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Schule ohne Autorität

 
     
 
Ich frage mich weiter, ob die maßgeblichen Kulturpolitiker blind gegenüber der schleichenden Ideologisierung der Gesellschaftsfächer waren oder ob sie sie willentlich gefördert haben. Die Ministerialbeamten, die für die Genehmigung von Schulbüchern zuständig waren, versteckten sich entweder hinter dem Mehrheitsvotum der Kommissionen, die Schulbücher empfehlen oder verwerfen, oder sie merkten nicht, was ihnen untergeschoben wurde. Wenn es stimmt, daß außer in den Medien die meisten Altachtundsechziger im Schuldienst Fuß gefaßt haben, dann versteht man die Intention: die Umerziehung
der Kinder im Sinne eines neuen Sozialismus, für den in den Schulbüchern Texte von Engels, Marx, Luxemburg und Trotzki werben.

Was sollen die Kinder aus den Schulbüchern mit Unterstützung ihrer Geschichts-, Sozialkunde-, Gesellschaftskunde- und Lebenskundelehrer und unter dem Trommelfeuer der Medien lernen? Zum ersten, daß sie einem kriminalisierten Volk angehören, das nur geduldet wird, wenn es zu Bußritualen bereit ist. Die Großväter haben im Dritten Reich durch ihren brutalen Rassismus und mit dem Überfall auf die Nachbarvölker im Zweiten Weltkrieg eigentlich das Daseinsrecht der Deutschen verwirkt. Beladen mit einem kollektiven Schuldkomplex dürfen die Enkel nur bei demutsvoller nationaler Selbstbeschimpfung hoffen, in der Völkerfamilie geduldet zu werden. Zum zweiten erfahren die Schüler, daß die individuelle Selbstverwirklichung, auch auf Kosten anderer, das erstrebenswerte Lebensziel des Menschen ist. Außerhalb des eigenen Ichs gibt es keine Autorität. Die Repressionen der Umwelt müssen aufgedeckt und bekämpft werden, gleich woher sie kommen. Jede natürliche Gemeinschaft gefährdet die Emanzipation, angefangen von der Familie bis zur Nation. Zum dritten werden den Kindern die Feindbilder vorgegeben. Sie haben sich zu engagieren im Kampf gegen den Faschismus und seine Sympathisanten, mit Lichterketten, Demonstrationen, Streiks und Behinderungen. Zu den Faschisten zählen alle "Ausländerfeinde", die sich gegen den uneingeschränkten Zuzug nach Deutschland und gegen die doppelte Staatsbürgerschaft wenden. Im übrigen bestimmt das Linkskartell aus Politikern, Journalisten, Gesellschaftswissenschaftlern und Lehrern, wer mit der Faschismuskeule geprügelt werden muß: die Eltern, die anderer Meinung sind als die Lehrer, die Großeltern, die sich gegen die pauschale Kriminalisierung der Wehrmacht wenden, die Schriftsteller, die sich für antiquierte Werte wie Gehorsam, Ehrlichkeit, Fleiß und Bescheidenheit einsetzen, die Geistlichen, die von Demut, Geduld, Opferbereitschaft und Erlösung reden, die Historiker, die linke Schwindeleien aufdecken, geschichtliche Legenden und Fälschungen decouvrieren und die deutsche Geschichte nicht erst mit dem Jahr 1933 beginnen lassen, die Soldaten, die Wörter wie Tradition, Tapferkeit und Ehre im Mund führen, und nicht zuletzt die Politiker, die konservatives Gedankengut vertreten. Sie alle sind Faschisten.

Anscheinend merken viele Eltern nicht, in welchem Geist ihre Kinder in der Schule erzogen werden und wie ihr grundgesetzlich garantiertes Erziehungsrecht unterlaufen wird. Ein Blick in das Unterrichtsmaterial der Schüler würde ihnen die Augen öffnen, wie einseitig, tendenziös, verfälscht und ideologiebeladen die Unterrichtsthemen abgehandelt werden. Sie würden mit Erstaunen merken, daß der Ungehorsam und die Ungezogenheiten ihrer Kinder in der Schule gepflegt werden, wo ihnen die Familie als Ort des Geschlechterkampfes nahegebracht wird und wo sie das Kritisieren um der Kritik willen lernen, lange bevor sie wissen, was sie kritisieren. Kritikfähigkeit als Erziehungsziel der emanzipatorischen Pädagogik führt dazu, daß alles heruntergemacht wird, was das Leben lebenswert machen könnte: Geborgenheit in der Gemeinschaft, Einsatzebereitschaft für gemeinsame Werte, Erfüllung im Denken, Anerkennung von Leistung, Einblick in die historischen Wurzeln alles Existierenden. Sie würden traurig darüber sein, daß von dem jahrhundertealten Schatz unserer Kultur fast nichts mehr vermittelt wird, keine Literaturgeschichte, keine Kunstgeschichte und keine Völkerkunde.

Viele von ausgefuchsten Altachtundsechzigern nach den Lehrplänen Ausgebildete merken erst nach der Schule, was ihnen fehlt. Wenn sie in ihren Bemühungen um Lehrstellen scheitern, weil sie die deutsche Sprache nicht in Wort und Schrift beherrschen, wenn sie an den Hochschulen ihre Studienziele nicht erreichen, weil ihnen Grundwissen fehlt, wenn sie auf Jobs abgedrängt werden, die unter dem durch geschenkte Schulzeugnisse bestätigten Niveau liegen, dann hilft Lamentieren nichts mehr. Dann stehen sie auf der Stufe der Zuwanderer, die das Deutsche radebrechen und die Integration ablehnen, weil ihnen die Werte ihrer Nation und ihrer Religion haushoch überlegen erscheinen im Vergleich zu dem, was die Deutschen von ihrer Kultur halten. Den Nationalmasochismus, den ihre deutschen Konkurrenten praktizieren, verstehen sie ohnehin nicht.

Wenn den Kindern im klassenkämpferischen Geist der Jahrhundertwende beigebracht wird, daß der Unternehmer immer ein Ausbeuter ist, werden den Auszubildenden die ersten Schritte ins Berufsleben keine Freude machen. Jeder Aufstieg beginnt von unten. Ohne Leistungswillen und Verantwortungsfreude wird er mißlingen. Der Traum von der Spaßgesellschaft, der ihnen in der Schule von unkündbaren Lebenszeitbeamten vorgegaukelt wurde, die Noten nach Belieben verteilten, Zeugnisse für repressive Maßnahmen hielten und eine egoistische Null-Bock-Generation züchteten, platzt spätestens in der beruflichen Wirklichkeit. Wenn die durch die ideologischen Utopien ihrer Lehrer Verdorbenen dann "aussteigen", können sie sich schnell bei einer der Randgruppen wiederfinden, denen im Unterricht die besondere Fürsorge ihrer Lehrer zuteil wurde, weil es sich um angebliche Opfer des Kapitalismus handelt, z. B. bei den Sozialhilfeempfängern oder den Obdachlosen. Dann können auch sie sich als Geschädigte des Systems fühlen, gegen das ihre Lehrer polemisierten und das sie durch eine neue Ordnung ersetzen wollen, in der der Reichtum weniger auf die Armut vieler verteilt wird: Sozialismus pur.

Das Buch öffnet die Augen für Entwicklungen, die hinter unserem Rücken geschehen. Es läßt uns rätseln, was zu machen ist, um Weiterungen zu verhüten oder gar eine Umkehr zu erreichen.

Wer die Verhältnisse in den Lehrerzimmern der Schulen kennt, weiß, daß dort Rivalitäten der verschiedensten Art ausgefochten werden. Da geht es um die Zuteilung von Klassen, um Entlastungen vom Stundendeputat, um Krankheitsvertretungen, aber auch um Politik. Nicht nur altersbedingt scheiden vor der Jahrhundertwende die letzten aus, die den abendländischen Kulturbegriff hochgehalten haben. Andere ziehen sich, des Mobbings überdrüssig, zurück. Das Feld bleibt denen überlassen, die angetreten sind, die Gesellschaft zu verändern: Geschlechterkampf statt eheliche Liebe, Beziehungskisten statt Lebensgemeinschaften, multikulturelle Utopien statt Nationalbewußtsein, Zuwanderung statt Familienförderung, pauschaler Antifaschismus statt differenzierte Bekämpfung der linken und rechten Staatsfeinde, staatlich gelenkte Wirtschaft statt sozialer Marktwirtschaft, ökologische Kriegsszenarien statt Umweltschutz, Konfliktlösung durch Kampf statt durch Verhandlungen, Schönreden der Kriminalität statt Kriminalitätsbekämpfung, Denkverbote statt Diskussionen, political correctness statt Meinungsaustausch, Herrschaft der "Gutmenschen" statt Volkssolidarität.

"Deutsche Schulbücher stehen neben der Zeit", resümieren die Autoren, weil es keinen Konsens darüber gibt, was die Schule für die Zukunft zu leisten hat. Wo Konflikte in den Vordergrund gestellt werden, können Werte nicht bestehen. Ohne verbindende Werte und ohne den Willen zur Zusammengehörigkeit verschwindet ein Volk von der Weltbühne, früher oder später.

Klaus J. Groth / Joachim Schäfer, Eingetrichtert – Die tägliche Manipulation unserer Kinder im Klassenzimmer. Mit Begleittexten von Alfred Dregger, Roland Baader, Alexander v. Stahl u. a. München, Universitas Verlag, 1999, geb., 301 Seiten, 39,90 Mark

 
     
     
 
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