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Urlaub auf dem Bauernhof

 
     
 
Die Kreise Ortelsburg und Neidenburg waren bisher eigentlich keine Schwerpunktgebiete im masurischen Tourismus. Wie wollen Sie das ändern?

Kaspar Zimny (Landrat von Ortelsburg): Der Kreis Ortelsburg hat auf diesem Gebiet schon große Fortschritte gemacht. Der Tourismus entwickelt sich von Jahr zu Jahr, die Anzahl der Besucher wächst, und die Leute kommen aus der ganzen Welt zu uns. Eine Reihe von Gemeinden haben schon die Voraussetzungen dafür, etwa ein Schwimmbad. Hier in Passenheim, darüber wird der Herr Bürgermeister berichten, gibt es schon eine hervorragende Infrastruktur
. Davon können Sie sich persönlich an Ort und Stelle überzeugen. Ein Landkreis, der in seinen Wirtschaftsplänen schon ein Programm für die weitere Entwicklung des Tourismus eingeplant hat, ist für uns sehr wichtig. Natürlich wollen wir unseren Landkreis auch absichern.

Es geht um drei für uns sehr wichtige Themen: Zum ersten muß eine gesunde Umwelt garantiert sein, zum anderen muß für das Gesundheitswesen gesorgt sein, und schließlich muß die Sicherheit gewährleistet sein.

Für die Umwelt haben wir bereits viel gemacht, so daß das eigentlich kein Thema mehr ist. Wir haben allerdings noch viel im Bereich Gesundheit und Sicherheit zu tun. Diese Bereiche erfordern viele Bemühungen, sowohl organisatorische wie auch finanzielle. Wie Sie wohl wissen, stehen wir in unserem Land gerade in einer Phase der Umorganisation des Gesundheitswesens. Das ist ein sehr großes Problem. Immer wieder verbessern wir, aber weiterhin haben wir noch viele nicht erledigte Sachen und viele Sorgen. Wir haben auch große Probleme mit der Garantie der Sicherheit. Wenn wir alle unsere Gesetze, von der Europäischen Union, bei voller Demokratie einsetzen wollen, dann werden wir es nicht einfach haben, für die Sicherheit im Kurhaus, am See oder auf dem Campingplatz zu sorgen. Meiner Meinung nach ist der Landkreis aber auf dem guten Wege. Er hat für Tourismus und "Urlaub auf dem Bauernhof" ein entsprechendes Programm.

Sie erwähnten es bereits: Immer wieder hört man Klagen über Diebstahl oder andere Straftaten. Wie sieht es mit der Sicherheit für die Touristen aus?

Wieslaw Szubka (Bürgermeister von Passenheim): Zur Zeit findet eine Reorganisation der Polizei statt. Es werden neue Polizeiwachen errichtet, mit mehr Besatzung, mit mehr Möglichkeiten des sofortigen Einsatzes und einer schnellen Reaktion auf eine Straftat. Wenn es um die Sicherheit geht, da muß ich dem Herrn Landrat zustimmen, so ist eine absolute Garantie für Sicherheit zur Zeit nicht gegeben. Natürlich fahren Polizeiautos, die Polizisten überprüfen, kontrollieren und so weiter; das löst aber nicht alle Probleme. Außer bei den Kontrollfahrten der Polizei beobachten wir verschiedene Straftaten, also eine hundertprozentige Sicherheitsgarantie können wir nicht geben. Im Landkreis Ortelsburg, zu dem Passenheim gehört, führen wir einen Krieg mit dem Autodiebstahl, was ja auch im Westen bekannt ist.

Masuren ist das Gebiet mit einer der höchsten Arbeitslosenraten des Landes. Ist eine Lösung in Sicht?

Jan Borowski (stellvertretender Bürgermeister von Neidenburg): Aufbau der Touristik bedeutet Schaffen von Arbeitsplätzen, was in diesem Zusammenhang für die Tourismus spricht. Aber wenn wir die Touristen herholen wollen, müssen wir ihnen entsprechende Unterkunft und Bleibe, aber auch die Sicherheit für die ganze Infrastruktur garantieren. In Stadt und Gemeinde Neidenburg, für die ich sprechen kann, planen wir die Einrichtung von Abflußleitungen bzw. Kläranlagen in den Erholungsdörfern wie Seehag oder Großseedorf. Das möchten wir so schnell wie möglich erreichen. Bei unserer zur Zeit hohen Arbeitslosigkeit, zu der die Dörfer der ehemaligen staatlichen Landwirtschaftsgenossenschaften zählen, wäre es gut, Tourismus zu haben. Zur Zeit spricht man gerne über Touristik oder besser über Agro-Touristik. Man könnte durch den Tourismus gut bezahlte Arbeitsplätze einrichten und damit die Arbeitslosigkeit drücken.

Zimny (Ortelsburg):

Wenn der Tourismus sich so weiterentwickelt wie bisher, dann bin ich sicher, daß mehr Arbeitsplätze entstehen, was natürlich im Ergebnis die Arbeitslosigkeit drückt. Wir rechnen damit, daß bei uns fast in jeder Gemeinde der Tourismus aufgebaut wird, wodurch die Arbeitslosigkeit gestoppt werden kann. Bedenken wir dabei, daß auch die Bauernhöfe kleiner werden, denn die müssen sich den Normen der EU-Richtlinien anpassen. Was ich unterstreichen möchte, ist unter anderem, daß die Urlaubsbauernhöfe sich aus kleinen Arealen bilden. Dabei setzen sie auf die Regionalküche. In den Bauernhöfen werden zunehmend die Wirtschaftsgebäude umgebaut und umgewandelt in Pensionen oder Ferienwohnungen. Natürlich haben die genannten Vorgänge sehr wohl Einfluß auf die Arbeitslosigkeit – und zwar in jeder einzelnen Gemeinde. Dazu muß gesagt werden, daß in jeder Gemeinde der Standard des Tourismus und der Erholung unterschiedlich ist. Zum Beispiel, der Standort, den uns der Bürgermeister von Passenheim vorgestellt hat, ist zur Zeit derjenige, der sich auf dem höchsten Stand in der Region befindet. Es fehlt nur die Absicherung gegen Kriminalität. Aber auch die Sicherheit wird von Monat zu Monat besser, da sich in der Sache etwas tut, wie uns bereits der Bürgermeister schilderte.

In anderen Gemeinden ist der Standard bestimmt nicht hoch, aber durchaus attraktiv, da er für jeden Geldbeutel etwas bietet. Der Reiche kann sich viel leisten, die mit mittlerem Einkommen weniger. Für den Urlauber stehen hier Wälder, Wasser, Camping- und Zeltplätze zur Verfügung. Natürlich versorgen sich die Urlauber meist selbst, das ist heutzutage so. Wir setzen im übrigen stark auf Fahrradtourismus. Zusätzlich hat unser Landkreis Ortelsburg einen Reiseführer erarbeitet. Gewiß: auch manche anderen Gemeinden haben einen eigenen "Reiseführer", aber wir im Landkreis haben alles zusammengefaßt, mit Beschreibung der Ausflugsziele, Karten und so fort.

Auch die Schulung in Richtung Tourismus läuft. In den Schulen, die den Abschluß der Mittleren Reife bieten, haben wir die Themen wie Entwicklung des Tourismus eingeführt. Es gibt Schulklassen mit der Richtung Ernährungstechniker. Dieses Profil wird künftig in der Tourismusbranche gefragt sein, und die Absolventen finden auch einen Arbeitsplatz.

Ein nicht geringer Anteil der Touristen in Masuren sind Deutsche. Spielt das in der Entwicklung eine Rolle?

Szubka (Passenheim):

Ich glaube zur Zeit noch nicht, wenn man die Touristen betrachtet. Wenn man die Touristen in der Region insgesamt prozentual aufschlüsseln sollte, dann sind bei uns in der Region zehn bis zwanzig Prozent Deutsche, den Rest bilden Polen, Touristen aus England und anderen europäischen Ländern sowie aus Mitteleuropa und dem ehemaligen Ostblock. Es gibt in dieser Hinsicht keinerlei Befürchtungen, im Gegenteil, wir warten auf deutsche Touristen. Wir warten auf das Kapital. Wir wissen, daß viele Deutsche hier geboren sind und ein Gefühl für die Region haben. Wir warten darauf, daß sie hier investieren. Wir haben keine oder wenig Übernachtungsplätze, die muß man erst aufbauen, und wir haben zur Zeit kein Geld dafür. Das polnische Kapital ist sehr knapp, und leider müßte hier geholfen werden. Falls die Möglichkeit besteht, laden wir die westlichen Investoren herzlich ein.

Nun bestehen ja durchaus Einschränkungen für nichtpolnische Investoren, insbesondere, was Grund und Boden angeht. Wie paßt das zusammen?

Zimny (Ortelsburg):

So etwas muß vor Ort geklärt werden. Die Gespräche müssen unter kompetenten Leuten geführt werden. Es ist nicht so, daß ausländisches Kapital stört. Es hängt alles von den Leuten ab, vom Verhalten der Leute und der Einstellung zur Sache. Wir haben in unserem Landkreis deutsches und französisches Kapital. Und, beispielsweise in einem von den größten Sägewerken, das auch Möbel herstellt, steckt fremdes Kapital. Ich würde nicht sagen, daß es in diesem Betrieb Unstimmigkeiten im Bereich des Managements gibt. Wenn der Investor bzw. Eigentümer über gute und fachliche Informationen verfügt, kann er die eventuellen Problempunkte sehr schnell lösen.

Es gibt Fälle, in denen manche Investoren aufgrund von Unwissenheit Unternehmungen anfangen, ohne vorher die entsprechenden Formalitäten erledigt zu haben. Das bestehende Recht gilt für ganz Polen. Wenn jemand in Polen investieren möchte und zuvor alle Formalitäten erledigt, dann bekommt er ohne Schwierigkeiten eine Baugenehmigung. Es gibt genügend Bauland. Man kann nicht chaotisch eine Baugenehmigung verlangen; zuvor sind die Formalitäten zu erledigen. Dazu muß man sagen, daß es in jeder Gemeinde einen Bebauungsplan gibt – das ist per Gesetz gesichert. Und wenn die geplante Investition nicht im Plan berücksichtigt ist, dann darf man auch nicht bauen, und es ist egal, ob es sich dabei um einen deutschen, englischen oder polnischen Investor handelt.

So wie der Bürgermeister Szubka gesagt hat, besitzt die Stadt ein sehr schönes Baugebiet, ein Unikat. Und wenn sich ein Investor melden würde, dann wird die Stadt mit ihm verhandeln. Wenn dann ein entsprechendes Programm vorliegt und dazu eine Garantie für das Entstehen neuer Arbeitsplätze gegeben wird, dann sehe ich keine Schwierigkeiten. Man soll nicht immer auf Dritte hören. Das Unglück liegt darin, daß viele neue Firmen gegründet wurden und viele Vermittler auftraten, denen die Kompetenz fehlte und die die notwendigen Formalitäten verschleierten, was die möglichen Investoren krank machte. In meinem Landkreis Ortelsburg ist noch nicht vorgekommen, wenn alles richtig erledigt wurde, daß eine Genehmigung nicht erteilt wurde. Ich möchte gerne, daß dieser Punkt geklärt wird. Im Zusammenhang mit dem, was der Bürgermeister Szubka gesagt hat, möchte ich ergänzen, daß für das Erholungsgebiet, fürs Schwimmbad, weitere Investitionen getätigt werden können. Damit wären alle zufrieden, sowohl die Investoren als auch die Arbeiter, die Verkäufer und die Gäste. Das Thema ist also geklärt. Ich möchte noch einmal betonen: Sprechen sie als Investor immer nur mit kompetenten Leuten und ohne selbsternannte Vermittler.

Ist die Region um Ortelsburg und Neidenburg bereit für den Eintritt in die Europäische Union?

Szubka (Passenheim):

Das ist eine politisch brisante Frage. Wir stehen in der Mitte einer großen Diskussion. Es gibt Gebiete, in denen keine Bedenken bestehen, es gibt aber auch Gebiete, wo es gemischte Gefühle mit sehr großen Unterschieden gibt. Bei Tourismus und Bildung beispielsweise geht alles in Ordnung, aber ein großes Problem – für den größten Teil des Landes und für die Gemeinden – ist weiterhin die Landwirtschaft. Dazu muß man sagen, daß hierzulande die Produktionskosten die niedrigsten sind, die Qualität die beste, Umweltfreundlichkeit sehr gut und die Bezahlung im Vergleich zur Union und den Westländern die geringste in Europa ist.

 
     
     
 
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