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Ein Bauernhof in Niedersachsen, nicht weit von Hannover, wo auch unser Bundeskanzler zu Hause ist. Es ist Montag nachmittag, Vieh und Feld sind bestellt, Zeit also für kleinere Arbeiten im Haus. Plötzlich biegt mit quietschenden Reifen ein Auto in die Hofeinfahrt ein - Zollbeamte auf der Jagd. Aber sie jagen nicht Zigarettenschmuggler oder Schwarzgeldflüchtlinge, sie haben es auf Schwarzarbeit er abgesehen. Aus der Nachbarschaft, so erwähnen sie später, haben sie einen Tip bekommen: da werde "schwarz" ein neues Bad eingebaut. Der "freundliche" Hinweis erweist sich als falsch; in diesem Falle ist die vermeintliche Schwarzarbeit eine Kombination aus Eigenleistung und Nachbarschaftshilfe. Besorgniserregend an diesem Vorfall: Hier scheint sich ein neues Betätigungsfeld für Denunziantentum aufzutun.
Die rechtliche Basis dafür hat der Bundesfinanzminister geschaffen. Ihn wurmt - durchaus verständlich - schon lange, daß inzwischen die Schwarzarbeit der einzige florierende Wirtschaftszweig in Deutschland ist. Nach seriösen Schätzungen werden Jahr für Jahr 370 Milliarden Euro, rund 17 Prozent des Bruttosozialprodukts, am Finanzamt und an den Sozialkassen vorbei umgesetzt. Das bedeutet Steuer- und Beitragsausfälle in einer Größenordnung, mit der Hans Eichel, Ulla Schmidt und alle ihre Leidensgenossen in den Landesregierungen und Kommunalverwaltungen ihre leeren Kassen auf einen Schlag sanieren könnten.
Daß die Bundesregierung der Schwarzarbeit den Kampf angesagt hat, ist also nicht nur ihr gutes Recht, sondern angesichts der bedrohlichen Schieflage Deutschlands ein Gebot der Stunde. Der Staat - Bund, Länder und Gemeinden - kann es sich längst nicht mehr leisten, auf Steuerausfälle in zweistelliger Milliardenhöhe pro Jahr zu verzichten (übrigens deutlich mehr als das, was dem Fiskus durch sogenannte Steuerflüchtlinge entgeht, die mitsamt ihrem steuerpflichtigen Vermögen in die Schweiz oder andere Finanzparadiese abwandern).
Hinzu kommt: Die Zeche zahlen wieder einmal die Ehrlichen, also die Handwerks-, Handels- und sonstigen Gewerbebetriebe, die korrekt die fälligen Abgaben an Finanz- und Sozialkassen abführen, sowie alle Bürger, die - ebenfalls korrekt - deren Dienste in Anspruch nehmen. Im Klartext: Schwarzarbeit ist Betrug an der ehrlichen Mehrheit des Volkes.
Fraglich ist allerdings, ob der Kampf gegen Schwarzarbeit mit dem Einsatz polizeilicher Mittel überhaupt zu gewinnen ist. Statt Symptome zu kurieren, muß man an die Ursachen herangehen. Und die sind klar erkennbar: weil in Deutschland alles, was mit handwerklicher Arbeit und mit Dienstleistung zu tun hat, viel zu teuer ist, treten beträchtliche Teile des Volkes die Flucht in die Schwarzarbeit an.
Wer sie daran hindern will, muß dafür sorgen, daß Arbeit in diesem Lande wieder bezahlbar wird. Dazu bedarf es einer vernünftigen Mittelstandspolitik. Von einer solchen aber ist in Berlin bislang nichts zu erkennen.
Der Einsatz von bundesweit rund 7.000 Zollbeamten als "Hilfspolizisten" im Kampf gegen Schwarzarbeit ist allenfalls sinnvoll, wenn er eine mittelstands- und verbraucherfreundlichere Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik begleitet. Einsätze wie der eingangs geschilderte sollen allerdings, wie deraus dem Bundesfinanzministerium bestätigt wurde, eher die Ausnahme als die Regel sein. Im Visier habe man nicht die "Putzfrau, die sich ein paar Euro hinzuverdient", oder den "freundlichen Nachbarn, der dem Wochenend-Heimwerker hilfreich unter die Arme greift", sondern jene Wirtschaftsbereiche, in denen die Schwarzarbeit professionell und systematisch betrieben werde, oft in einer Größenordnung, daß man schon von organisierter Kriminalität reden könne. Im wesentlichen sind das die Baubranche, das Hotel- und Gaststättengewerbe, Spielhallen, Taxi- und Reinigungsbetriebe.
Bisher waren hier die Arbeitsämter zuständig. Da durch die EU-Osterweiterung Deutschland fast nur noch EU-Binnengrenzen hat, werden zahlreiche Zollbeamte beschäftigungslos. Sie sollen nun ihre im Kontrolldienst an den Außengrenzen erworbenen spezifischen Fähigkeiten bei der Bekämpfung der Schwarzarbeit einbringen. Das dürfte eine ganz spezielle "Klientel" besonders zu spüren bekommen: jene Sozialschmarotzer, die Arbeitslosengeld, Sozialhilfe oder sonstige "Staatsknete" kassieren, an legaler Arbeit überhaupt nicht interessiert sind und sich mit Schwarzarbeit Einkommen verschaffen, wie sie der ehrliche, anständige und gesetzestreue Bürger sich allenfalls erträumen kann. Juliane Meier
Foto: eamte der Sonderstelle "Finanzkontrolle Schwarzarbeit" überprüfen eine Baustelle bei Cottbus: Derzeit verrichten die meisten der 1.400 Zöllner in Ostbrandenburg noch an den Grenzübergängen ihren Dienst, doch hinter den Kulissen läuft bereits die Umstrukturierung auf neue Aufgaben nach der EU-Osterweiterung am 1. Mai 2004. Nach dem Wegfall der Zollkontrollen an den Grenzen werden viele Zöllner zur Bekämpfung der Schwarzarbeit eingesetzt. |
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