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Präsident ohne Volk

 
     
 
Lech Kaczynski ist für Turbulenzen erzeugende Äußerungen immer gut. Gerade radikale Äußerungen aber, wie etwa der Vorstoß zur Wiedereinführung der Todesstrafe, werden von der nichtpolnischen Presse transportiert. Wenig weiß das Ausland allerdings über das Wirken des polnischen Staatspräsidenten und seine Beliebtheit bei seinem eigenen Volk. Immerhin, er ist gewählter Staatspräsident. Ist Lech Kaczynski tatsächlich auch in Polen so unbeliebt wie etwa in Deutschland?

Diehat sich daher bemüht, einmal die polnische Bevölkerung
selbst über ihren Präsidenten zu befragen, und hat Anfang dieses Monats im südlichen Ostdeutschland eine anonyme Straßen-Umfrage im städtischen Raum durchgeführt. Die Ergebnisse sind mit denen größerer polnischer Meinungsforschungsinstitute vergleichbar.

Derzeit halten 56 Prozent der polnischen Staatsbürger Lech Kaczynski für einen schlechten oder sogar sehr schlechten Präsidenten, während lediglich 21 Prozent ihn als gut oder sehr gut beurteilen.

Eine negative Bewertung ihres Staatsoberhauptes geben insbesondere jüngere Befragte, darunter Studenten und Erwachsene bis 45 Jahre ab. Unabhängig voneinander befürchten mehrere Studenten, daß Polen unter Kaczynski sich zu einem "Polizeistaat" entwickelt. Diejenigen, die ihn als gut und besser beurteilen, gehören der Altersgruppe ab 46 Jahre an. Die Gründe für eine positive Bewertung liegen in erster Linie in der Korruptionsbekämpfung und in der Aufarbeitung der kommunistischen Ära. Aber nur ein Prozent der Befragten argumentiert dabei mit Kaczynskis Befürwortung der Todesstrafe. Doch selbst seine Anhänger können dem Auftreten Kaczynskis im Ausland nur wenig abgewinnen. Hier werden ihm Defizite und im besten Fall ein "Bemühtsein" bescheinigt. Die absolute Mehrheit der Polen lehnt ihren Präsidenten ab und begründet dies mit seinen radikalen Äußerungen, seinen internationalen Auftritten und nimmt ihn auch für die Zusammensetzung der Regierung - sein Zwillingsbruder als Regierungschef mit dem Extremisten Roman Gyrtich und dem vorbestraften Populisten Andrzej Lepper als dessen Stellvertretern - in Haftung. Sein äußeres Erscheinungsbild spielt zudem eine große Rolle: "Er sieht aus wie eine Kartoffel!"

Einem Vergleich mit seinen Amtsvorgängern Aleksander Kwasniewski und Lech Walesa ist Lech Kaczynski übrigens nicht gewachsen. Lediglich zwei Prozent der Befragten halten Kaczynski für den besten Präsidenten seit Beginn des Zusammenbruchs des Kommunismus. Doch auch Lech Walesa kann kaum von seinen Erfolgen als Führer der Solidarnosc-Bewegung profitieren und liegt mit sieben Prozent gnadenlos hinter dem Postkommunisten Aleksander Kwasniewski, den 62 Prozent für den besten aller Präsidenten halten. 29 Prozent der Befragten hat bisher kein Präsident "am besten gefallen".

Diese strenge Beurteilung ihres Präsidenten korrespondiert mit einer Umfrage der polnischen Tageszeitung "Gazeta Wyborcza", nach der Kwasniewski in der Beliebtheitsskala sogar mit 79 Prozent vor Walesa (11 Prozent) und Kaczynski (fünf Prozent) liegt. Auch nach dieser Umfrage nehmen immerhin 37 Prozent an, daß keiner der bisherigen Präsidenten "anständig" war.

Nicht verschwiegen werden darf, daß gerade unter älteren Befragten oft eine antisemitische und / oder antideutsche Einstellung zum Ausdruck gebracht worden ist.

Lech Kaczynski sieht sich derzeit als Präsident dennoch einer knallharten Ablehnung gegenüber. Die meisten Polen sehen sich schlecht durch ihr Staatsoberhaupt vertreten. Dies ist für das Amt des Staatspräsidenten mit eher repräsentativen Aufgaben ungewöhnlich und im Vergleich zu seinen Amtsvorgängern auch neu.
 
     
     
 
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