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Nach massiven Protesten storniert die Postbank die Kündigung

 
     
 
Auf  einmal war es da: das anständige Deutschland, ohne sich anmaßend so zu benennen, aber  verfassungstreu, von links  bis rechts, von der taz bis zum Deutschland Magazin, von Franz Alt bis Günter Zehm, vom Unions-Nachwuchs bis zu SPD-Ortsverbänden. Mit dem "Appell für die Pressefreiheit" protestierten Journalisten, Publizisten, Schriftsteller, Politiker, Verleger, Generäle, Manager, Wissenschaftler gegen die dreiste Kündigung des Hauptgeschäftskontos der in Berlin erscheinenden Wochenzeitschrift "Junge Freiheit" (JF) durch die Postbank AG, die mittelbar zu fast 100 Prozent im Staatsbesitz
ist.

"Eine Bank kann kein Medienunternehmen in den Ruin treiben, nur weil ihr dessen politische Richtung nicht paßt", hieß es in dem Protest, der, kaum verkündet, Erfolg hatte: Die Postbank AG zog ihre Kündigung zurück, nachdem sie "ihre Entscheidung sachlich überprüft habe". Zuvor noch hatte als Sprecher der Bank Joachim Strunk erklärt, für sie sei die Erwähnung der "Jungen Freiheit" im Verfassungsschutzbericht das Kriterium für die Kündigung. Weil dort gesagt werde, so Strunk, die Zeitung trage dazu bei, daß "die Grenze zwischen konservativ und, na, ich sag mal, rechtsextrem verwischt wird". Die Kündigung sei ausgesprochen worden, weil "wir uns verpflichtet fühlten, ein Zeichen zu setzen ... gegen Ausländerhaß, gegen Gewalt und für Demokratie".

Gerade aber im Namen der Demokratie prostestierten die Unterzeichner des Appells "gegen diesen Grundrechtseingriff in die Pressefreiheit" und forderten die Postbank auf, die Kontenkündigung gegen die "Junge Freiheit" wieder zurückzunehmen. Deren Chefredakteur Dieter Stein berichtete auch von anderen Solidaritätsbeweisen: "Reihenweise kündigen private Kunden Konten der Postbank, Omas räumen ihre Sparbücher ab, Familien ihre Haushaltskassen." Kleinlaut mußte die Postbank auf die Frage nach den Reaktionen auf die Kontenkündigung einräumen: "Ja, die gab es. Und ich muß fast sagen, leider etwas einseitig, nämlich Kritik ... auch von Kunden, die einen Abzug von Konten angekündigt haben."

Die weit links angesiedelte taz ("Die Tageszeitung") sah sich zu der naheliegenden Frage veranlaßt, ob die Bank aufgrund politischer Einsicht oder aus Opportunismus die Kontenkündigung rückgängig gemacht habe, und stellte zur "Eiferei" der Postbank fest: "An Stelle des politischen Streits soll die Denunziation treten. Inzwischen deutet vieles darauf hin, daß auch frisch gebackene Antirassisten an diesem Modell Gefallen finden." Mag sein, daß auch die taz von eigennützigen Erwägungen in diesem Fall nicht ganz frei ist, muß sie doch fürchten, daß, wenn politisch motivierte Kontenkündigungen zum deutschen Alltag werden, sie selbst eines Tages davon betroffen sein könnte.

Auch Alexander Kulpok, der Vorsitzende des Berliner Journalisten-Verbandes, nannte die Kündigung der Postbank "skandalös". Er bedauerte zugleich, daß sich die "JF" dadurch als "Märtyrer" darstellen könnte.

Der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz hält an seiner Einschätzung der "JF" fest und will die Zeitung "als Brücke zwischen Rechtskonservativen und Rechtsextremen" auch weiterhin beobachten. Der Chefredakteur des "Focus", Helmut Markwort ("Fakten, Fakten, Fakten"), hingegen, hält die "JF" "keineswegs für eine rechtsextreme Zeitung". Er wundert sich vielmehr "über jeden Journalisten, der den Appell gegen die Kontenkündigung nicht unterschrieben hat", und sieht die JF in der demokratischen Rechten angesiedelt, die es ja auch in Deutschland gebe. Zum Verfassungsschutz meint er maliziös: "Der Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen beobachtet alles, was nicht auf dem linken Flügel der SPD beheimatet ist."

Interessant auch, daß die "Frankfurter Allgemeine", die "Süddeutsche Zeitung" und die "Berliner Morgenpost" das Inserat mit dem "Appell für die Pressefreiheit", für das der ehemalige Generalbundesanwalt Alexander von Stahl verantwortlich zeichnete, in ihre Zeitungen aufnahmen. "Die Welt" allerdings, bei der zunehmend die "Edel-68er" das Sagen haben, lehnte die Anzeige ab. Redakteur Gernot Facius rettete die journalistische Ehre des Blattes, indem er den Appell unterschrieb.

Was bleibt, ist die Frage nach den Verfassungsschutzberichten, wenn sie als politisch korrekte Handlungsanweisung mißverstanden werden, und wie es sie in keiner anderen Demokratie in dieser Form gibt. Sie waren in der Zeit des Kalten Krieges ein notwendiges Instrument zur Verteidigung der freiheitlich demokratischen Grundordnung, als die Bundesrepublik Deutschland von einem dichten Netz kommunistischer Wühlarbeit überzogen war. Diese war deshalb so gefährlich, weil sie ihren Rückhalt in dem atombombengestützten sozialistischen Lager hatte, das von Moskau aus die Weltrevolution betrieb. Gleichzeitig war die Demokratie neonazistischen Gefährdungen ausgesetzt, die nicht selten den Kommunisten zuspielten. Es sollte sorgfältig geprüft werden, ob ein deutscher Sonderweg bei der Abwehr extremistischer Gewalt, von wem auch immer sie ausgeht, im Europa von heute noch gerechtfertigt ist.

 
     
     
 
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