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Die Verantwortung der Parteien ausgespart

 
     
 
Der 80. Jahrestag der Verabschiedung der Weimarer Reichsverfassung ist wahrlich ei Grund, sich dieser freiheitlichsten Verfassung, die Deutschland jemals gehabt hat, zu erinnern. So versammelte sich am 31. Juli 1999 im Deutschen Nationaltheater in Weimar ein Schar erlauchter Mitglieder der politischen Klasse, und der Ministerpräsident vo Thüringen, Dr. Bernhard Vogel (CDU), unternahm es, nicht nur jene Verfassung zu würdigen, sondern auch zu versuchen, den Untergang der Weimarer Demokratie zu deuten.

Fiel es dabei schon auf, daß er nur außerordentlich dürftig den historische Hintergrund zeichnete, auf dem vor achtzig Jahren diese demokratischte aller deutsche Verfassungen verabschiedet wurde – kein Wort zum Beispiel über den unglaubliche Druck, unter dem das im Ersten Weltkrieg
niedergeworfene Deutschland von seiten de Siegermächte gehalten wurde, kein Wort über die entsetzliche Not und nur ein vage Hinweis auf "revolutionäre Unsicherheiten", die in Wahrheit permanent kommunistische Bürgerkriegs- und Umsturzversuche im ganzen Reich waren. – S erstaunte noch mehr die kühne Deutung vom Ende der Weimarer Demokratie.

Vogel gab die Schuld am Zusammenbruch den deutschen Wählern, denen er ein "mangelnde Bereitschaft, sich mit der neuen Staatsform zu identifizieren" ankreidete. Zwar gab er, sich auf Carlo Schmid berufend, zu, daß offenbar der Weimare Republik die Verwurzelung in den Traditionen, in der Geschichte und in der politische Kultur des Volkes fehlte. Doch warf er den Deutschen dennoch vor, daß es an Demokraten vor allen Dingen aber "an dem Mut der Demokraten" gefehlt habe, "di Verfassung gegen ihre Widersacher zu verteidigen".

Man vermißt am Vortrag Vogels, der ja nicht nur Thüringer Ministerpräsident, sonder auch ein hoher Parteifunktionär ist, die Frage danach, ob denn nicht auch die Parteien die Träger der Weimarer Republik, Verantwortung für den Untergang trugen. Ist sich de CDU-Funktionär der Unfehlbarkeit der Parteien so sicher? Dann sei er daran erinnert, da es damals zeitweise 30 Parteien gab, die sich in einem Land, das von den es umgebende Siegermächten unerbittlich unter Druck gesetzt wurde, bis aufs Messer bekämpften, ja bis zum Bürgerkrieg. Von 1919 bis 1933 verschlissen die Weimarer Parteien sage un schreibe 21 Reichsregierungen, von denen gerade acht von demokratischen Mehrheiten in Reichstag getragen wurden. Nur drei der die Regierungen bildenden Koalitionen scheiterte durch Mißtrauensvotum, alle übrigen gingen auseinander, weil die Koalitionen bildende Parteien sich zerstritten. Der schlagendste Beweis für die Verantwortungslosigkeit, mi der Weimarer Parteien mit dem Land und dem Volk umgingen, war der Sturz des von eine großen Koalition gebildeten Reichskabinetts unter dem Sozialdemokraten Müller durc seine eigene SPD. Von diesem Tage an gelang es den Parteien nicht mehr, ein Reichsregierung zu bilden, die sich auf eine parlamentarische Mehrheit stützen konnte.

Karl Dietrich Bracher, der im übrigen auf der Feierstunde in Weimar die Festansprach hielt, nannte die Ereignisse an jenem 27. März 1930 "den schwarzen Tag de Sozialdemokraten und der deutschen Demokratie überhaupt". Und der Verursacher diese "schwarzen Tages" war nicht das deutsche Volk, sondern die SPD, die zeitweili größte Partei der Weimarer Republik. Das alles geschah in einer außerordentlic kritischen Lage Deutschlands. Die Zahl der Arbeitslosen stieg ins Unermeßliche, die Wirtschaft brach zusammen, das Volk verelendete. Und trotzdem stieg eine der wichtigste Parteien aus der Regierungsverantwortung aus, weil sie meinte, es sei für die SP günstiger, in kritischen Zeiten in der Opposition zu stehen, statt unvermeidlich Regierungsmaßnahmen vor ihren Wählern vertreten zu müssen!

Selbstkritik an den Parteien von damals und heute hätte dem Redner gut angestanden zumal in unseren Tagen das Verhalten der Parteien die Bürger mehr und mehr auf Abstan gehen läßt zu dem heutigen System, was sich sowohl am permanenten Absinken de Mitgliederzahlen der Parteien ablesen läßt als auch am Anstieg der Nichtwähler – am alarmierendsten bei den jüngsten Europa-Wahlen. Die immense finanziell Selbstversorgung von Ministern und politischen Beamten, die Selbstbedienung der Parteie samt der ihnen "nahestehenden" Stiftungen aus Steuergeldern, Bereicherung un Korruption allenthalben, der Postenschacher und die Klüngelwirtschaft – aber auc die großzügige Verteilung deutscher Steuergelder an internationale Institutionen un Interessengruppen in kaum noch überschaubarer Höhe – , das alles ähnelt in erschreckender Weise dem Versagen der Parteien in der Weimarer Republik.

Und es ist kaum ein Zeichen erkennbar, daß die die Bundesrepublik Deutschlan tragenden Parteien ihr Verhalten selbstkritisch hinterfragen würden. Hans Lüder
 
     
     
 
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