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Auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts werden Christen diskriminiert oder verfolgt. Zu den Ländern mit der schärfsten Verfolgung zählen Saudi-Arabien, Afghanistan, Indonesien (Molukken), Sudan, Nordkorea, die Volksrepublik China, Indien, die Komoren, die Malediven, Jemen, Iran, Irak, Nigeria (Nord), Lagos, Pakistan, Ägypten, Turkmenistan, Myanmar (Burma), Tschetschenien und Mauretanien. Christen, aber auch Angehörige anderer Religionen, genießen in über 60 Staaten nicht das Recht auf Religionsfreiheit , wie sie in der UN-Menschenrechtserklärung vom 10. Dezember 1948 festgelegt ist.
Religiöse Diskriminierung bedeutet Benachteiligung in Ausbildung und Beruf oder gar Berufsverbot, Nachteile im Erb- und Eherecht und in der Zeugnisfähigkeit vor Gericht, im Wahlrecht und allgemein im gesellschaftlichen und familiären Leben. So ist in der Gesetzgebung islamischer Staaten verankert, daß ein Nichtmuslim nicht das Erbe eines Muslims antreten kann. In der Türkei können Christen praktisch nicht Staatsanwalt oder Offizier in den Streitkräften sein. In Pakistan ist die Zeugenaussage eines Nichtmuslims gegenüber einem Muslim ungültig. Manchmal findet man dort an Geschäften den Aushang "Kein Eintritt für Nichtmuslime".
Christen werden in einigen Ländern gehindert, ihre Religion öffentlich auszuüben, Kirchen zu bauen oder eine Mission zu betreiben. Kirchenbau und öffentliches Bekunden des christlichen Glaubens ist etwa in Saudi-Arabien, aber auch auf den Ferieninseln der Malediven nicht möglich. Verfolgung geschieht auch aufgrund ungerechter Gesetze, des Verhaltens einzelner Fanatiker oder ganzer extremistischer Gruppen. So "säubern" seit Anfang 1999 muslimische Kämpfer für den "Heiligen Krieg" systematisch die indonesische Inselgruppe der Molukken von Christen. Nach einem Bericht des Krisenzentrums der katholischen Diözese Ambon vom Spätsommer weisen 75 Prozent des Archipels keine christlichen Bewohner mehr auf. Über 4 000 Menschen waren bis dahin bei den Auseinandersetzungen zwischen Christen und Muslimen ums Leben gekommen und mehrere hunderttausend geflohen. In Nordnigeria haben Unruhen zwischen Christen und Muslimen im Februar und März über 13000 Tote hinterlassen. Die Einführung des islamischen Rechts in acht nördlichen Bundesstaaten bedroht die Freiheit und Sicherheit der Christen.
Ein besonderes Problem stellt die Freiheit des Religionswechsels im Bereich des Islam dar. So sieht das Strafrecht in Ländern wie dem Sudan und Mauretanien noch die Todesstrafe für "Abfall vom Glauben" vor. Auch in Saudi-Arabien, Afghanistan, Jemen und Iran wird der Religionswechsel mit dem Tode bedroht.
Eine weitere Ursache religiöser Verfolgung ist der militante Hindu-Nationalismus. In Indien ist es seit der Machtübernahme durch die nationale Hindupartei BJP im März 1998 zu weit mehr als 200 Übergriffen auf Christen und ihre Einrichtungen bis hin zu mehreren Morden an Missionaren gekommen. Hindu-Extremisten werfen der christlichen Minderheit von 2,5 Prozent der Bevölkerung Abwerbung vor und befürchten durch das soziale Engagement der Christen eine Auflösung des traditionellen Kastenwesens.
Die kommunistisch motivierte Verfolgung ist in den neunziger Jahren zurückgegangen, aber immer noch in Ländern wie China, Vietnam, Nordkorea und Kuba vorhanden. In China hat im Laufe des Jahres die Verfolgung staatlich nicht-registerter Christen, romtreuer Katholiken und der Mitglieder protestantischer Hauskirchen zugenommen. Im Herbst befanden sich mehrere romtreue katholische Bischöfe in Haft oder unter strengem Hausarrest. Ein staatliches Geheimpapier von August 1999 hat die Zerschlagung der katholischen Untergrundkirche zum Ziel. Allerdings ist die Lage der Christen in China nach Region und Verhalten der örtlichen Behörden unterschiedlich. Walter Flick
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