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Bündnisse sind eine anstrengende Sache. Ständig diese quälenden Konsultationen und komplizierten Kompromisse, die so schlecht auf Wahlplakate passen und nie wirklich Stimmen bringen wollen. Dem Gewürge hat der Kanzler nun ein Ende gemacht und kräftig ausgemistet im Augiasstall unserer internationalen Verbindungen. Der Erfolg ist beeindruckend. Nachdem Schröder zuletzt sieben weitere europäische Staaten zum Feind hin-über gescheucht hat, wo sie hingehören, ist unsere diplomatisch e Landkarte schon fast wieder so schön klar und übersichtlich wie im April 1945.
Wie er das geschafft hat? Nun, statt sich in den trüben Korridoren von Europas Hauptstädten in weibischer Tuscheldiplomatie an einer verwaschenen "europäische Gemeinschaftsposition" abzuarbeiten, nahm unser Kanzler das Megaphon zur Hand. Parole: Wer recht hat, braucht weder Alliierte noch Verhandlungsspielraum! Gehen wir unseren geraden Weg weiter, können wir das Außenministerium demnächst vielleicht ganz einsparen. Das freut den Finanzminister, und Joschka Fischer darf sich endlich um seine marode Partei kümmern. Immer noch besser als die Engländer, die seit Jahrzehnten viel Geld für eine Außenpolitik berappen, die gar nicht ihre eigene ist.
Daß wir dringend einer Neugliederung unserer Bundesländer bedürfen, ist seit dem vergangenen Wahlsonntag ja wohl keine Frage mehr. "Niedersachsen"! Was soll das? Wer will das? Das Land ist eine einzige Zumutung: Schon die Römer haben sich an diesem düsteren Fleck die Zähne ausgebissen, später hatten die christlichen Missionare ihre Not mit dem Pack, jetzt der 2. Februar 2003.
Es reicht, das Land muß weg. Sind wir zu blauäugig gewesen? Der Kanzler hätte es vor der Wahl wissen können: Niedersachsen ist übersäht mit prähistorischen "Urnen-Gräbern" - diese Gefäße bedeuteten also noch nie etwas Gutes in den Gefilden zwischen Ems und Elbe. Ein weißes Pferd haben sich die Barbaren auf s Wappen gepinselt. Eine Moorleiche (von denen es dorten reichlich gibt) wäre angemessener: Die sind auch immer rabenschwarz, wenn sie nach vielen Jahren aus dem rötlichen Morast wieder auftauchen.
Aktualität ist der Fetisch aller Tagesmedien. Wochenzeitungen hingegen halten mehr auf Tiefe denn auf Schnelligkeit. Das kann einen manchmal retten: Die Anwälte des russischen Präsidenten Putin hätten die Film-Firma "Warner Bros." verklagt, weil die Figur des Hauselfen "Dobby" in dem Streifen "Harry Potter und die Kammer des Schreckens" dem Staatschef nachempfunden sei, prusteten seriöse Blätter kürzlich durch die ganze Welt. Die Ähnlichkeit ist in der Tat frappierend: Die Augen, die Ohren, das spitze Gesicht - auch trägt Dobby einen Teewärmer als Hut - wie die Kosaken! Jammerschade, aber leider entpuppte sich die Klage nach kurzer Zeit als Ente, ein Scherz der russischen Zeitung Nowaja Gasjeta. Warum sollte der Kreml auch klagen? Dobby ist keineswegs ein Unsympath. Er wird wie folgt beschrieben: Dankbar, hilfsbereit, schlau und listig, selbständig (verlangt Lohn), selbstbewußt, rücksichtsvoll, frei und glück-lich - wer hätte nicht gern solch einen Staatslenker? Vergleichen wir den mal mit unserem!
Je düsterer die wirtschaftlichen Aussichten werden, desto mehr Deutsche denken ans Auswandern. Aber wohin bloß? Die USA? Viel zu gefährlich! Außerdem können die Amis derzeit nicht so auf Deutsche, weil die Deutschen nicht so auf Krieg können. Seit einiger Zeit jedoch gibt es ein Zielgebiet, daß viel anheimelnder ist als alle bisherigen Emigrantenhäfen: Dort wird nicht nur deutsch gesprochen, dort gibt es auch Wachstum, Wohlstand für alle, betonstabile Sozialsysteme und immerzu Aufschwung, Aufschwung, Aufschwung. Seit Jahren schwärmen uns unsere Politiker von diesem sagenhaften Paradies vor - sie nennen es "Die Zweite Jahreshälfte", kurz DZJ. Wer dort angekommen ist, dem blühen goldene Zeiten, heißt es. Auch Wirtschaftsminister Clement hat das jüngst erst wieder besungen.
Es gibt natürlich Miesmacher, die behaupten, die DZJ schon bereist zu haben. Nach kurzer Euphorie hätten sie feststellen müssen, daß ihr Land der Verheißung jener Welt, durch die wir uns derzeit quälen, auf ernüchternde Weise ähnlich sehe. Sei s drum, das kennen wir ja: Die Unken hören eben nie auf zu quaken.
Man kann die Sozis schon verstehen, daß sie platzen wollen vor Wut angesichts der feixenden Unionler, die ihnen dauernd Unfähigkeit vorhalten. Wer hat denn die alte Weltordnung aus den Fugen gebracht? Sie etwa? Die Roten? Von wegen: Früher war alles besser. Da gab es diese muffigen Bürgerlichen. Die sparten wie die Geisteskranken, hielten die Steuern unten, den spätfaschistischen Leistungsdruck an den Schulen hoch und die Armee in Ordnung. Dessen müde hat sich das Volk irgendwann emanzipiert, die triste Garde in die Wüste geschickt und Sozis gewählt. Die Party konnte steigen: Alles wurde bunter, heller und ganz wahnsinnig fortschrittlich. Bezahlt wurde mit links, die alten Trottel hatten ja genug hinterlassen. Nach einiger Zeit aber waren die Fässer leer, die Leute konnten ihre Deckel nicht mehr bezahlen und litten unter einem schrecklichen Kater. Just in diesem Moment kehrten stets die staubigen Bürgerlichen aus der Wüste zurück, hielten ihre übliche Gardinenpredigt, rechneten alles durch und verschrieben für mehrere Jahre eine eiserne Diät. Bald waren die Leute wieder fit und flüssig für die nächste rote Fete.
So hätte es ewig weitergehen können. Doch dann kam Kohl. Statt seinen hausmeisterlichen Pflichten als "Konservativer" nachzukommen, setzte der sich (mit Partykracher Blüm an der Seite) einfach ebenfalls an die Theke und bestellte weiter Runde auf Runde. Seitdem ist alles durcheinander. Und jetzt? Sollen etwa die Rotgrünen den grauen Kittel anziehen? Eine lächerliche Vorstellung, die Eichel heißt. |
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