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Am 1. Februar fiel der Startschuß zum Verkauf der Eintrittskarten für die Fußballweltweltmeisterschaft, die vom 6. Juni bis zum 6. Juli 2006 in Deutschland stattfinden wird.
Ein offizielles Plakat zu diesem Ereignis (Germany 2006, June, 6 - July, 6) wird im Gegensatz zu früher für Fußballweltmeisterschaften verbreiteten Werbeträgern nicht in der Muttersprache des veranstaltenden Landes gehalten, sondern englischsprachig sein.
Ein weiteres für das Inland bestimmte Plakat stellte Ende Januar Franz Beckenbauer , der diese sportliche Großveranstaltung nach Deutschland geholt hat und Vorsitzender des Organisationskomitees ist, gemeinsam mit dem Fifa-Generalsekretär Urs Linsi vor. Es zeigt jubelnde Fußballfreunde unter der Überschrift: "A time to make friends", darunter eine Leiste mit den Logos von Förderern, internationalen und deutschen Konzernen, die sich zum Teil gern mit anglizistischer Werbung gefallen.
Mangelnde Sprachloyalität hatte Beckenbauer schon vor ein paar Jahren bewiesen: Er schrammte nur knapp an dem wenig schmeichelhaften Titel "Sprachpanscher des Jahres" vorbei, für den er wegen seiner unverständlichen Werbung für ein "free and easy christmas set" vorgeschlagen worden war.
Wenn durch ihre sportlichen Leistungen legitimierte Vorbilder der jungen Generation in der Art und Weise mit ihrer Muttersprache umspringen, wie es Herr Beckenbauer (oder besser "Mr. Basincage"?) tut, darf man sich nicht wundern, wenn der denglische Jargon der zahlreichen Werbefachleute als das Lebensgefühl der Jugend mißdeutet wird, wie es oft genug nach dem Motto geschieht: "Die Jugend will das".
Franz Beckenbauer muß sich darum sagen lassen, daß er die deutsche Sprache eher als "Stiefmuttersprache" betrachtet und er dazu beiträgt, daß mehr und mehr die Überschätzung des Fremden, der Mangel an Selbstwertgefühl und die Mißachtung der eigenen Sprache in Deutschland groteske Ausmaße angenommen haben.
Es ist nicht nur Franz Beckenbauer, der auf seine Weise Schindluder mit der deutschen Sprache treibt. Ausgerechnet der Präsidentin des Goethe-Instituts Jutta Limbach wurde von der Wochenzeitung Rheinischer Merkur in diesen Tagen vorgeworfen, bei einem Empfang des deutschen Botschafters in Paris diejenigen entschuldigt zu haben, die sich scheuen, vor ausländischem Publikum die deutsche Muttersprache zu benutzen. Sie beteuerte: "Wir Deutschen ziehen es vor, durch den Gebrauch des Englischen Weltoffenheit, Bildung und Modernität sowie das Gefeitsein vor Nationalsozialismus zu demonstrieren".
Der Rheinische Merkur stellt dazu fest: "Während Marcel Reich-Ranicki den Bundespräsidenten ermutigt, dem Ansinnen israelischer Politiker zu widerstehen, vor der Knesseth nur Englisch zu sprechen, poliert die Präsidentin des Goethe-Instituts längst verblaßte Kollektivschuldthesen wieder auf."
Ausgerechnet als sich ein deutscher Botschafter bemühte, die Verbreitung der deutschen Sprache zu fördern, wie es der Elysée-Vertrag mit Frankreich vorsieht, habe Frau Limbach als Ehrengast der Veranstaltung eine Ansprache gehalten, "die bestenfalls kontraproduktiv genannt werden kann". Der Repräsentantin deutscher auswärtiger Kulturpolitik ist deswegen zu empfehlen, aus den erfolgreichen Bemühungen Frankreichs um seine Sprache und deren weltweite Bedeutung zu lernen, zu lernen und nochmals zu lernen.
Vielleicht entschließt sich Frau Limbach dann, eine für den 21. Februar 2005, dem Internationalen Tag der Muttersprachen, beabsichtigte Ehrung Friedrich Schillers in Weimar zu unterstützen. Dort soll gegenüber dem Haus Johann Wolfgang von Goethes, des kongenialen Freundes Friedrich Schillers und Namenspatrons ihres Institutes, ein "Leuchtturm der deutschen Sprache" errichtet werden.
Er soll Inschriften tragen wie: "Nehmt Eure Muttersprache ernst! Wer es hier nicht zu dem Gefühl einer heiligen Pflicht bringt, in dem ist nicht einmal der Keim für eine höhere Bildung vorhanden" (Friedrich Nietzsche), "Wie menschlich Menschen sind, zeigt ihr Umgang mit der Muttersprache" (Friedrich Schiller), "Die Sprachen sind die Scheiden, darin die Schwerter des Geistes verborgen stecken" (Martin Luther).
Leichtfüßiger Umgang mit der Sprache ziemt sich nicht für die Prominenten eines Staates. Sie haben eine Vorbildfunktion, gleichgültig ob in Politik, Kultur Wirtschaft oder Sport. Auch hier gilt: Es sind die schlechten Beispiele, die gute Sitten verderben. Darum sei ihnen allen ins Stammbuch geschrieben, was Martin Greif (1839-1911) gedichtet hat:
"Vieles kann ein Volk entbehren,
wenn dazu die Not es zwingt,
doch dem Feinde muß es wehren,
der es um die Sprache bringt.
In ihr wurzelt unser Leben
Und erhält durch sie Bestand,
wer sich ihrer hat begeben,
der verlor sein Vaterland!" |
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