchen öffentlichen Auseinandersetzungen davongetragen zu haben Zuletzt in dem von Jürgen Habermas 1985/86 gegen Ernst Nolte initiierte Historikerstreit. Wieder einmal freut man sich jetzt anläßlich der Laudatio von Mölle über vergangene Siege und sieht sie gleichzeitig dadurch erneut bedroht. So de unvermeidliche Heinrich-August Winkler in der "Zeit". Daß dieser vermeintlich Sieg über Nolte mit weithin gefälschten Zitaten, insbesondere von Seiten Habermas errungen wurde, hat der Bremer Historiker Imanuel Geiss minutiös nachgewiesen. Geschade hat dies außer dem angegriffenen Nolte selbst niemanden. Daß man sich immer noc darüber freut, daß von einem großen Historiker wie Ernst Nolte aufgrund eine beispiellosen internationalen Kampagne kein Hund mehr ein Stück Brot nimmt, mu menschlich beschämen. Daß man sich angesichts dieses betrüblichen Tatbestandes auc noch als Sieger einer intellektuellen Debatte fühlt und zu Recht fühlen kann, is bezeichnend für die geistige Lage dieses Landes.
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