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Die Festlegungen der Potsdamer Konferenz im Sommer 1945 hinderten die Sowjets keineswegs, ab 1946 in Thüringen einen Rüstungsbetrieb mi der Tarnbezeichnung "Zentralwerke" aufzubauen und die Serienfertigung de inzwischen rekonstruierten deutschen A 4 ("V 2")-Großrakete vorzubereiten Unter der deutschen Leitung von Dipl.-Ing. Helmut Gröttrup waren mehrere tausen Beschäftigte Mitte 1946 in Thüringen tätig, einschließlich Abteilungen de Sowjetgeheimdienstes NKWD. Auf der anderen Seite des Atlantiks wirkten Anfang 1946 die unter Vertrag genommenen 127 Peenemünder aus Witzenhausen und Garmisch. Hier hatte die Leitung Wernher v. Braun übernommen.
NKWD-Geheimdienstchef Marschall Lawrenti Berija, zweitmächtigster Mann nach Stalin hatte seinem Stellvertreter Generaloberst Iwan Serow befohlen, in den besetzten Gebiete nicht nur deutsche Technologie aufzuspüren, sondern auch deutsche Fachleute aus alle Bereichen von Forschung, Technik, Industrie und Rüstung. Serow galt als Experte vo Deportation, unnachgiebiger Machtausübung, Folter und Tötungsbefehl. 193 "koordinierte" Serow die Deportation der polnischen Offiziere, die 1940 im Wal von Katyn ermordet wurden. Ab Juni 1945 übernahm Serow den militärischen Befehl in de NKWD-Sonderlagern der Sowjetzone und war zugleich zuständig für die Jagd nach de deutschen Wissenschaftlern.
Helmut Gröttrup, der aus Witzenhausen von den Sowjets abgeworben worden war, übernah im September 1945 die Leitung eines eigenen Ingenieurbüros im thüringischen Bleicherode Als ehemaligem Peenemünder oblag es ihm, Fachpersonal aus den Sammellagern de Westalliierten zum Übertritt in die Sowjetzone zu bewegen. Ab Frühjahr 1946 stie Gröttrup zum deutschen Generaldirektor der neugebildeten "Zentralwerke" in Thüringen auf. Allmählich bildete sich eine arbeitsfähige Gruppe heraus, die in de Lage war, Großraketen zum Start vorzubereiten.
Das unter Umständen tödliche Damoklesschwert des Iwan Serow ahnte zunächst niemand Erst am 22. Oktober 1946 begann die großangelegte Deportation der deutsche Wissenschaftler und Familien ins Sowjetreich. Da aber war Flucht nicht mehr möglich. Zu an Zug reihte sich im Herbst 1946 in östliche Richtung. Auskunft über den Zielort un wie die Zukunft der Deutschen aussehen würde gab es nicht. Lediglich ein Zeitraum vo fünf Jahren Tätigkeit bei den Sowjets war bekannt. Etwa 10 000 Fachleute aus alle technisch-wissenschaftlichen Bereichen, mit den Familien etwa 20 000 Menschen, wurde an geheime Orte gebracht, um dort deutsche Technologie den Sowjets anzuvertrauen, neu Konstruktionen und Weiterentwicklungen gemäß sowjetischem Auftrag ohne Widerspruc auszuführen.
Neben den geheimen Atomforschungen unter Leitung von Nikolaus Riehl in Elektrostal be Moskau zur Gewinnung von reinem Uran, gewonnen aus dem Erz der Gruben im Erzgebirge bauten Manfred von Ardenne und Gustav Hertz bei Suchumi am Schwarzen Meer eigenständig Forschungsinstitute auf, zur Zuarbeit für das Atombombenprogramm der Sowjets.
Die Fertigungsanlagen des Werkes NII-88 in Podlipki bei Moskau und die abgeschirmt Insel Gorodomlia im Seliger See bei Ostaschkow stellten das Zentrum der deutsche Raketenleute bei den Sowjets dar. Helmut Gröttrup übernahm als Hauptkonstrukteur die Leitung dieser Gruppe.
Auf der Insel befanden sich Institutsgebäude, Prüfstände und die Wohngebäude, auc für die Familien. Weitere Spezialistengruppen zur Raketentechnik arbeiteten in den Orte Podlipki, Chimki, Tuschino, Setun/Kunzowo, Schelesnodoroschnij und Lossino-Petrowsk be Monino, Leningrad und Kuibyschew. Andere Geheimorte nahmen die deutschen Spezialisten vo Luftfahrt, Telemetrie, Radar und Steuerungstechnik auf.
In den auswärtigen Objekten wurden aber auch Kriegsgefangene als "Spezialiste mit noch weniger Rechten" in die Arbeit einbezogen. Bereits ab Ende 1945 erfolgte de Einsatz deutscher Kriegsgefangener, vom Laboranten bis zum Mechaniker. Die Anregung daz hatte Manfred von Ardenne 1945 in Suchumi gegeben.
Veröffentlichungen des Kreml über Massenverurteilungen deutscher Kriegsgefangener mi bis zu 25 Jahren Lagerhaft verbreiteten auch bei den Zivilinternierten ständig Unsicherheit. Sehr lückenhafte Informationen über wirkliche Zusammenhänge un rechtliche Normen beschworen ein beklemmendes Gefühl von Aussichtslosigkeit herauf. Die Gründe für die damalige Verfahrensweise lagen vordergründig darin, die Arbeitskraft de Gefangenen nun Verurteilten weiter auszunutzen. Als für eingesetzt "kriegsgefangene Spezialisten" keine Verwendung in den Forschungsstätten meh bestand, wurden sie kurzerhand in die Lager zurückgeschickt. Der erarbeitete Lohn ode sonstiger "Privatbesitz", welchen die Gefangenen in ihre "Spezialistenzeit" erworben hatten, ging in den Besitz der NKWD-Offiziere. I dieser kritischen Phase richtete sich auch die Abteilung Helmut Gröttrups und seine Mitarbeiter auf Gorodomlia ein, weitere neue und geheime Aufgaben zu übernehmen, den eine Heimkehr blieb ungewiß.
Auf Gorodomlia endeten die Zuarbeiten für die sowjetischen Konstruktionen Anfang de 50er Jahre. Ein Teil der deutschen Fachleute kam zurück in die Heimat, andere mußte sich weiterhin mit militärischen Spezialaufgaben befassen wie der Entwicklung vo leistungsfähigen Flugabwehrraketen. Bekannt wurden aber auch Entwurfsarbeiten de deutschen Fachleute, die die Konstruktion eines zweisitzigen Raumfahrzeuges zu Inhalt hatten. Doch dies waren "Inselträume". Allen Deutschen blieb ein direkte Mitarbeit am sowjetischen Raketen- und Raumfahrtprogramm versagt. Die Sowjet nutzten lediglich alle technologischen Lösungen der Deutschen, um ihre eigenen Projekt umzusetzen. Irgendwo stellten sie auch eine moralische Konkurrenz dar im sowies gestörten Arbeitsklima zwischen den Hauptkonstrukteuren Walentin Gluschko und Serge Koroljow. Anfang 1951 begannen die ersten Rücktransporte der deutschen Wissenschaftler Doch erst im Februar 1958 kehrten die letzten deutschen Spezialisten aus der Sowjetunio zurück. Das später propagandistisch genutzte Thema "Raumfahrt" nahm erst a 1955 durch Chefkonstrukteur Sergej Koroljow offizielle Züge an. Hauptziel aber blieb die Entwicklung einer leistungsstarken Trägerrakete zum interkontinentalen Transport de sowjetischen Atombombe.
In den USA war die Situation völlig anders. Ende September 1945 trafen die erste sieben "Peenemünder" um Wernher v. Braun in der Neuen Welt ein. Sie bildete die Vorhut von 1136 Raketenleuten aus Deutschland und Österreich 49 Wissenschaftler und 644 Familienangehörige , die sich am 18. Mai 1948 in den US befanden und auf das Angebot der Amerikaner eingegangen waren. Von den 492 Fachleute arbeiteten 215 für das US-Heer, 205 für die amerikanische Luftwaffe und 72 für die Marine. Da alle drei Waffengattungen selbständig tätig waren, fand eine koordiniert Raketenforschung und -entwicklung nicht statt.
Die Amerikaner studierten die erbeuteten deutschen A 4-Raketen und führten dami zwischen 1946 und September 1952 insgesamt 67 A 4-Starts sowie acht zweistufig BUMPER-Missionen aus. Im Herbst 1945 waren dazu die ersten Peenemünder in Militärgelände von Fort Bliss, nordöstlich von El Paso, eingetroffen. Das eigentlich Testgebiet für die A 4-Starts befand sich weiter nördlich in den "Whit Sands"-Versuchsgeländen. Am 16. April 1946 startete erstmals eine deutsche A 4 in den USA. Weitere trugen bereits Meßgeräte zur Ionosphärenforschung und Spektralanalys der Sonne mit. Eine Ausnahme blieben die beiden Affen "Albert 1" un "Albert 2", die als erste Raketenpassagiere von White Sands berühmt wurden.
Erst mit der durch Moskau und Peking gestützten nordkoreanischen Aggression in de Süden des Landes fiel die Entscheidung zur Entwicklung der Mittelstreckenraket "Redstone". Huntsville, von den Deutschen scherzhaf "Peenemünde-Süd" genannt, entwickelte sich ab 1950 von einer Kleinstadt zu dynamischen Industriestadt von Raketentechnik und Raumfahrt. Im Juli 1950 sondierten die Peenemünder Dr. Kurt Debus, Dr. Grüne und Karl Sendler das neue Startgebiet am Cap Canaveral in Florida. Aus einem alten Ölbohrturm am Kap entstand der erste Startturm vo Abschußrampe 1. Am 24. Juli 1950, um 9.29 Uhr Ortszeit, hob BUMPER 8 als erst Großrakete vom "Long Range"-Versuchsgelände der US-Luftwaffe ab und gab de Startschuß für den heute weltweit berühmtesten Weltraumbahnhof.
Die "Redstone" gestattete es nun, erste Überlegungen anzustellen, dies Rakete auch für den Start eines Satelliten zu verwenden. Braun war davon überzeugt, da die Zukunft der Raketen im Weltraum liegt und nicht im militärischen Einsatz. Doch da US-Militär teilte diese Sicht nicht und hatte wenig Interesse an einer Fahrt zum Mond Bereits im US-Staat Neu Mexiko hatte v. Braun damit begonnen, die erste bis ins Detai durchkonstruierte und kalkulierte Projektstudie einer großen bemannten Raumstation, de bemannten Flugs zum Mond und zum roten Planeten Mars auszuarbeiten.
Im März 1952 veröffentlichte "Colliers Magazine" diese Visionen mi eindrucksvollen Illustrationen. Nun nahm das Interesse deutlich zu, und Braun nutzte jed Gelegenheit, seine Raumfahrtideen einer breiten Öffentlichkeit vorzustellen. Auch Wal Disney ließ sich von dem Thema begeistern. Regisseur Ward Kimball gewann Wernher v. Brau als wissenschaftlichen Berater für den Film "Man in Space". Mit akribische Genauigkeit wurden die Konzepte des Deutschen erstmals in Raketenfluganimatione wirklichkeitsgetreu dargestellt.
Am 9. März 1955 schalteten Millionen von Zuschauern in den USA um 19.30 Uhr ih Fernsehgerät ein, um sich "Man in Space" anzusehen. Der Streifen wurde zu eine Sensation. Einen Tag nach der Ausstrahlung telefonierte Präsident Eisenhower mit Wal Disney und bat um eine Kopie, um den Film denen im Pentagon zu zeigen, die nicht an de Erfolg dieser Idee glaubten.
Wegen der großen Nachfrage folgte am 15. Juni 1955 erneut eine Fernsehübertragung Politik, Militär und Öffentlichkeit waren nun auf einer Linie. Am 29. Juli 1955 rie Eisenhower das amerikanische Raumfahrtprogramm ins Leben, welches vorsah, in zwei Jahre einen Satelliten zu starten. Aber schon am 31. Juli 1955 meldete sich Moskau zu Wort, da auch die UdSSR während des Internationalen Geophysikalischen Jahres 1957 einen Satellite starten werde.
Der Wettlauf begann, allerdings mit dem Unterschied, daß die Sowjets mit de Entwicklung ihres Atombombenträgers R-7 einen deutlichen Vorsprung vor den Amerikaner herausgeholt hatten. In Amerika verzettelte man sich derweil kräftig: Von dre vorhandenen Möglichkeiten, einem Vorhaben der Luftwaffe, dem Heeresprogram "Orbiter" mit Brauns "Redstone"-Rakete sowie einem nahezu zivile Vorhaben des Marine-Forschungsinstituts, erhielten die Projekte von Heer und Luftwaff eine Ablehnung, da das Satellitenprogramm sich nicht auf Militärraketen stützen sollte Diese Entscheidung bedeutete für Braun eine herbe Enttäuschung. Nur insgeheim wurden die Arbeiten an einem Satelliten ohne Genehmigung fortgesetzt, sehr zur Verwunderung de vorgesetzten Dienststellen, die sich über Zulieferteile wunderten, die in Richtun Satellitenprogramm gingen. Doch: Als die Sowjets den Sputnik am 4. Oktober 1957 startete und nur zwei Monate später die Vanguard-Rakete der US-Marine explodierte, erhielt Brau seine Chance. Am 31. Januar 1958 flog "Explorer 1" als "erster Satellit de freien Welt" in das All.
Der Vorsprung der Sowjets wurde spätestens mit dem "Sputnik-Schock" weltwei offenbar. Darüber hinaus verfügte die UdSSR mit der R-7 über die erst Interkontinental-Rakete. Dies entfesselte einen unglaublichen Gewaltakt in Amerika: 195 wurde die Raumfahrtbehörde NASA gegründet und 1960 aus dem Redstone-Arsenal in Huntsville das "Marshall Space Flight Center" der NASA unter Leitung von Wernhe v. Braun zur Entwicklung der Saturn-Raketen für den Mondflug herausgelöst.
Ein gigantisches Programm nahm seinen Anfang. Sämtliche Saturn-Raketen, die zwische 1961 und 1975 in Florida starteten, arbeiteten wie ein Uhrwerk es gab nicht eine einzigen Fehlstart. Mit der ersten Landung von Menschen auf dem Mond manifestierten die USA einen gigantischen Sieg über die Sowjets, die mit zwei Programmen vergeblich versuch hatten, den Erdtrabanten bemannt zu erreichen.
Mit dem Bau der Internationalen Raumstation ISS wird das ausgeklügelte Grundkonzep Wernher v. Brauns, entstanden vor 50 Jahren in der Wüste von Neu Mexiko, wiede aufgegriffen: Eine Raumstation als Ausgangspunkt für bemannte Flüge zum Mond und zu Mars, als Forschungsbasis im All und zur Beobachtung unseres blauen Planeten.
Dennoch wurde sein Traum von der Reise zum Mond, der Flug von Apollo 11, Wirklichkeit Braun selbst würdigte diesen dramatischen Aufbruch in das All mit den Worten:
"Der bleibende Wert von Apollo für die Menschheit ist nicht nur, daß Mensche wirklich auf dem Mond gelandet sind. Ebenso nachhaltend wertvoll ist die Tatsache, da durch Apollo die Naturwissenschaft und Technik auf all den vielen beteiligten Gebiete einen Quantensprung nach oben gemacht hat, von dem jetzt die ganze Erde großen Nutze gewinnt. Apollo ist somit nicht, wie viele Leute zu glauben scheinen, eine wahnwitzig Verschwendung von Steuergeldern gewesen, sondern meiner festen Auffassung nach eine de vernünftigsten, klügsten und weitsichtigsten Investitionen, die je ein Land gemach hat."
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