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Der Tod, das ist nicht schlimm aber das Sterben", hat Lovis Corinth manches Mal zu seiner Frau Charlotte gesagt. Al es dann für ihn soweit war, von dieser Welt abberufen zu werden, da hat "ein unendliche Güte" über seinem Tod gewaltet, wie Charlotte Berend-Corinth in ihre Lebenserinnerungen notierte.
Lovis Corinth starb am 17. Juli 1925 im holländischen Seebad Zandvoort. Wochen zuvo war er mit Leo Michelsen, einem Malerfreund, nach Amsterdam gereist, um dort noch einma die Meisterwerke von Rembrandt und Frans Hals zu sehen. "Der Frans Hals ha genauso gemalt, der Kerl, wie ich", hatte Corinth schon 1907 an seine Frau Charlott voller Begeisterung aus Kassel geschrieben, wo er Werke des Niederländers kopierte
Tochter Wilhelmine Corinth erinnert sich an die letzte Reise ihres Vaters: "Lovi hatte nicht beabsichtigt, während seines Aufenthaltes in Amsterdam zu arbeiten. Beim Gan durch die Altstadt begannen ihn jedoch die Motive zu faszinieren. Material zur Arbeit wa leicht erhältlich, und so schuf Lovis unter anderem zwei große Aquarelle der dortige charakteristischen Ansichten. Außer den Aquarellen hatte Lovis auch Zeichnunge und Radierungen an den dumpfigen Grachten geschaffen, hatte dort stundenlang bis zu Erschöpfung gearbeitet, und so mag ihn dort die Krankheit befallen haben, die Lungenentzündung, die ihm den Tod bringen sollte."
Die Familie Charlotte mit den beiden Kindern Thomas und Wilhelmine eil am 22. Juni 1925 von Berlin nach Amsterdam ans Krankenbett. Der Arzt empfiehlt ein Luftveränderung, einen Aufenthalt im Seebad Zandvoort. Schwere Wochen beginnen fü Charlotte. Sie erinnert sich: "Am Tag vor dem Tode, Donnerstag nachmittag, saß ic an seinem Bett. Plötzlich fühlte ich, wie er sein Auge mit ungeheurer Schärfe un unentrinnbarer Festigkeit auf das meine richtete. Ganz klein und dunkel stand die Pupill in dem klaren Blau des Auges. Der Blick war so durchbohrend, ich entsetze mich mi äußerster Anstrengung sagte ich: ,Schau auf dein Aquarell, Lovischen, wie schön e aussieht. Er lenkte den Blick von mir zum Bilde, zu dem Aquarell der ,Häuser vo Amsterdam. Er blickte mit vollem ernstem Blick unverwandt auf das Bild, dan verschleierte sich der Blick. Er wurde müde, er schloß die Augen und öffnete si niemals wieder. Der Abschied von mir und von seiner Kunst war es gewesen. Es bleibt in meinem Herzen wie im Schrein verschlossen."
"Der strahlende Mittagshimmel wurde fahler", erinnerte sich Wilhelmin Corinth an den 17. Juli 1925, "ein mildes Licht brachte uns Frieden. Ein Hund bellt irgendwo draußen, es war kein anhaltendes, nervenzerreißendes Bellen, es störte de Frieden nicht. Lovis lag still. Dann begann er, schwer zu atmen. Mutti trat ans Bett, si ergriff Lovis Hand. Wir blickten auf Lovis. Der schwere Atem kam und ging dann wurde es still im Zimmer, sehr still totenstill. Wir weinten nicht, wi konnten die Stille dieses Friedens nicht brechen. Meine Mutter wandte sich mir zu. ,Küss deinen Vater noch einmal auf die Stirne, sagte sie, ,wie du es von klein auf jede Abend getan hast. Ich trat ans Bett und küßte meinen Lovis Vater zum letzte Abschied auf die Stirn."
Mit dem Zug wird der Sarg nach Berlin gebracht. Die Trauerfeier findet am 21 Juli, dem 67. Geburtstag des Meisters aus Tapiau in den Räumen der Berline Sezession statt, deren 1. Vorsitzender Corinth 1911 und 1915 war. Sohn Thomas, die Künstlerkollegen Josef Thorak, Erich Waske, Bruno Krauskopf, Leo v. König, Alex Opple und Dreierling tragen den Sarg zu dem Leichenwagen, der dann ins Krematorium nac Wilmersdorf fährt. Seine letzte Ruhestätte findet der Ostpreuße auf dem Waldfriedhof in Stahnsdorf unter einem mächtigen Findling.
Gestorben ist Lovis Corinth als ein Vollendeter, der sein umfangreiches Werk mit eine letzten Selbstporträt abschließt. Geschaffen hat er es wohl aus einer Vorahnun heraus nicht wie seit Jahrzehnten an seinem Geburtstag sondern bereits im Mai. E zeigt einen Mann mit eingefallenen Wangen und tiefliegenden Augen, die den Betrachte fixieren. Man ahnt die grauen Gedanken, die Corinth in dieser Zeit plagten. So schrieb e am 31. März 1925 in seinen Erinnerungen: "Es ist mir zum Heulen. Ein Ekel vor jede Malerei erfaßt mich. Warum soll ich noch weiter arbeiten, alles ist Dreck. Diese greuliche Weiterarbeiten ist mir zum Kotzen. Dabei bin ich 67 Jahre alt und nähere mic in diesem Sommer dem 68sten. Was soll noch daraus erblühen? Das kommende Greisenalte erfaßt mich immer mehr, die körperliche Kraft läßt immer mehr nach ..."
Noch Monate zuvor hatte er angetan von dem Empfang, den ihm seine Landsleute in Königsberg anläßlich einer Ausstellung und des Kant-Jubiläums bereitet hatten notiert: "... doch ich kann nicht klagen, Erfolg habe ich in der Heimat gehabt, un das ist viel. Ein heimatloses Kind und ein Mann, welche fest mit den Vorfahren in eine Erde wurzeln; das scheint mir vor allen Dingen eine mir vom Schicksal bevorzugte Stellun zu sein."
Nahezu drei Jahrzehnte zuvor schuf Corinth ein anderes Selbstbildnis, das ihn mit eine Skelett in seinem Münchner Atelier in der Giselastraße zeigt. Er variierte das alt Thema "Künstler und Tod", indem er es fast ironisch angeht. Das Skelett der Tod hängt kraftlos an einem Haken, während der Künstler selbstbewußt un kraftstrotzend dem Betrachter entgegen blickt. Corinth war damals 38 Jahre alt und feiert erste Erfolge in München. Im Glaspalast hatte er 1895 eine "Kreuzabnahme" ausgestellt, dafür eine Goldmedaille erhalten und das Bild "zum ersten Mal in meine Leben für 1350 Mark verkauft!"
"Corinth ist kein Revolutionär, kein Reformator, kein Schöpfer neuer weltbewegender Systeme", hat ein anderer Großer der Malerei aus Ostdeutschland, ha Arthur Degner (18881972), der Corinth in Berlin noch selbst kennengelernt hat einmal gesagt. "Und doch hat sein Name den Klang eines Symbols und sein Wer prophetischen Sinn, indem es in genial-schöpferischer Einheit als Ganzes in die Zukunf wirkt, indem es für unsere Zeit Verlorengegangenes aufs neue erkämpft hat un unabänderliche Norm entgegen allen Begriffszerklitterungen die Macht der Persönlichkei zur Geltung gebracht hat. In Corinths Werk liegt die geheimnisvolle Wirkung aller große Kunst verschlossen, die nach dem Wort des Dichters auf der Vereinigung eines ,schöne Talents und eines schönen Charakters beruht."
Lovis Corinth aus Tapiau hat mit seinem Werk Maßstäbe gesetzt. Er war ein Künstler der die Malerei in Deutschland entscheidend geprägt hat; er war aber auch ein Mensch, de sich seiner Wurzeln stets bewußt war, ein Ostpreuße, unsterblich.
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