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"So hart wie die Mark" würde er werden ja, wir haben sie noch in den Ohren, die Versprechungen derer, denen es mit der Einheitswährung Euro nicht schnell genug gehen konnte. Mittlerweile haben die Propagandisten des "Esperanto-Geldes" allen Grund zur Nervosität und ringen um wohlfeile Erklärungen. Dabei wird allerlei Phantasie aufgewendet, die uns gleich zwei sich einander freilich ganz und gar widersprechende Behauptungen gebiert:
Da heißt es zunächst, der Euro sei gar nicht schwach, denn die Inflation sei ja immer noch recht niedrig. Seriöse Volkswirtschaftler raufen sich die Haare schließlich ist es gesicherte Erfahrung, daß äußerer Wertverfall irgendwann über teurere Importe in Binneninflation umschlägt. So etwas kann seine Zeit dauern, kommt aber mit ziemlicher Sicherheit.
Nicht selten wird bald aus demselben Munde dann doch eine Euro-Schwäche eingeräumt. Dies sei ja aber auch ganz gut so, weil es die Exporte beflügele. Die Geschichte der europäischen Volkswirtschaften lehrt demgegenüber, daß solch kurzfristiges Absahnen mittelfristig nichts bringt. Warum wohl ist (West-)Deutschland mit seiner Hartwährung jahrzehntelang den Weichwährungsländern wie Frankreich oder Italien wirtschaftlich (und als Exportweltmeister!) davongeschwommen? Nunmehr bilden wir mit Italien das Wachstumsschlußlicht in der EU.
Beobachter fürchten gar, daß die kurzfristigen Gewinne den (außer in schaumigen Ankündigungen kaum spürbaren) Reformwillen der deutschen Politik schnell wieder erlahmen lassen. In diesem Falle erwiesen sich die flüchtigen Exportvorteile als Danaergeschenk, für das wir in den kommenden Jahren mit einem weiteren Zurückfallen Deutschlands in der Weltwirtschaft zu bezahlen hätten.
Kritische Stimmen, die den dramatischen Absturz der Kunstwährung einräumen nebst den damit verbundenen Risiken, konzentrieren sich bei der Ursachenanalyse vornehmlich auf einen Teilaspekt. Sie bemängeln (zu Recht) den fehlenden Reformwillen in den großen Euro-Staaten Deutschland, Frankreich und Italien. Auf Deutschland bezogen: Die Steuerreform ist bislang ein Witz, selbst die versprochenen weiteren Maßnahmen kaum der Rede wert, Renten- und Gesundheitssystem wackeln bedenklich und sind so nicht zukunftsfähig, die Regulierungswut und Allmacht der bürokratischen Apparate, Verbände und Parteien nicht einmal im Ansatz beschnitten usw. usf.
Das alles läßt unser Land ziemlich schlecht aussehen, was dem Vertrauen in den Euro nicht zuträglich sein kann.
Die zentrale Frage aber wird gern ausgeblendet, nämlich, warum jene Defizite so unmittelbar auf den Außenwert der Währung durchschlagen. Hatten wir nicht auch schon früher, zu D-Mark-Zeiten, schlechte Politik und sogar ausgewachsene Konjunktureinbrüche, während wir im Moment doch ein gewisses Wachstum verzeichnen? Und blieb die Mark nicht dennoch stahlhart?
Hier kommt der Kern des Problems zum Tragen, dem die Euro-Befürworter schon in all den Jahren der Debatte um das neue Geld konsequent ausgewichen sind. Die D-Mark stand für eine durch und durch deutsche Tradition der Geldpolitik, die schon in Folge der Hyperinflation nach dem Ersten Weltkrieg entwickelt worden war und für welche die Bundesbank bis zum Schluß geschlossen stand. Sie läßt sich auf den kurzen Nenner zusammenfassen, daß unter keinen Umständen politischem Druck nachzugeben ist, wenn gefordert wird, mittels weicher Geldpolitik kurzfristige konjunkturelle Scheinblüten zu provozieren. Die Häupter der Bundesbank stemmten sich gegen derlei Ansinnen meist wie ein Mann, Politiker-Vorstöße gegen das Frankfurter Credo zerschellten an einem kühlen, einmütigen "Nein" der Währungshüter.
Euro-Kritiker wandten ein, daß es diese Tradition in Ländern wie Frankreich oder Italien nicht gibt, daß also damit zu rechnen sei, daß die Europäische Zentralbank (EZB) zum Podium verschiedenster Philosophien verkommt und so der Politik das langersehnte Einfallstor bietet. Daher würde der Euro auch viel stärker an Kraft oder Unvermögen der jeweiligen politischen Führungen in diversen Ländern gemessen als die Mark.
Genau dies ist eingetreten. Das Fehlen einer glaubhaften, mit einer Stimme vorangetriebenen Währungsphilosophie der EZB läßt die neue Währung zum Spielball der Politik werden, an der sie gemessen wird. Wer sich vor Augen führt, wie in Frankreich und Deutschland die "Reformen" in Tippelschritten versanden und in Italien eine Linksregierung vom Wähler abgestraft wurde, weil sie sich die Stabilisierung der Staatsfinanzen auch nur zum Ziel gesetzt hatte, kann sich die Zukunft des Euro ausmalen. Hart wird sie werden, jedoch in einem ganz anderen Sinne als vorgesehen.
Elisa Wachtner
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