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Vor Fernsehkameras und zahlreichen angereisten Journalisten wurden ausländischen, früher in Deutschland tätig gewesenen Fremdarbeitern die ersten Schecks über Geld aus Deutschland überreicht.
Damit scheint zunächst jedenfalls das Kapitel abgeschlossen zu sein, daß unter der Überschrift "Entschädigung von NS-Zwangsarbeitern" seit einigen Jahren durch die Medien geschleppt wurde. Auch die in den USA ansässigen großen Organisationen, die das Thema auf die Tagesordnung gesetzt hatten, dürften mit den ersten Milliarden -Raten bedacht worden sein. Ein schaler Geschmack aber bleibt. Vielen, vermutlich den meisten Beobachtern, drängt sich, ausgesprochen oder vorsichtshalber unausgesprochen, die Frage auf, ob hier nicht Moral, oder besser eine Scheinmoral, benutzt wurde, um Deutschland zu Zahlungen von Reparationen zu zwingen.
Nicht zuletzt trug die Berichterstattung in nahezu allen Massenmedien vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk bis zur letzten Lokalzeitung dazu bei, noch plastischer von "Sklavenarbeiter" zu sprechen, die (wie in gleichgeschaltet wirkenden Formulierungen immer wieder behauptet) "unter unmenschlichen Bedingungen schuften" mußten. In diese Kategorie gehörten zweifellos KZ-Häftlinge, Deportierte oder Zivilarbeiter, die weit unter Tarif oder gar nicht bezahlt wurden. Das jedoch war offenbar nur eine Minderheit unter den im Krieg im Deutschen Reich tätigen Fremdarbeitern. Das jedenfalls arbeitete Hermann E. Pieper heraus, der sich seit langer Zeit mit militärhistorischen Untersuchungen befaßt und seine auf Statistiken, amtlichen Tabellen (etwa jene, auf die sich die Bundesregierungen stützte), Bundestagsdrucksachen usw. basierenden Arbeiten zur Verfügung gestellt hat.
Keinesfalls gehören demnach zu den "Zwangsarbeitern" Kriegsgefangene, wie es von wohl nichts-ahnenden jungen Redakteuren der Tageszeitungen immer wieder behauptet wurde, wie aber auch von Fachleuten wie dem Autor des von linken Politikern gern benutzten Buches "Fremdarbeiter" von Ulrich Herbert. Kriegsgefangene wurden von allen Seiten zu Arbeiten eingesetzt, es sei denn, es handelte sich um Offiziere, die nicht zu arbeiten brauchten, wo-rüber sich allerdings nicht nur die Sowjetunion hinwegsetzte.
Aber auch die in nahezu allen von Deutschland besetzten Ländern angeworbenen zivilen Arbeiter oder jene, die aufgrund von zwischen dem Deutschen Reich und den jeweiligen Ländern abgeschlossenen Staatsverträgen außerhalb ihrer Heimat arbeitenden Menschen, waren keine "Zwangsarbeiter". Sie wurden nach denselben Tarifen bezahlt wie ihre deutschen Kollegen und kamen in den Genuß derselben sozialen Leistungen. Auch wenn sie in Lagern untergebracht waren, handelte es sich nicht um Haftanstalten, sondern um Unterkünfte, übrigens ohne Wachpersonal, wie sie auch von fernab ihrer Wohnung eingesetzten Deutschen, seien es nun Soldaten oder zivile Arbeitskräfte, bewohnt wurden.
Die Bundesregierung weitete aber den Begriff "Zwangsarbeiter", vermutlich auf Drängen ihrer Verhandlungspartner entgegen den historischen Tatsachen aus. So zählt Prof. Niethammer, der im Auftrag der Bundesregierung die notwendigen Zahlen ermitteln sollte, auch ausländische Arbeiter zur Kategorie der Zwangsarbeiter, die diskriminiert wurden. Darunter versteht er etwa, daß ihnen die sexuellen Kontakte zu Deutschen verboten waren oder daß sie keine deutschen kulturellen Veranstaltungen besuchen durften. (Für sie gab es nicht selten eigene nationale Kulturveranstaltungen mit Künstlern aus ihren Mutterländern). Zunächst hatte man die in der Landwirtschaft tätig gewesenen Fremdarbeiter nicht mit in den Kreis jener einbeziehen wollen, denen jetzt Wiedergutmachung zugesprochen werden sollte. Dann aber gab die Bundesregierung sehr schnell aufgrund ausländischen Druckes nach; jetzt ist auch dieser Personenkreis zu "entschädigen".
Pieper untersucht akribisch die bisher offiziell genannten Zahlen und kommt zu dem Schluß, daß von den im September 1944 im Deutschen Reich tätig gewesenen 2,1 Millionen Ostarbeitern die höchste Zahl während des ganzen Krieges 50 Prozent deportiert waren. Alle anderen waren freiwillig nach Deutschland gekommen, was auch in manchen im Laufe der letzten Jahre in Zeitungen erschienenen Leserbriefen von Zeitzeugen dokumentiert wird. Um nur ein Beispiel zu zitieren, hier der Leserbrief aus der "Augsburger Zeitung" vom 10. März 2001 von Hellmut Hantschel, der als junger Soldat den Rußland-Feldzug erlebte und später viele Jahre lang Offizier der Bundeswehr war:
"Aus meiner Soldatenzeit in Rußland kenne ich Musterungen russischer freiwilliger Frauen und Männer, die sich für den Arbeitseinsatz in Deutschland meldeten. Wenn sie für tauglich befunden wurden, fielen sich Frauen wie Männer vor Freude um den Hals; dies ist kein Märchen, sondern ich habe es oft beobachten können. Sie konnten aus Deutschland Pakete heimschicken. Nach dem Krieg setzten sie alle Hebel in Bewegung, um in Deutschland bleiben zu können. In Rußland erwarteten sie Straflager in Sibirien."
Nicht anders erging es beispielsweise Polen, die sich für den Arbeitseinsatz in Deutschland gemeldet hatten. Das war für Polen nicht ungewöhnlich. Im Mai 1939, also Monate vor Ausbruch des Krieges, arbeiteten 140 000 polnische Landarbeiter im Deutschen Reich. Als der einmillionste Fremdarbeiter in Deutschland eintraf, ein Pole, wurde er am Bahnhof mit Blumen und einer Musikkapelle empfangen und erhielt eine goldene Uhr alles nicht gerade Anzeichen für Zwangsarbeit.
Pieper hat ermittelt, daß die höchste Zahl von Fremdarbeitern aus Ost und West insgesamt im September 1944 im Deutschen Reich in den Grenzen von 1937 und auf dieses Gebiet bezieht sich die Diskussion zur Entschädigung in den letzten Jahren 5 740 000 betrug. Da viele dieser Fremdarbeiter aufgrund von Verträgen nur eine bestimmte Zeit in Deutschland weilten und dann wieder zurückkehrten in ihre Heimat, um durch andere ersetzt zu werden, ist die Gesamtzahl von Fremdarbeitern in Deutschland alles in allem höher gewesen.
Im Laufe der Verhandlungen über die Wiedergutmachung hat sich in der öffentlichen Berichterstattung die Zahl der heute Anspruchsberechtigten immer wieder verändert. Sie schwankt zwischen 900 000 und 1,6 Millionen. Tatsächlich weiß man nicht, um wie viele es geht. Es ist vielmehr eine politische Zahl, nicht eine sachlich ermittelte. Und bereits jetzt wird behauptet, es seien viel mehr, so daß man angeblich mit den aus Deutschland fließenden Milliarden nicht auskomme. Die nächste Forderung kündigt sich bereits an.
In der Berichterstattung wurde immer wieder behauptet, vor allem jüdische KZ-Häftlinge, aber auch andere Deportierte und Zwangsarbeiter hätten 50 Jahre auf die Wiedergutmachung warten müssen. Das trifft nur zu auf echte Zwangsarbeiter, also auf Deportierte, aus den Staaten des früheren Warschauer Paktes. Sie hätten Anspruch auf Entschädigungen neben dem Lohn, den sie damals in Deutschland erhalten haben. Alle anderen KZ-Häftlinge und Deportierte außerhalb des Bereiches des Warschauer Paktes sind nach dem Krieg in den Genuß erheblicher Wiedergutmachungszahlungen gekommen. Deutschland hat seit den 50er Jahren 100 Milliarden DM Wiedergutmachung aufgebracht. So erklärt es sich, wenn das Bundesfinanzministerium auf die Frage des Fuldaer Bundestagsabgeordneten Hohmann (CDU), wie groß voraussichtlich die Zahl der Opfer sein wird, die im Zuge des jetzt geplanten Zwangsarbeiterfonds erstmals Entschädigung erhalten, antwortete, daß es sich dabei nur um zehn Prozent handelt, die Erstmalsleistungen bekommen. Dazu äußerte der Abgeordnete Hohmann im Bundestag: "Im Klartext: für 90 Prozent der Opfer gibt es einen Nachschlag." In den Medien aber werden jene zehn Prozent nach vorn geschoben, als handele es sich bei allen jetzt zu Entschädigenden um bisher leer ausgegangene Opfer.
Das Kapitel der bisherigen staatlichen Wiedergutmachungszahlungen, die alle nicht direkt an die betroffenen Menschen gehen, sondern stets über Vereine, die nicht der deutschen Kontrolle unterliegen, ist voller Peinlichkeiten. Da zahlte die Bonner Regierung 1992 und 1993 an die "Stiftung polnisch-deutsche Aussöhnung" für Zwangsarbeiter 500 Millionen Mark. Davon verschwanden in dunklen polnischen Kanälen 125 Millionen Mark. Sie sind verspekuliert, unterschlagen, versickert.
Aus der von Deutschland finanzierten Moskauer "Stiftung für Verständigung und Aussöhnung" sind seit 1994 80 Millionen Mark verschwunden. Diese bemerkenswerte Institution hat 31 000 Anträge von Russen, die in Deutschland gearbeitet haben, überhaupt noch nicht bearbeitet. Sie liegen seit Jahren irgendwo herum. In einer entsprechenden Stiftung in der Ukraine wurden von den von Deutschland zur Verfügung gestellten Mittel 86 Millionen Mark unterschlagen.
Und es wirft auch ein seltsames Licht auf das Selbstverständnis jener Politiker, die immer wieder deutsche Schuld beschwören, die Deutschen nicht nur zur Scham, sondern auch zur Buße in Form von Zahlungen drängen, wenn sich laut "Spiegel" der Vorstand der Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft", bestehend aus dem ehemaligen israelischen Botschafter in Deutschland, Primor, dem ehemaligen brandenburgischen Justizminister Bräutigam und dem Vertreter der Wirtschaft Jansen pro Jahr 240 000 Mark an Aufwendungen aus dem Spendentopf genehmigen. Mancher schüttelt auch mit dem Kopf, als er im Herbst des vergangenen Jahres in den Zeitungen lesen mußte, die führenden deutschen, amerikanischen und jüdischen Persönlichkeiten bei den Wiedergutmachungsverhandlungen hätten sich am 11. September im New Yorker Waldorf-Astoria-Hotel zu einem "Wiedergutmachungsbankett" getroffen, um dort zu feiern, daß Deutschland wieder einmal zu weiteren Milliarden Wiedergutmachungszahlungen veranlaßt worden ist. Am meisten gerührt es, so die Presse, der damalige Präsident Clinton durch die Rede des deutschen Außenministers Joschka Fischer, der sich in der Tat überschlug mit immer erneuten Schuld-und-Scham-Bekenntnissen.
Wenn nun aber Zwangsarbeit und Deportation Verstöße gegen das internationale Völkerrecht waren und sind, und wenn die Verurteilung deutscher Politiker, weil sie für Deportationen verantwortlich waren, vor den Nürnberger Tribunalen Maßstäbe gesetzt haben soll, dann ist nicht einzusehen, warum deutsche Deportierte nicht in dem selben Maße entschädigt werden wie die Deportierten anderer Länder. Das aber auch nur einzuleiten, weigert sich die Bundesregierung mit geradezu zynischen Argumenten. "Von den einst 1 140 000 zwischen 1944 und 1949 verschleppten (deutschen) Zivilisten sollen nur noch 800 bis maximal 8 000 leben," so der Bundestagsabgeordnete Hohmann (CDU). "Die weitaus meisten haben die Zwangsarbeit nicht überlebt." Es wäre für die Bundesregierung, die im Falle der nichtdeutschen Deportierten überaus großzügig ist, was mit den mehrfachen Wiedergutmachungszahlungen dokumentiert wird, nichts als selbstverständlich, sich dafür einzusetzen, daß die wenigen Überlebenden wenigstens symbolisch entschädigt werden. Es ist an der Bundesregierung, auf die Regierungen in Rußland, Polen, Tschechien usw. einzuwirken, daß man dort wenigstens das Unrecht eingesteht und eine Geste der Wiedergutmachung leistet. Nichts davon aber geschieht.
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