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Weitere EU-Förderung ist lebensnotwendig

 
     
 
Ostdeutschland kann sich im internationalen Wettbewerb nur behaupten, wenn seine Wirtschaft innovative Spitzenprodukte hervorbringt. Die hohe Wertschöpfung innovativer Bereiche ermöglicht auch den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit bei einem höheren Lohnniveau. Ostdeutschland verfügt im Vergleich zu Westdeutschland jedoch weder über Großunternehmen, die in der Lage sind, zielgerichtet Forschung und Entwicklung (FuE) zu betreiben, noch über eine ausgeprägte Clusterlandschaft (wirtschaftliche Kernregionen), die selbsttragende Innovation
sprozesse in Gang bringt.

Ferner sind ostdeutsche Unternehmen noch zu wenig in der Lage, Innovationen - insbesondere in zukunftsträchtigen Hochtechnologiesektoren - kommerziell zu erschließen. Gute Ideen für neue Produkte und Dienstleistungen sind häufig vorhanden, doch werden daraus zu selten marktfähige Angebote. Aus diesem Grund kommen nur zehn Prozent der neu gegründeten Unternehmen in Ostdeutschland aus technologie- und wissensintensi-ven Wirtschaftszweigen, in Westdeutschland dagegen sind es 15 Prozent. Eine wichtige Rolle spielen dabei die noch bestehenden Unterschiede in der Unternehmensgrößenstruktur zwischen Ost- und Westdeutschland.

Die Förderung von industriellen Clustern muß daher durch die komplementäre Förderung von Innovationsclustern, die Know-how, Unternehmen und Kapitalgeber miteinander verknüpfen, ergänzt werden. Die Förderung solcher Innovationscluster erhöht zudem die Wirksamkeit der eingesetzten öffentlichen Mittel.

Bei der Innovationsförderung ist die öffentliche Hand insbesondere gefordert, weil ostdeutsche Unternehmen erhebliche Schwierigkeiten haben, Darlehen am Kapitalmarkt aufzunehmen. Selbst kleine Unternehmen in Westdeutschland haben oft eine bessere Bonitätsbeurteilung als große ostdeutsche Unternehmen. Dies gilt besonders für risiko-reiche Investitionen in Forschung und Entwicklung. Ohne Technologieförderung könnte ein großer Anteil der ostdeutschen Firmen auf Grund von Kreditmarktrestriktionen keinerlei Forschung und Entwicklung mehr finanzieren. Somit machen Kapitalmarkthemmnisse in Bezug auf Forschung und Entwicklung weiterhin eine - zukünftig allerdings gestraffte - Innovationsförderung auf hohem Niveau erforderlich.

Sowohl regional- als auch wachstumspolitische Erwägungen sprechen dafür, die unternehmensorientierte Wirtschaftsförderung für Ostdeutschland auf die Clusterbildung zu konzentrieren.

Die Technologieförderung muß auf wenige "marktnahe" Förderprogramme konzentriert werden. Der Freistaat Sachsen verbessert den Kapitalmarktzugang für technologie-orientierte Unternehmen in Ostdeutschland, indem er die Risiken von erfolgversprechenden privatwirtschaftlichen Investments teilweise übernimmt.

Sachsen schlägt einen gemeinsam von Bund, ostdeutschen Ländern und Großunternehmen in Ostdeutschland getragenen Business-Plan-Wettbewerb vor, der den Unternehmen hilft, sich am Markt durchzusetzen.

Die Erweiterung der Europäischen Union hat die wirtschaftliche Entwicklung dynamisiert. Neben den Chancen birgt die EU-Erweiterung aber vor allem für die ostdeutschen Länder nicht zu unterschätzende Risiken. Niedrigere Löhne, Sozialabgaben und Unternehmenssteuern in den Beitrittsländern schmälern die Wettbewerbsfähigkeit der Regionen im deutschen Grenzgebiet vor allem in arbeitsintensiven Bereichen. Aber vor allem die ostdeutschen Regionen, die als Ziel-1-Gebiete die größtmögliche EU-Strukturförderung erhalten, müssen umdenken. Durch die EU-Strukturförderung soll die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft und die Infrastruktur gestärkt werden. Der Ziel-1-Status verschafft Ostdeutschland auch umfangreiche Spielräume für Investitionsbeihilfen. Er ermöglichte die Förderung von Investitionen wie die Ansiedlungen von BMW in Leipzig oder AMD in Dresden. Allerdings ist dieser Ziel-1-Status in Gefahr. Denn das Kriterium dafür ist ein BIP pro Kopf von weniger als 75 Prozent des EU-Durchschnitts. Dieser Durchschnitt wird wegen der Erweiterung deutlich sinken, so daß Teile Ostdeutschlands aufgrund des sogenannten statistischen Effekts automatisch über der 75-Prozent-Marke liegen. Damit laufen diese - noch immer strukturschwachen - Regionen Gefahr, den Ziel-1-Status und die Beihilfemöglichkeiten für Investitionsförderungen aus rein statistischen Gründen bar jeder ökonomischen Grundlage zu verlieren. Zwar hat die EU-Kommission in ihren Vorschlägen zum 3. Kohäsionsbericht den Nachholbedarf Ostdeutschlands anerkannt und ist bereit, bis 2013 den vom statistischen Effekt betroffenen Regionen eine umfangreiche Förderung zukommen zu lassen, doch sperren sich einige Regierungen gegen diesen Vorschlag, darunter die Bundesregierung.

Für die Förderperiode 2007 bis 2013 brauchen die neuen Länder vergleichbare Fördermöglichkeiten, um im Standortwettbewerb mit den osteuropäischen Nachbarländern Schritt zu halten. Die Bundesregierung ist in der Pflicht, sich dafür einzusetzen, daß die vom statistischen Effekt betroffenen Regionen weiterhin Ziel-1-Status erhalten, beziehungsweise den originären Ziel-1-Regionen gleichgestellt werden. Ebenso muß der Beihilfestatus nach Art. 87 Abs. 3 a EG-Vertrag erhalten bleiben.

Aber auch der weitere Ausbau der Verkehrsinfrastruktur ist eine zentrale Voraussetzung für mehr Wachstum in den neuen Ländern. Die auf Grund der Teilung Deutschlands bestehenden Standortnachteile sind bei weitem noch nicht beseitigt. Dies behindert nicht nur die Entwicklungsmöglichkeiten bereits ansässiger Unternehmen, es stellt auch ein nicht zu vernachlässigendes Hindernis für Neuansiedlungen dar.

Die neuen Länder müssen jedoch nicht nur die infrastrukturellen Defizite beseitigen, sondern auch im Zuge der EU-Erweiterung zusätzliche Verkehrsströme bewältigen. Die heutigen Verkehrsverbindungen zu unseren Nachbarn, den EU-Mitgliedern Polen und Tschechien, entsprechen aber nicht den zu erwartenden Belastungen.

Verkehrsprojekte für die EU-Erweiterung sind im Bundesverkehrswegeplan in den Vordringlichen Bedarf einzustellen. Die zentralen Verkehrsverbindungen (paneuropäische Korridore) mit Polen und Tschechien müssen zügig ausgebaut werden. Insgesamt müssen die Anrainer die Verkehrsinfrastruktur in den Grenzregionen zügig ausbauen.

Die Herausforderungen der EU-Osterweiterung im Verkehrsbereich sind durch ein Sonderprogramm "Verkehrsprojekte Europäische Einheit" zu bewältigen. Auf deren Projekte sind die Regelungen des Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes auch im Bereich der Staats- und Kreisstraßen auszudehnen.

Um den Aufbauprozeß voranzutreiben, muß es den neuen Ländern (einschließlich ihrer Kommunen) unbedingt gelingen, ihre Investitionen auf hohem Niveau zu halten und diese in die wachstumsstrategisch richtigen Bereiche zu lenken. Verkehrsbedeutende Maßnahmen müssen zügig umgesetzt werden. Die Solidarpaktmittel müssen zum Aufbau einer bedarfsgerechten, leistungsfähigen und wirtschaftsnahen öffentlichen Infrastruktur verwandt werden.

Der Bund seinerseits muß verkehrsbedeutende Vorhaben, wie die ICE-Anbindung von Leipzig über Erfurt in den Raum Rhein-Main und nach Süddeutschland, gegenüber den Planungen im Bundesverkehrswegeplan deutlich vorziehen. Vor allem die vom Bund bereits zugesagten Projekte müssen jetzt und nicht erst in einigen Jahren umgesetzt werden.

Vor allem die Kommunen berücksichtigen bei Investitionsprojekten die Folgekosten häufig nicht ausreichend. Diese belasten die künftigen Haushalte jedoch dauerhaft. Aufgrund von Abwanderung und geringen Geburtenraten wird die Bevölkerung in Ostdeutschland schrumpfen, die Einnahmen der Haushalte werden sinken. Schon heute sind viele Investitionsprojekte wie Abwasseranlagen überdimensioniert, in Zukunft werden sie es erst recht sein. Daher muß bei Investitionsentscheidungen künftig die demographische Entwicklung berücksichtigt werden.

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Georg Milbradt wurde am 23. Februar 1945 in Eslohe/Sauerland geboren, aufgewachsen ist er in Dortmund, wo die Familie, die aus Wongrowitz in der Nähe von Posen stammt, nach Kriegswirren und Flucht schließlich landete. 1964 machte er in Dortmund sein Abitur. Im selben Jahr begann er ein Studium der Fächer Volkswirtschaft, Jura und Mathematik an der Universität Münster, welches er 1968 mit dem Diplom als Volkswirt und der Note "sehr gut" abschloß. 1973 promovierte er zum Dr. rer. pol. "summa cum laude". 1980 erhielt er die Lehrbefugnis für das Fach Volkswirtschaft. In den Jahren 1983 bis 1990 war er als Finanzdezernent der Stadt Münster tätig. Von November 1990 bis Februar 2001 war er sächsischer Staatsminister der Finanzen. 1973 wurde er Mitglied in der CDU, und 1991 wurde er in den Landesvorstand, im November 1999 zum stellvertretenden Landesvorsitzenden der sächsischen Christdemokraten gewählt. Im September 2001 wurde er dann Landesvorsitzender der Sachsen-CDU. Seit dem 18. April 2002 hat Georg Milbradt das Amt des Ministerpräsidenten des Freistaates Sachsen inne.

 
     
     
 
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